Glaube entzündet sich am Glauben
Ein Gespräch mit Diözesanbischof Alois Schwarz anlässlich seines Geburtstags
Am 14. Juni feiert Bischof Alois Schwarz seinen 60. Geburtstag. Ein Gespräch über Glauben, das Leitbild und seine Beziehung zur slowenischen Sprache.


Sie feiern in diesen Tagen Ihren 60. Geburtstag. Was wünscht sich ein Bischof zu diesem Fest? Für sich, für seine Diözese?
Bischof Schwarz: Ich möchte Dank sagen für die so wohlwollende Aufnahme als Bischof in diesem Land. Ich wünsche mir, dass die Offenheit für die Fragen des Glaubens und des Lebens aus dem Evangelium lebendig bleiben.
Sie sind auf einem Bauernhof geboren und aufgewachsen. Was haben Sie aus dem landwirtschaftlichen Bereich für Ihr Bischofsamt mitgenommen?
Bischof Schwarz: Aus dem landwirtschaftlichen Bereich nehme ich mit, dass es darauf ankommt, die Dinge wachsen zu lassen, bei einer Großzügigkeit in der Aussaat. Man sät das aus, was der Schöpfer einem geschenkt hat. Das hat man überliefert bekommen, und wenn man bereit ist, das, was man überliefert bekommen hat, weiterzugeben, wird es fruchtbar werden.
Prägend für die Diözese ist das Leitbild: Mit Jesus Christus den Menschen nahe sein. Es wird nun immer mehr mit Leben gefüllt. Wie sind Sie mit der Umsetzung zufrieden?
Bischof Schwarz: Das große Ziel, mit Jesus Christus den Menschen nahe zu sein, wird gelebt und bleibt eine Herausforderung. Es ist in diesem Satz ja nicht gesagt, wer wem nahe sein soll. Es ist ein Satz ohne Subjekt. Deshalb ist es offen, einladend, und jede und jeder darf sich in diesem Wort verwirklichen. Es ist keine Vorgabe, sondern eine Herausforderung, die es zu leben gilt.
Wie wird es weitergehen?
Bischof Schwarz: Jetzt sind wir dabei, Einzelziele umzusetzen. Etwa Ausschau zu halten, wo es lebendige Zeugen des Evangeliums gibt. Menschen, die so leben, dass andere fragen: Warum lebst du so, und was hat dich in deinem Leben geprägt? Oder Menschen, die mit anderen beten und einander das Beten lehren. Oder wir halten Ausschau nach Menschen, die so handeln, dass andere das Gefühl haben, sie wenden sich niemals von ihnen ab, die Nächstenliebe im Alltag leben.
Woran werden Sie den Erfolg der Umsetzung des Leitbildes messen?
Bischof Schwarz: Der Erfolg der Umsetzung zeigt sich dann, wenn immer mehr Menschen wissen, dass die katholische Kirche in Kärnten eine Gemeinschaft ist, die stark gottverbunden lebt und deshalb ein sehr weites Herz für die Menschen hat. Wenn also die Kirche in Kärnten offen und mit sehr viel Sympathie für das Lebensprogramm Jesu wirbt.
In gewissem Sinn erinnert das Leitbild an viele Aussagen des II. Vaticanums. Vor 50 Jahren wurde das Konzil eröffnet. Was gilt es Ihrer Meinung nach besonders zu beachten?
Bischof Schwarz: Das Konzil war ein starker Leuchtturm des Heiligen Geistes in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als der Atheismus und massive Herausforderungen die Kontinente geprägt haben. Da hat die Kirche weltumspannend formuliert, dass Christus das Licht der Völker ist. So beginnt die Kirchenkonstitution. Weiters hat die Kirche gesagt, es geht darum, dass die Einheit mit Gott und die Einheit der Menschen untereinander als Ziel gesehen werden soll. Dafür ist die Kirche gleichsam Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug.
Es ging aber auch um eine neue Form der Communio, der Gemeinschaft. So hat das Konzil sehr deutlich von der Kirche als dem Volk Gottes gesprochen und die Menschen herausgefordert, dass sie sich nicht nur von der Kirche betreuen lassen, sondern diese Kirche als Getaufte und Gefirmte verantwortlich mitgestalten sollen. So sind nach dem Konzil sehr rasch die Pfarrgemeinderäte als verantwortliche Mitgestalter in der Pfarre eingerichtet worden.
In der Liturgie brachte das Konzil wohl die sichtbarsten Änderungen mit der Einführung der Muttersprache. Für Kärnten war das eine große Herausforderung. Gott sei Dank hat das in der Diözesansynode eine wegweisende, zukunftsorientierte Gestaltung gefunden.
Was ist gerade im Blick auf das Vermächtnis der Diözesansynode vom Zusammenleben der Volksgruppen gelungen, wo muss und kann man nachjustieren?
Bischof Schwarz: Der Beschluss der Diözesansynode zur Zweisprachigkeit in der Kirche Kärntens ist ein großes Zeichen der gegenseitigen Wertschätzung. Die Kirche hat vor 40 Jahren schon begonnen, das kulturelle Miteinander im gegenseitigen Respekt, im Dialog, umzusetzen. Die Kirche schützt damit die mehrsprachige Kultur und trägt sie auch öffentlich mit, indem bei den kirchlichen Feiern auf beide Sprachen in angemessenem Verhältnis Rücksicht genommen wird.
Die Ereignisse des vergangenen Jahres – Stichwort Ortstafellösung, Maja Haderlap – öffneten neue Wege für ein Miteinander im Land. Wie sehen Sie ganz persönlich vor diesem Hintergrund Ihr Verhältnis zur slowenischsprachigen Volksgruppe?
Bischof Schwarz: Ich habe die slowenische Sprache und die slowenische Kultur als Ausdruckskraft einer sehr tiefen Spiritualität kennengelernt. Wie die Menschen in der slowenischen Sprache beten und singen, ist schon Verkündigung. Ich verstehe ihre Sprache mit dem Herzen und spüre ihre tiefe Verwurzelung im Glauben.
Zum 50-jährigen Konzilsjubiläum hat Papst Benedikt XVI. das „Jahr des Glaubens“ ausgerufen ...
Bischof Schwarz: Zunächst hat der Papst bei der Ankündigung des Jahres des Glaubens am 16. Oktober 2011 gesagt, es gehe darum, die Menschen aus der Erfahrung der Wüste des Lebens zur Freundschaft mit Jesus zu führen. Ich sehe die Herausforderung im Jahr des Glaubens darin, Jesus Christus kennenzulernen, mit ihm vertraut zu werden und von ihm zu wissen, damit man die Bedeutung und Wichtigkeit dieser Freundschaft neu schätzen lernt und vertieft. Dazu gehört auch, dass man mit der ganzen intellektuellen Kraft, mit Verstand, Wissen, aber auch Emotion und Herzenskraft diesen Jesus Christus sucht und das, was man von ihm begriffen hat, verkündet und lebt.
Was erwarten Sie vom „Jahr des Glaubens“ für Kärnten?
Bischof Schwarz: Ich erwarte mir, dass wir als Katholiken im Jahr des Glaubens ganz bewusst unser an Jesus orientiertes Profil zeigen. Dass wir uns als Christen erweisen und einander helfen, den Glauben miteinander zu leben. Vielleicht wird es das Schönste, wenn viele Menschen einander erzählen, warum sie an Jesus Christus glauben, wie er ihnen Halt gibt, wie Gott mit ihnen ist als Schöpfer und Vater des Lebens und welche Impulse sie vom Heiligen Geist als dem Tröster und Ratgeber ihres Lebens schon oft erfahren haben. Glaube entzündet sich am Glauben.
Eine Herausforderung für die Zukunft wird es sein, wie es gelingt, der Jugend diese Freundschaft mit Jesus Christus nahezubringen ...
Bischof Schwarz: Ich glaube, dass die Jugend den gesellschaftlichen Druck heute besonders spürt: in der Schule, als Lehrlinge, wenn sie später von einem Praktikumsplatz in den nächsten wechseln. Die Jugend signalisiert: In diesem Tempo wollen wir nicht mehr weitermachen. Vielleicht ist es gerade in dieser Situation notwendiger denn je, dass wir das Charakteristische des christlichen Glaubens vorleben: Dass wir erlöst sind und einen Gott haben, der uns in die Freiheit führt. Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit, heißt es bei Paulus. Die Sehnsucht nach Beziehung, nach Freunden, nach einem Du ist bei der Jugend stark vorhanden. Vielleicht war es schon immer das Charakteristikum der Jugend, dass sie einen neuen Weg zeigen darf. Wir müssen sie dazu ermutigen, neue Wege zu zeigen, und vielleicht werden wir am Widerstand der Jugendlichen wachsen.