Wandern auf dem spanischen Jakobsweg
von Pamplona bis Santiago de Compostella

Es gibt verschiedene Motive, den mehr als 1000jährigen Weg zu erwandern, aber unabhängig davon haben alle Wanderer das gleiche Ziel. Meine Motivation war das „Weitwandern“ an und für sich. Das tägliche Gehen, das Beschäftigen mit sich selbst während der ca. 25 bis 30 km langen Tagesstrecken, die Reduzierung auf einen relativ einfachen Lebensstandard sowie das Loslösen vom Alltag (keine Zeitung, kein Fernsehen etc.).
Das erste Mal gehört habe ich vom Jakobsweg durch das Buch von Paolo Coelho. Näher gebracht wurde er mir von Wanderkollegen/innen aus dem Alpenverein, welche diesen Weg bereits hinter sich hatten. In meiner Freundin Brigitte fand ich eine Gleichgesinnte und so machten wir uns am 07. Mai 2013 auf den Weg nach Spanien. In ca. 5 Wochen wollten wir die ca. 840 km bis zu unserem geplanten Endziel „Cap Finisterre“ schaffen.
Es läuft nicht immer so, wie man es sich vorstellt. Aufgrund einer sehr schmerzhaften Schwellung des Fußes im Knöchelbereich bei Brigitte wurde Santiago unser Endziel (ca. 750 km) und nach Finesterre wurde mit dem Bus gefahren.
Insgesamt benötigten wir 26 Tage bis Santiago, wobei wir die Regionen Navarra, La Roija, Castilla y Leon und Galicien durchwanderten. Jede Region hatte ihren landschaftlichen Reiz, wobei die Meseta, ein Hochplateau in der Region Leon (die Kornkammer Spaniens) mit ihrer weiten, kargen, ebenen Landschaft dem Pilger einiges abverlangt. Auch ich dachte manchmal: „Wofür tue ich mir das eigentlich an?“ Am besten gefiel mir von allen Regionen Galicien, da die dortige Landschaft der unseren sehr ähnlich ist.
Die Wege waren gut markiert, vor allem wichtig in den größeren Städten – wie Pamplona, Burgos, Leon und Santiago. Hilfreich war natürlich vor allem auch der mitgenommene Wanderführer.
Übernachtet haben wir vorwiegend immer in Herbergen, in öffentlichen, privaten oder kirchlichen. Das ist sicher nicht jedermanns Sache - und auch ich benötigte eine gewisse Gewöhnungsphase. Es gab welche, in der man mit 95 Leuten den Schlafsaal teilte. Das Anstehen an den Duschen usw. empfand ich zu Beginn als nervend – aber im Laufe der Zeit wurde es zur Normalität.
Wir mussten immer früh (ca. 6 Uhr 30 - ganz, ganz leise) aufbrechen, damit wir bis spätestens 15 Uhr bei der nächsten Herberge eintrafen, um noch Schlafplätze zu bekommen. Als sehr störend empfand ich die Unsitte der Vorreservierung, was ich mit meiner Ansicht von Pilgern nicht vereinbaren konnte. Wir haben gar nicht damit angefangen.
Etwas Besonderes war das Übernachten in einer Kirche auf Sportmatten, mit gemeinsamen Kochen, Essen, Singen und zum Abschluss Abwaschen und Zusammenräumen. Vor dem Essen gab es noch eine Andacht für uns Pilger. Das Schlafen auf den Matten war allerdings sehr hart.
Gerne erinnere ich mich an die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Einheimischen sowie der anderen Pilger. Man ist eine „Familie“. Das uns ständig begleitende „Buen Camino“ und „Hola“ habe ich heute noch im Ohr.
Die Kommunikation mit Gleichgesinnten aus vielen Ländern (Österreich, Frankreich, Italien, Deutschland, Spanien, Großbritannien, Belgien, Schweiz, Tschechien usw., viele auch aus Amerika, Asien und Australien) war sehr belebend, auch wenn dies manchmal aufgrund von Sprachbarrieren schwierig war. Aber irgendwie kam man immer klar.
Beeindruckend waren die Kathedralen in den Städten Pamplona, Burgos, und Leon, welche wir besichtigten.
Angekommen in Santiago besuchten wir die Pilgermesse, welche täglich um 12 Uhr stattfand. Die Kirche war zu diesem Anlass überfüllt und wir teilten mit vielen anderen Pilgern einen Platz am Boden. Am Schluss der Messe wurde der in der Mitte der Decke hängende Weihrauchkessel durch das ganze Kirchenschiff geschwenkt, was mich besonders berührte.
Nach allen Strapazen, Widrigkeiten und Erlebnissen nach 26 Tagen in Santiago einzutreffen erfüllte uns mit Dankbarkeit und Freude. Wir hatten es geschafft! Alle unsere Erlebnisse, Erfahrungen, Freundschaften und Bilder haben wir im Herzen mitgenommen – und diese werden uns auch immer in Erinnerung bleiben.
„Buen Camino – Einen guten Weg!“ Der Weg führt zum Ziel.
Luise Wachter