Organisation

Diözesanbischof

Fastenhirtenbrief 2024 von Bischof Josef Marketz

Für eine Welt, in der die Menschen füreinander da sind

Diözesanbischof Dr. Josef Marketz
Diözesanbischof Dr. Josef Marketz

Liebe Schwestern und Brüder in Christus!

Viele Menschen – vielleicht auch Sie – werden in den kommenden Wochen wieder auf etwas verzichten. Sie wissen: Eine Beschränkung auf das Notwendige tut manchmal gut. Wer weniger Fleisch isst, das Auto stehen lässt, Energie bewusst einsetzt, tut sogar etwas Gutes im Blick auf eine der großen Herausforderungen unserer Zeit – den sorgsamen Umgang mit den Gütern dieser Erde. Die Fastenzeit ist dazu da, um ein bewussteres Leben einzuüben, in dem das Glück nicht allein am Materiellen hängt.

Im Verzicht Sinn und Freude erfahren

Verzicht ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Lebens. Menschen verzichten bewusst auf Vieles, um ihren Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen, alte Angehörige zu pflegen oder sich helfend in das Leben der Kirche und Gesellschaft einzubringen und erfahren dabei Sinn und Freude. Ohne Verzicht wird das Leben farblos und lieblos. Wer verzichtet, verbindet das Ich mit dem Wir. Verzicht ist ein Merkmal ernstgemeinter Solidarität, die bereit ist, für den anderen etwas einzusetzen, für ihn da zu sein. Mutter Theresa, die große Heilige der Nächstenliebe, hat darauf hingewiesen, dass wahre Liebe auch wehtut. Das wird uns am Ende der Fastenzeit, am Karfreitag, in aller Deutlichkeit vor Augen geführt.

Verzicht als Teil des Lebens

Die Frohe Botschaft sagt uns aber auch die Ostererfahrung zu: Aus der Hingabe ersteht das neue Leben. So gehört das Fasten im Sinne des Verzichts wesentlich zu unserem Leben. Wer nicht loslassen kann, wird das Leben nicht gewinnen, lehrt uns Jesus. So lade ich Sie ein, in dieser Fastenzeit bewusst auf etwas zu verzichten. Behalten Sie dabei im Blick, für wen Sie das tun. Auf diese Weise werden Sie Teil einer Welt, in der die Menschen füreinander da sind.

Füreinander da sein

Der Gedanke, dass wir füreinander da sind, leitet uns auch bei der Frage, welchen Weg die Kirche in unserem Land künftig beschreiten soll. Viele Menschen erwarten sich von unserem synodalen Entwicklungsprozess, dass die Nächstenliebe noch stärker spürbar wird. Diese hat viele Gesichter. Ich kenne zum Beispiel Menschen, die kaum noch am Leben teilhaben können, aber täglich für andere und für unsere Welt beten. Papst Franziskus hat dazu aufgerufen, die kommenden Monate vor dem Heiligen Jahr 2025 dem Gebet zu widmen. Tun wir dies besonders in der Fastenzeit. Fasten und Beten sind seit alters her Geschwister. Der bewusste Verzicht, den wir spüren, macht unser Gebet, in dem wir gerne schnell um alles Mögliche bitten, glaubwürdig. Gottes Zusage an uns Menschen, von ihm bedingungslos angenommen und geliebt zu werden, schenkt uns die Kraft, füreinander da zu sein. Er lenkt unseren Blick auf das Gute in unseren Mitmenschen, weil auch sie auf dieselbe Weise von Gott geliebt sind, weil wir alle seine Geschöpfe sind.

Dialog für die Zukunft

Das Gute im anderen zu sehen, miteinander eine Zukunft bauen zu wollen, in der Menschen füreinander da sind – bei uns und darüber hinaus: Viele fürchten, dass all das in den Wahlauseinandersetzungen des Jahres 2024 zu kurz kommen könnte. Als Christinnen und Christen können wir durch die Art, wie wir uns in den Dialog für die Zukunft Europas und unseres Landes einbringen, einen wertvollen Dienst leisten. Dazu gehört der Verzicht auf kränkende Worte, auf das Schaffen von Feindbildern und das Verbreiten von falschen Tatsachen. Wahlauseinandersetzungen sind auch ein Spiegelbild für den Zustand einer Gesellschaft. Ich bitte Sie, angesichts solcher Realitäten nicht zu resignieren, sondern aus Liebe zu den Menschen, mit denen wir leben, alles zu prüfen und das Gute zu stärken. So lade ich Sie ein, nutzen wir diese Zeit des Fastens und Betens, um den Blick für unsere Nächsten zu schärfen. Bauen wir gemeinsam an einer Welt, in der wir Menschen füreinander da sind. Der Segen Gottes begleite Sie durch diese Zeit des Zugehens auf Ostern.

+ Josef Marketz
Diözesanbischof

Klagenfurt a. W., am 1. Fastensonntag, 18. Februar 2024