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Diözesanbischof

Den Glauben heute leben

Gespräch mit Bischof Alois Schwarz zum Jahr des Glaubens

Der Bischof im „Sonntag“-Gespräch mit Gerald Heschl über Glaubenskritik, Glaubensherausforderungen und die Freude am Glauben

Diözesanbischof Alois Schwarz im “Sonntag“-Interview zum Jahr des Glaubens. (© Foto: Pressestelle / Eggenberger)
Diözesanbischof Alois Schwarz im “Sonntag“-Interview zum Jahr des Glaubens. (© Foto: Pressestelle / Eggenberger)
Bischof Schwarz: “Wir vertreten ein einladendes katholisches Profil ...“ (© Foto: Pressestelle/Neumüller)
Bischof Schwarz: “Wir vertreten ein einladendes katholisches Profil ...“ (© Foto: Pressestelle/Neumüller)

Das „Jahr des Glaubens“ wird in Kärnten mit einem ganz besonderen Festakt eröffnet. Braucht der Glaube diese Öffentlichkeit?
Bischof Schwarz: Der Glaube hat den Charakter unseres Landes geprägt. Der Papst sagte bei seinem Besuch 2007: „Ein Österreich ohne lebendigen christlichen Glauben wäre nicht Österreich.“ Diesen Satz kann man genauso auf Kärnten anwenden. Daher muss es uns ein Anliegen sein, nicht zuzulassen, dass eines Tages womöglich nur noch die Steine hierzulande vom Christentum reden würden.

Der Glaube ist heute stark angefragt. Menschen suchen ihr Heil – aber nicht mehr in den überlieferten Ritualen. Wie kann man den Glauben heute leben?
Bischof Schwarz: Glaube ist ein Wagnis des Menschen, sich dem zuzuwenden, was das Irdische übersteigt. Es ist ein personales Geschehen. Aber das Umfeld hat sich gewandelt. Viele Jugendliche fragen nicht mehr nach den Inhalten des Glaubens. Die selbstverständliche Praxis religiöser Feiern gibt es nicht mehr. Daher brauchen wir eine Besinnung auf jene Haltungen, die für den Glauben der Zukunft unerlässlich sind.


Der Papst beschreibt den Relativismus als eine der Hauptgefahren für das Glaubensleben heute. Wie sehen diese Haltungen aus, die den Glauben in Zukunft stärken könnten?
Bischof Schwarz: Glaube ist ein vielschichtiges Wort. Es bezeichnet das Meinen, im Gegensatz zum Wissen. Es ist aber auch die Bezeichnung für eine vertrauensvolle Hingabe. Glaube ist eine komplexe Wirklichkeit – nicht nur ein Gefühl. Er hat sich an den geoffenbarten Wahrheiten zu orientieren und am Lehramt der Kirche. Er betrifft den Menschen, der zur Nachfolge Jesu gerufen ist und sich Gott ganz persönlich anvertrauen soll. Glaube ist nicht einfach logisch erklärbar. Laute Töne in der Verkündigung gehen an der Realität vieler Glaubender vorbei.

Was ist das Alternativprogramm zu den lauten Tönen?
Bischof Schwarz: Glauben heißt auch, in der Trostlosigkeit aushalten. Und so lange beim Menschen als Mensch bleiben und die Hand reichen, bis etwas spürbar wird von einem Gott, der von sich selbst gesagt hat: „Ich bin da und werde für dich da sein“ (Ex 3).

Wo wir beim diözesanen Leitbild wären: Mit Jesus Christus den Menschen nahe sein. Ist das ein Weg, Glaube heute lebbar zu verkünden?
Bischof Schwarz: Wir ziehen uns in unserer Arbeit nicht resignativ zurück und beschränken uns auch nicht nur auf die Kerngebiete der traditionellen Seelsorge, sondern sind überzeugt, dass es eine Vielfalt von Zugängen zum christlichen Glauben gibt. Wir vertreten ein einladendes katholisches Profil und fördern innerhalb unserer Kirche unterschiedliche Angebote christlicher Glaubenspraxis. Damit widerstehen wir der Tendenz, die Komplexität der Wirklichkeit nicht zur Kenntnis zu nehmen und durch einfache Lösungen bewältigen zu wollen. Freilich müssen wir dabei die Spannung von Religion und Welt ertragen. Wir werden uns weder abgrenzen von der Welt, noch anbiedern an den Zeitgeist. Unser Weg mit dem Leitbild ist der Weg der Anteilnahme und des Naheseins. Wir respektieren, dass die Wege zu Gott verschieden sind.

Ein Weg ist das Gespräch mit Gott, das Gebet ...
Bischof Schwarz: Es ist mir sehr wichtig, dass es nicht bloß um Aktivität und das ständige pastorale Tun allein geht, sondern auch um das Gebet und die Innerlichkeit. Wir brauchen eine neue geistig-geistliche Revitalisierung, dass in dieser entzauberten Welt, in der wir leben, deutlich wird, dass nicht alles vom Menschen erforscht, erklärt, beseitigt und überspielt werden kann. Wir wollen miteinander beten, um einen neuen Zugang zu finden für das Unwandelbare in unserem Leben, für das Mystische, für das Unsichtbare, für das Unverfügbare.

Wo sehen Sie die großen Herausforderungen für das beginnende Jahr des Glaubens?
Bischof Schwarz: Kirche als Gemeinschaft von Glaubenden muss sich in der Treue zu den Verzagten und Klagenden, den Weinenden und in der Dunkelheit Gehenden als Wegbegleiterin erweisen. Das wird die große Herausforderung im Jahr des Glaubens sein, zu zeigen, dass Gott ein im Leiden mitgehender Gott ist. Das „sich der Not der Glaubenden Aussetzen“ wird die große Chance zur Erneuerung der Kirche im kommenden Jahr sein. Die Konzentration auf Christus und sein Kommen in Herrlichkeit, also das Erwarten der Wiederkunft Christi, als der endgültigen Rettung des Menschen am Ende der Zeit wird das Suchen nach dem Reich Gottes bei uns prägen. Die Glaubenshaltung muss eschatologisch sein, nicht in einer Vertröstung auf ein Jenseits, sondern im Bewusstsein, dass diese Welt nicht das Letzte ist und wir Menschen nicht von der Welt sind.     

Ausgehend aus dem angelsächsichen Raum machen sich auch in Österreich massive atheistische Strömungen breit. Was bedeutet vor diesem Hintergrund das „Jahr des Glaubens“?
Bischof Schwarz: Glaube muss sich vor der Vernunft rechtfertigen und sich vor der Erfahrung der Menschen verantworten. Der Glaube ist heute in einem Umfeld zu leben, wo viele meinen, ohne Religion und ohne Glauben ihr Leben sinnvoll gestalten zu können und auch sagen, dass ihnen ihr Leben auch ohne Gott stimmig erscheint. Die Welt ist heute sehr komplex geworden.

Das ist nicht immer einfach auszuhalten. Manche in der Kirche meinen, dass der Rückzug auf eine kleine, feine Gruppe der richtige Weg wäre. Das Konzil spricht sich ja gegen diesen Weg aus, indem es von der „Kirche in der Welt von heute“ spricht. Wo sehen Sie den Ausweg aus diesem Dilemma?
Bischof Schwarz: Resignatives „sich Zurückziehen“ ist keine Antwort, ebenso wenig wie fundamentalistische Kurzformeln. Weder Abgrenzung noch Anbiederung, noch depressive Teilnahmslosigkeit an den Sorgen der Welt ist die Lösung. Glaubende haben Maß zu nehmen an der Hingabe Gottes für die Welt und das Interesse zu studieren, das Gott in seiner unendlichen Liebe auszeichnet.

Viele Menschen meinen, heute ihren Glauben besser individuell leben zu können – ohne Kirche, ohne Gemeinschaft. Ist Glaube ohne Gmeinschaft lebbar?
Bischof Schwarz: Auch wenn viele ihren Glauben ohne Anbindung an eine Pfarre leben, ist doch die Vernetzung von Glaubenden nicht unwichtig. Dazu allerdings müssen wir so etwas inszenieren wie eine Einzelförderung Glaubender zu mehr Eigeninitiative. Man muss  selbst initiativ werden und findet dann über die eigene Pfarre hinaus die Diözese und das Welt umspannende Netz der Universalkirche. Es ist ein Geschenk, in einer so großen Gemeinschaft glauben zu dürfen.

Was sind Ihre Erwartungen an das „Jahr des Glaubens“?
Bischof Schwarz: Ich rechne damit, dass im Jahr des Glaubens, einem für die ganze Welt vorgeschlagenen Weg, der Glaube an Jesus Christus lebendig wird. Wir machen mit, um zum Leben zu finden, einem Leben in Fülle.