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Bischof Marketz bei Eröffnung der Tagung „gemeinsam 2020/skupno“: Mehrfachidentität Kärntens als kostenloses „Trainingslager“ nutzen

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Bischof Josef Marketz, Bundesministerin Susanne Raab und der slowen. Staatsekretär Dejan Valentinčič. (Foto: Gotthardt)

Klagenfurt, 2. 7. 20 (pgk). „Immer mehr KärntnerInnen haben den kulturellen Reichtum und das bildungspolitische und wirtschaftliche Potenzial der beiden Volksgruppen erkannt. Wir sind nicht stehengeblieben“, sagte Diözesanbischof Dr. Josef Marketz heute Vormittag bei der Eröffnung der Tagung „gemeinsam 2020/skupno“ im Rahmen der Feierlichkeiten zu „100 Jahre Kärntner Volksabstimmung“ im Vortragssaal der Hermagoras in Klagenfurt. Gleichzeitig erinnerte Bischof Marketz, nach Bischof Jakob II. Peregrin Paulitsch (1824–1827) der zweite Bischof für Kärnten aus der slowenischen Volksgruppe, daran, dass die vergangenen 100 Jahre, in denen die slowenische Volksgruppe in Kärnten mehrere Male mit Gewalt und permanentem Druck ausgelöscht werden sollte, in die Gegenwart wirke und die Entfaltung der Zukunft bestimme. Er kenne, so Bischof Marketz, die bleibenden Zukunftsängste der slowenischen Volksgruppe in Bezug auf Sprache und Kultur trotz aller neuen Möglichkeiten sowie die noch offenen politischen Versprechen und rechtlichen Vorgaben, die nicht umgesetzt seien. „Ich teile die im Herzen schlummernden Ängste, die vor allem einer tiefen Liebe zu dem, was wir das Unsrige nennen, geschuldet sind“, sagte der Kärntner Bischof. Trotzdem sei er „voller Hoffnung für die Zukunft, die nur eine gemeinsame sein kann und so viele Chancen, vor allem für junge Menschen, in sich birgt“. Junge Menschen würden im Alpen-Adria-Raum in eine zwei- und mehrsprachige Welt hineingeboren werden und sich früh mit viel mehr als nur einer kulturellen Tradition konfrontieren. „Sie erleben auf natürliche Weise die Mehrfachidentität Kärntens als kostenloses „Trainingslager“ für die globale Welt und deren Herausforderungen“, so der Kärntner Bischof. „Gewinner“ der derzeitigen Entwicklung seien auch jene Menschen, die er vor 30 Jahren im Rahmen seiner Dissertation über das Zusammenleben der slowenischen und deutschen Volksgruppe in Kärnten im gemischtsprachigen Gebiet als so genannte „Zwischenpositionelle“ beschrieben habe. Diese zahlenmäßig sehr große Gruppe von Menschen habe sich nicht zu einer eindeutigen Zugehörigkeit entscheiden können und sei von beiden Seiten, je nach Bedarf, vereinnahmt und zugleich ausgeschlossen worden. „Meiner Meinung nach ist die Gruppe dabei, sich aufzulösen“, sagte Bischof Marketz. Diese Gruppe suche ohne Druck ihren Platz in der Gesellschaft und gewinne vielfach den Respekt für ihre slowenischen Wurzeln wieder. Das diesjährige Jubiläum der Volksabstimmung sei letztlich ein zufällig gewähltes Datum, das einen bestimmten Punkt in der Entwicklung des Zusammenlebens der Volksgruppen in den Blick nehme. Es werde weiterhin eine wachsame Begleitung der Entwicklungen in Kärnten benötigen, „um nicht wieder Sprachen und gewachsene Kulturen, vor allem aber Menschen ins Eck zu stellen und die Macht über den Mitmenschen über die Liebe zu setzen, die allein uns in eine für alle lebenswerte Zukunft führt“.