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„Hörst Du nicht die Glocken?“ –  14 Fragen (und Antworten) rund um das Glockengeläut

Die „Maria Saalerin“ in der Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Saal ist die größte und schwerste Kirchenglocke der Diözese. Foto: Maria Saal/Rupitz
Die „Maria Saalerin“ in der Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Saal ist die größte und schwerste Kirchenglocke der Diözese. Foto: Maria Saal/Rupitz

Klagenfurt, 25. 10. 19 (pgk). „Hörst Du nicht die Glocken?“, heißt es in einem bekannten Kinderlied. Tatsächlich werden Glocken heute zwar gehört, die Bedeutung der Glockenschläge ist aber oft nicht mehr bekannt.
Seit mehr als 5.000 Jahren dienen Glocken Menschen u. a. zur Zeitangabe, zur Warnung vor Sturm und Unwetter oder als Signalglocken. Im Christentum werden Glocken seit rund 1.500 Jahren eingesetzt. Sie sind fixer Bestandteil kirchlichen Lebens. So laden Glocken zum Gottesdienst, begleiten liturgische Handlungen, rufen zum Gebet und zur Fürbitte, erinnern an die Ewigkeit und geben nicht nur dem kirchlichen Alltag einen Rhythmus. Untenstehende 13 Fragen (und Antworten) sollen einen Überblick bieten, welche Funktionen Kirchenglocken haben sowie wann und warum diese läuten.

1) Wie sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen?
Staatskirchenrechtlich, d. h. laut Konkordat, ist das Glockenläuten ein Bestandteil der freien öffentlichen Religionsausübung und gilt „in bisher ortsüblichem Rahmen“ nicht als Ruhestörung. Kirchenrechtlich besitzen Kirchen und öffentliche Kapellen das Recht auf Glocken, um die Gläubigen zum Gottesdienst einzuladen und an häusliche und persönliche Gebete tagsüber zu erinnern.

2) Warum läuten die Kirchenglocken tagsüber?
Um 6, 12 und 18 Uhr ist das sogenannte „Angelus“-Läuten“ zu hören. Dieses Gebetsläuten ist auf die Stundengebete der Klöster, nämlich „Laudes“ am Morgen, „Sext“ bzw. Mittagshore zu Mittag und „Vesper“ am Abend, zurückzuführen und soll dazu einladen, den „Angelus“ (= „Engel des Herrn“) zu beten. An manchen Orten wird nach dem „Angelus“-Läuten am Abend zum Gedenken an die Verstorbenen auch die Toten- oder Sterbeglocke geläutet.

3) Wieso läuten die Glocken freitags auch um 15 Uhr?
Die Glocken am Freitag um 15 Uhr erinnern als so genanntes „Scheidungsläuten“ (abgeleitet von Tod = Hinscheiden) an die Todesstunde Jesu.

4) Was bedeutet das Glockenläuten vor dem Gottesdienst?
Eine Stunde oder eine halbe Stunde vor dem Gottesdienst wird die Pfarrgemeinde mit dem sogenannten „Vorläuten“ zum Gottesdienst eingeladen. Eine Viertel Stunde vor Beginn der heiligen Messe erklingt das „Zusammenläuten“. Unmittelbar vor Beginn der hl. Messe wird „Zum Altar“ geläutet.
An Samstagen sowie den Tagen vor Hochfesten wird nach dem abendlichen „Angelus“-Läuten außerdem die Sonntagsmesse bzw. die Hl. Messe zum jeweiligen Hochfest eingeläutet.

5) Warum läuten während eines Gottesdienstes die Kirchenglocken?
Das „Zeichenläuten“ dient dazu, liturgische Handlungen wie z. B. die Wandlung während des Gottesdienstes anzuzeigen. Auch das Läuten zum Evangelium ist oft gebräuchlich. An Hochfesten wie Ostern oder Pfingsten wird der feierliche Einzug und Auszug ebenso meist vom vollen Geläut begleitet wie das „Te Deum“ („Großer Gott, wir loben dich“) am Ende von festlichen Gottesdiensten.

6) Wann kommen Kirchenglocken außerdem noch zum Einsatz?
Die Glocken werden u. a. auch bei Taufen, Hochzeiten, Begräbnissen, Kirchenjubiläen, bei der Ernennung und dem Tod eines Diözesanbischofs sowie bei der Wahl und dem Tod eines Papstes geläutet. Je nach Bedeutung des Anlasses läutet man mit allen Glocken (Vollgeläute) oder nur mit einigen Glocken (Teilgeläute).

7) Welche Funktionen haben die Kirchenglocken darüber hinaus?
Mit dem sogenannten „weltlichen Geläut“, d. h. der Stundenschlag zur vollen Stunde und zu jeder Viertelstunde, wird die Uhrzeit angezeigt. Dies stammt aus der Zeit des Mittelalters, als der Großteil der Bevölkerung keine Uhr hatte und von der Turmuhr der Kirche abhängig war. Weltlichen Ursprungs ist auch das Glockengeläut in der Neujahrsnacht. Außerdem können in Abwesenheit von Alarmsirenen bei Notfällen und Umweltkatastrophen wie Feuer oder Hochwasser die Kirchenglocken geläutet werden.

8) Haben die Glocken auch einmal „Pause“?
Von Gründonnerstag bis Ostersonntag ersetzen Ratschen die Kirchenglocken. Im Volksmund sagt man, die Glocken seien nach Rom geflogen. Nach alter Tradition läuten die Glocken beim Gloria der Abendmahlmesse am Gründonnerstag zum letzten Mal. Sie erklingen dann, ebenso wie die Orgel, erst wieder in der Osternachtsmesse zum Gloria, um die Auferstehung Jesu Christi zu verkünden. Das Schweigen der Glocken deute, so Durandus von Mende (1230 – 1296), auf die Flucht und stumme Wortlosigkeit der Apostel hin. Orgel und Glocken als Zeichen des Triumphs schweigen ebenso wie die Messglocken der MinistrantInnen. Mit dem Wiedererklingen der Glocken und der Orgelmusik in der Feier der Osternacht kehren Leben und Hoffnung wieder zurück.

9) Warum werden Kirchenglocken geweiht?
„Geweiht“ werden vor allem Personen, die in den Dienst Gottes gestellt werden wie Priester und Diakone sowie auch Kirchenbauten und Dinge, die für den dauernden liturgischen Gebrauch, also ausschließlich für den heiligen und heiligenden Dienst, bestimmt sind wie z. B. Glocken, Kelche, Öle etc.
Sachen, Gegenstände und Tiere werden nicht „geweiht“, wie es im Volksmund oft heißt, sondern „gesegnet“. Deshalb gibt es liturgisch gesehen keine „Auto-“, „Pferde-“ oder „Fleischweihen“, sondern entsprechende Segnungen.
Welchen besonderen Stellenwert die Glocken für Christen haben, beschreibt Franz Werfel in seinem Roman „Die vierzig Tage des Musa Dagh“: Unmittelbar vor der Eroberung eines christlichen Dorfes und der damit verbundenen Umwandlung der Kirche in eine Moschee werden die Glocken von den christlichen Bewohnern aus dem Glockenturm abgehängt und am Friedhof in der Erde beigesetzt.

10) Haben Kirchenglocken einen „Namen“?
Jede Glocke trägt eine Inschrift mit Widmung. Sie sind der göttlichen Dreieinigkeit, Jesus Christus – König, Hirte und Erlöser, Maria, einem der vier Evangelisten oder einem anderen Heiligen, oft dem Patron der Pfarrgemeinde, gewidmet oder tragen den Namen von herausragenden Glaubenszeugen.

11) Wie viele Kirchenglocken gibt es in Kärnten?
In den rund 1.000 Kirchen der Diözese Gurk gibt es 4.000 Glocken.

12) Welche ist die größte Kirchenglocke in Kärnten?
Die größte und zugleich schwerste Glocke der Diözese Gurk ist die sogenannte „Maria Saalerin“ in Nordturm der Maria Saaler Pfarrkirche. Die „Maria Saalerin“ wurde von Mathias Landsmann 1687 gegossen, hat einen Durchmesser von 222 cm und ist ca. 6.600 kg schwer.
Mit weiteren fünf Glocken im Südturm und einer Sterbeglocke im Dachreiter über dem Presbyterium verfügt der Maria Saaler Dom auch das größte Geläut in Kärnten.

13) Welche ist die älteste Kirchenglocke in Kärnten?
Die älteste Glocke Kärntens ist gleichzeitig eine der ältesten erhaltenen Glocken Österreichs. Die Glocke aus dem 11. Jahrhundert stammt aus der Filialkirche Flatschach (heute: Pfarre St. Gandolf, ehemals Pfarre Tigring) bzw. der Wallfahrtskirche "Maria Sieben Schmerzen" am Freudenberg bei Tigring. Heute befindet sich die rund 60 kg schwere Glocke mit einem Durchmesser von 45.5 cm in der „Schatzkammer Gurk“.

14) Wie funktioniert das Läuten der Glocken?
Früher zogen Mesner oder Ministranten händisch das Glockenseil, damit die Glocken läuteten. Heute geschieht dies mit einer elektronischen Steuerung.