Pfarre

Klagenfurt-Annabichl

Firmung in Annabichl

Im Glauben bleibe unverdrossen.
Im Leben stehst Du nie allein;
Gott hat Dich in sein Herz geschlossen.
Schließ Du ihn nun in Deines ein.

(Friedrich Morgenroth)

Leben aus der Kraft des Geistes
In vielen Kulturen gibt es Initiationsriten. Da werden die Jugendlichen in Buschhütten gesteckt, damit sie dort isoliert von allen anderen fasten und sich mit den „Gespenstern ihrer Seele“ auseinander setzen. Wenn die Jugendlichen diese Prüfung bestanden haben, werden sie feierlich in die Welt der Erwachsenen aufgenommen.
Die Firmung ist ein Sakrament der Initiation. Es will aus den jungen Christen erwachsene Christen machen, die nun Verantwortung für ihr Leben übernehmen und es lernen, zu sich selbst und zu ihrem Glauben zu stehen.

Fehlende Initiationsriten?
Konstantin Wecker beklagte in einem Radio-Interview, dass die jungen Leute heute keine Initiationsriten hätten. Deshalb würden viele Hasch als Initiationsmittel nehmen. Andere würden mit dem Auto ihres Vaters mit 180 Stundenkilometern über die Straßen rasen. Das sind Ersatzrituale, weil wir den Jugendlichen keine angemessenen Initiationsrituale anbieten.

Was ist mein Lebenstraum?
Die Firmung ist eine Einübung in das Erwachsenwerden. Es geht darum, mir über meine eigene Identität klar zu werden. Wer bin ich? Bin ich nur der Sohn oder die Tochter meiner Eltern? Oder bin ich nicht doch ein einmaliger Mensch, von dem Gott sich ein einzigartiges Bild gemacht hat, das nur für mich allein gilt? Wie kann ich dieses einmalige und ursprüngliche Bild Gottes von mir leben? Was ist mein Lebenstraum? Was möchte ich in dieser Welt bewegen?

Verantwortung übernehmen
In der Firmung soll ich lernen, mir Rechenschaft darüber abzulegen, was ich eigentlich glaube und wie ich meinen Glauben verstehen kann. Und ich soll lernen, die Verantwortung für mein eigenes Leben zu übernehmen. Viele weigern sich heute, für sich selbst die Verantwortung zu übernehmen. Sie erwarten von anderen, dass sie dafür sorgen sollen, dass ihr Leben gelingt. Doch ganz gleich, wie meine Erziehung war, irgendwann muss ich sagen: „Das bin ich. Und ich bin für mich verantwortlich. Ich sage Ja zu mir, so wie ich bin. Ich stehe zu mir. Ich stehe für mich ein.“ Und genauso wichtig ist es, Verantwortung für andere zu übernehmen. Ich lebe nicht nur für mich. Ich habe auch einen Auftrag in dieser Welt. Junge Menschen wollen gebraucht werden. Wenn sie sich für eine sinnvolle Aufgabe einsetzen können, wachsen sie über sich hinaus.

Firmung vermittelt Stehvermögen
Damit die Verantwortung für das eigene Leben und für andere gelingt, werden wir gefirmt. Das deutsche Wort „Firmung“ kommt von „firmare“, das „befestigen, bestärken, tauglich machen, zum Stehen bringen, Stehvermögen schenken“ bedeutet. Die Firmung möchte den jungen Menschen in seinem Christsein bestärken und ihm durch den Heiligen Geist Stehvermögen vermitteln, damit er in dieser Welt zu sich selber stehen lernt, damit er seinen Standpunkt findet und in einer oft geistlosen Gesellschaft aus der Kraft des Heiligen Geistes leben kann. In der Taufe sind wir im Wasserbad des Heiligen Geistes neu geboren worden. In der Firmung werden wir in unserer neuen Existenz bestärkt, damit wir uns nicht vom Geist dieser Welt leiten lassen, sondern vom Geist Gottes. Wir erhalten Anteil an der Kraft des Geistes, damit wir der Welt keine Macht über uns geben, sondern sie nach Gottes Willen gestalten.

Das eigene Leben lustvoll leben
Ich wünsche den Jugendlichen, dass sie in der Firmung den Heiligen Geist erfahren können als die Kraft, die sie stärkt, die ihre Wunden heilt, sie mit vielen Fähigkeiten begabt und die ihnen den Mut gibt, das eigene Leben selber zu leben anstatt sich immer nur nach den anderen zu richten. Und ich wünsche ihnen, dass sie den Heiligen Geist als Quelle erfahren, aus der sie immer schöpfen können, ohne je erschöpft zu werden. Dass sie erfahren: Wenn du aus dieser inneren Quelle lebst, dann wird dein Leben nie langweilig oder gar vertrocknet. Dann wirst du immer neue kreative Ideen entwickeln und Lust haben, die Probleme um dich herum anzupacken anstatt zu jammern, wie schlimm alles ist.

Glauben heißt: einen festen Stand haben
So wünsche ich, dass der Heilige Geist den Jugendlichen Stehvermögen schenkt, damit sie zu sich stehen lernen und auch zu ihrem Glauben. Denn Glauben heißt: einen festen Stand haben, sich nicht so leicht umwerfen lassen von anderen. Wenn jemand im Glauben feststeht, dann wird er sich freier fühlen und ohne Angst.

Pater Anselm Grün
(Pater Anselm Grün ist Benediktinermönch in Münsterschwarzach und bekannter Buchautor.)

Quelle: Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken/Diaspora-Kinderhilfe, www.bonifatiuswerk.de
Text: Anselm Grün; In: Pfarrbriefservice.de