Pfarre

Villach-Hlgst. Dreifaltigkeit

Unser Gästebuch

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Wahrheit

Aufmerksam horchte ich am 4. Adventsonntag beim Vorlesen des Evangeliums in der Dreifaltigkeitskirche Völkendorf zu. Dieses Kirchenjahr begleitet uns der Evangelist Matthäus. Eine der spannendsten und wohl auch umstrittensten Bibelstellen ist das Evangelium zum 4. Adventsonntag. Das Evangelium erzählt die Begebenheit, wie Maria ein Kind erwartet, ohne mit ihrem Verlobten Josef intim gewesen zu sein. Für Josef sieht dies nach einer Schande aus und er will sich von ihr trennen. Doch im Traum erscheint ihm ein Engel, der ihn aufklärt: „Denn das Kind, das sie (Maria) erwartet, ist vom Heiligen Geist“ . Weiteres heißt es im Evangelium, „Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären... “ Bekannt ist diese Bibelstelle unter dem umgangssprachlichen Ausdruck „Jungfraugeburt“.

Gespannt war ich auf die Auslegung des Evangeliums, auf die Predigt des Herrn Pfarrer. Für mich gehört die Menschwerdung Gottes zu den zentralen Eckpunkten des christlichen Glaubens. Zum anderem widerspricht es unserem menschlichen Verständnis, dass der „Heilige Geist“, der ein Spezifikum der christlichen Religion ist, mit einer menschlichen Frau ein Kind zeugt. In den Mythen verschiedener älteren Religionen hat es dafür Parallelen gegeben, dass Götter mit irdischen Frauen ein Kind gezeugt haben.

Die katholische Religion erhebt für sich einen geschichtlichen Wahrheitsanspruch. Wessen Art wird die Auslegung dieser Bibelstelle sein, fragte ich mich still. Zu Beginn der Predigt wird vom Herrn Pfarrer auf folgendes hingewiesen: „Vom Anfang bis zum Schluss hat das Evangelium eine große Botschaft, Gott ist mit uns. Und diese Botschaft hat einen Namen, ein Gesicht. Sie ist nicht zuerst etwas, sondern jemand, Jesus“.
Weitere Minuten verstreichen, auf die zentrale Stelle des Evangeliums wird nicht eingegangen. Persönlich habe ich den Eindruck, es wird ein großer Bogen um die Kernaussage gemacht. Man will um jeden Preis bei der der „Fernzeugung durch den Heiligen Geist“ nicht anstreifen. So spricht der Herr Pfarrer lieber davon, dass das Matthäusevangelium mit der Genealogie Jesu beginnt und sofort. Patriotisch wirkt für mich der Hinweis: „In wenigen Tagen wird in der ganzen Welt das wohl berühmteste österreichische Lied gesungen werden: Stille Nacht, heilige Nacht. Dessen erste Strophe endet mit den Worten: Christus der Retter ist da“! Um dann im heutigen Evangelium eine persönliche Hilfe zu sehen: „Um Jesus im eigenen Leben einen Platz zu geben, so wie es Maria erging, die seine Mutter wurde und wie es Josef erlebte, der nicht sein Erzeuger war und doch sein Vater wurde“.

Auf einen aufschlussreichen Satz zur Empfängnis durch den Heiligen Geist hoffte ich vergebens. Diesen fand ich auch nicht im Kommentar von Kardinal Schönborn zum obigen Matthäus Evangelium, wohl aber die fast gleichlautenden Sätze wie bei der Predigt in der Pfarrkirche Völkendorf.

Ludwig Wittgenstein sagte: „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen“. An anderer Stelle: „Das Christentum gründet sich nicht auf eine historische Wahrheit, sondern es gibt uns eine Nachricht und sagt, jetzt glaube“! Und weiter: „So sonderbar es klingt: Die historischen Berichte der Evangelien könnten, im historischen Sinn, erweislich falsch sein, und der Glaube verlöre doch nichts dadurch. Aber nicht, weil er sich etwa auf allgemeine Vernunftwahrheiten bezieht, sondern, weil der historische Beweis den Glauben gar nichts angeht.“

Franz Supersberger , www.schlagloch.at

 

 

100 Tage Papst Franziskus


Papst Franziskus ist seit hundert Tagen im Amt und ich erinnere mich, unter welchen Umständen ich vom Rücktritt des Papst Benedikt XVI erfahren habe. Dabei überlege ich mir, was einmal als das entscheidendere Ereignis gelten wird, der Rücktritt von Papst Benedikt XVI oder die Wahl von Kardinal Jorge Mario Bergoglio zum Papst Franziskus.

Mit staunen habe ich am Faschingsmontag 2013 im Radio die Nachricht vom Rücktritt  des Papstes Benedikt XVI gehört. Ich war mit dem Auto im Gailtal unterwegs und hörte dabei das Mittagsjournal. Der Nachrichtensprecher sagte, dass die Meldung vom Papstrücktritt jetzt offiziell bestätigt wurde. Ich habe die erste Meldung am Vormittag für einen komischen, aber guten Faschingsscherz gehalten. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein Papst freiwillig zurücktreten wird. Für mich war er Papst auf Lebenszeit und wenn er zurücktritt, ist er dann noch unfehlbar und was macht ein Papst in Pension?  Fragen über Fragen, welche durch meinen Kopf schwirrten. Der Rücktritt bedeutete, dass auch künftige Päpste vom Amt zurücktreten können, in letzter Konsequenz abgesetzt werden können. Eine skurrile Aussicht auf das Göttliche, weil Jesus sagte: „Du bist Petrus und auf diesem Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Stürme des Meeres werden nichts ausrichten können.“
Im Radio meldete sich die Korrespondentin des österr. Rundfunk aus Rom und sprach von einer zuerst unverstandenen und dann mit ungläubigem Staunen aufgenommenen Meldung, die im Vatikan wie eine Bombe eingeschlagen hat: „Der Papst hat seinen Rücktritt erklärt.“ Mir saß der Schalk im Nacken und am Nachmittag, bei Kaffee und Faschingskrapfen, erwähnte ich gegenüber der Lebensgefährtin, dass der Papst zurückgetreten ist. Sie hat darauf ungläubig reagiert und dies für einen blöden Faschingsscherz von mir gehalten. Für die Fünf Uhr ZIB habe ich den Fernseher eingeschaltet und dort wurde über den Rücktritt ausführlich berichtet. Während des Liveberichts ging ein Gewitter über Rom nieder und ein Blitz schlug in die Kuppel des Petersdoms ein.

Nach diesem Ereignis plädierte ich dafür, das Wahlverfahren für die Papstwahl zu reformieren. Ein gewählter Papst kann von den Kardinälen auch wieder abgewählt werden und ist keine unfehlbare Person mehr. Einen Schritt weiter ging mein Gedanke, die kath. Kirche zu demokratisieren. Jeder volljährige Christ kann das aktive und passive Wahlrecht ausüben, Bischöfe und Kardinäle werden vom Kirchenvolk direkt gewählt. Sollte man auf  einen Papst als Oberhaupt der Kirche überhaupt verzichten? Von meinen Überlegungen und von dem Schritt vorwärts, den die kath. Kirche machen könnte war ich so begeistert, dass ich plante meine Ideen beim nächsten Pfarrfest einem größeren Personenkreis bekannt zu machen.

Autor: franz.supersberger

 

GOTTES:gaukler

In den Sommermonaten, Juli und August, gibt es in vielen Städten Österreichs ein Gauklerfest. Akrobaten bilden eine menschliche Pyramide, Entfesselungskünstler lassen sich mit einer Eisenkette verschnüren oder schlüpfen aus einer Zwangsjacke. Die Auftritte sind eine Bereicherung für die Fußgeherzonen. Aus den Zuschauern werden drei Männer ausgewählt, die mit Seilen eine Sprossenwand absichern, darauf eine Asiatin Gymnastik auf hohem Niveau zeigt. Zwei Damen lächeln in das Publikum, derweil sie die Hula-Hoop-Reifen um ihre Körpermitte schwingen und sie nahtlos mit den Füßen übernehmen.

Um die Spannung zu steigern fordert der Feuerschlucker die Kinder auf näherzukommen und um ihn einen Kreis zu bilden. Dazwischen zaubert er aus dem Hut Plüschkatzen und fragt die Kinder nach dem Namen. Die Jonglierstangen werden an den Enden entzündet und auf dem Kopf balanciert, dazu kommen brennende Kugeln an den Fußgelenken und mit allen wird  jongliert.
Der Clown verlangt von den Kindern, dass sie bei jedem seiner Schritte in die Hände klatschen, bei jedem Pfeifton die Hände hochheben und bei jedem Schritt mit Pfeifton in die Hände zu klatschen und sie hochzuheben. Während des Fahren auf dem Hochrad spielt er auf der Trompete.

Heutzutage werden die Auftritte der Gaukler, Clowns und Akrobaten kommerzialisiert und sie sind mit ihren Körperdarbietungen eine willkommene Abwechslung im elektronischen Unterhaltungsangebot. Nicht immer waren die Gaukler willkommen, früher sah man in ihnen Störenfriede, Leute die keiner geregelten Arbeit nachgingen, bettelnde Vagabunden.

Auch für die Glaubensvermittlung braucht es Gaukler, die es verstehen mit Tricks und Experimenten Interesse zu erwecken und so den Zuhörern das Unwahrscheinliche Gottes nahezubringen. Die Evangelien erzählen von den Wundern die Jesus vollbracht hat um die Menschen anzuziehen, ein Straßenkünstler Gottes.
In der Sonntagsmesse geht es oft darum die Aufmerksamkeit der Besucher zu wecken, die sich meistens möglichst weit weg vom Altar niedergelassen haben. Kinder lassen sich  gerne auf etwas Ungewohntes ein, sie sind bereit symbolische Gegenstände wie Wasser und Erde, Feuer und Brot auf ihre Art zu erklären. Sie folgen der Aufforderung aus den Kirchenbänken heraus zum Altar zu kommen, um dort die Messe mitzufeiern und nehmen dabei einige Erwachsene mit. Pfarrer Peter Deibler ist ein Akrobat Gottes, der mit ungewöhnlichen Einlagen den Glauben in Villach - Völkendorf begreifbar und sichtbar gemacht hat und jetzt in die nächste Stadt weiterzieht.
Franz Supersberger;  www.schlagloch.at

 

Anmerkungen: Über die SEIL:schaften

Mit Bergsteigern wird der Begriff Seilschaft in Verbindung gebracht, die als Gruppe einen schwierigen Berg besteigen, es müssen dies nicht Extrembergsteiger sein. Eine Seilschaft gibt gegenseitig Sicherheit und hilft den Schwächeren dabei, mitzuhalten. Wichtig ist der Umstand, dass man sich auf den Anderen verlassen kann. Die Herstellung von Hanfseilen war früher ein eigenes Gewerbe und die Seile haben in der Schifffahrt und in der Fördertechnik eine große Rolle gespielt. In vielen Bereichen wurden sie durch Stahlseile, wegen der längeren Haltbarkeit und der stärkeren Zugkraft, verdrängt. In meiner Lehrzeit bin ich öfters an einer Seilerei vorbeigekommen. Im Ausstellungsraum hatten manche Seile die Stärke eines Oberarms.

Im übertragenen Sinn spricht man, wenn sich Menschen gegenseitig im Beruf, im politischen oder öffentlichen Leben unterstützen, von einer Seilschaft. Das Wort Seilschaft kann einen guten oder einen schlechten Beigeschmack haben. Nicht herzeigenswert ist eine Seilschaft wo sich das Vorwärtskommen aus der Zugehörigkeit zu einer Vereinigung oder einer Partei gründet, und nicht die entsprechende Leistung dahintersteht. Dadurch kommt es zu Misswirtschaft und Verschwendung bei den Steuergeldern.

Ich weiß nicht ob man eine Freundschaft oder eine Lebensgemeinschaft als Seilschaft bezeichnen kann. Mit dabei ist das Risiko, dass jemand aus der Seilschaft ausbricht oder die Seilschaft aufkündigt. Gibt es eine Seilschaft welche ein ganzes Leben dauert? Gerne wird über die ewige Treue und von der ewigen Liebe gesungen. Was bedeutet Ewigkeit und wo findet sie statt? Unser Leben kann nicht als ewig bezeichnet werden. Eine ewige Seilschaft kann uns nur Gott anbieten. Diese Seilschaft gilt nicht nur für das Jetzt, sondern auch für die Ewigkeit, wenn es sie gibt. Für die Seilschaft demonstrierten die Kirchenbesucher in Völkendorf, als sie sich an einem Seil festhielten und als lange Prozession durch die Kirche und rund um den Altar wanderten. Ob diese Seilschaft über die Messfeier und das Pfarrcafé hinaus Bestand hat, wird sich bei der nächsten Prüfung, beim nächsten Grad, beim nächsten Ausrutscher erweisen. Seilerei.

Beobachtungen von Franz Supersberger.

 

Anmerkungen: ZUR:taufe

Aus dem Tagebuch von Franz S.

Die Sträucher und Bäume rund um die Kirche Völkendorf sind frisch verschneit. Schlagartig füllt sich der Parkplatz mit Autos, viele junge Menschen eilen in die Kirche. Ein Baby wird aus dem Auto gehoben, in den Kinderwagen gelegt und in die Kirche geschoben. Die Eltern unterscheiden sich von anderen Kirchenbesuchern in ihrem jugendlichen Aussehen, trendigen Frisur und Kleidung. Einer älteren Frau hilft man aus dem Auto, holt den Rollstuhl aus dem Kofferraum und fährt sie zum Gottesdienst, nahe zum Altar.
Die Taufe wird im rückwärtigen Teil der Kirche gespendet, zuerst zum Taufbecken dann zum Altar. Für das Wohlergehen der Neugetauften werden alle Heiligen der anwesenden Personen um ihren Segen angerufen. Zuletzt meldet sich ein Un-steter und ruft seinen Heiligen an: „Heiliger Jakobus, bitte für sie.“ Sein Geschenk an das Neugeborene. Neben ihm zittert sein Freund, in eine dünne Windjacke gehüllt, erbärmlich. Der Bettler, der vor Beginn der Messe vor der Kirchentür gekniet ist, hat inzwischen in einer Bank Platz genommen, um sich ein wenig aufzuwärmen. Er hat schon vor wärmeren Kirchen gebettelt. Eine Prozession bestehend aus Kindern, den Ministranten, dem Pfarrer, dem Taufkind, den Eltern, den Paten und den Angehörigen zieht durch die Kirche.

Die Raumtemperatur im Kirchenraum erwärmt nicht das Herz der Besucher, können die Worte des Pfarrers die Herzen der Menschen erwärmen? Sie erfahren vom Geheimnis, das der Engel Maria und Josef verkündet hat, von der Menschwerdung Jesu, der Gottes Sohn ist. Zur selben Zeit fahren die Menschen zum neuen Weihnachtsstern, der über dem Einkaufszentrum strahlt. Autokolonnen von Hirten sind unterwegs. Sie suchen nach Geschenken, nach dem Glück, dass sie kaufen wollen. Der „Warenstall“ ist warm und hell erleuchtet und es gibt genügend Parkplätze.

Zur Gabenbereitung bittet der Pfarrer alle Kinder und das Elternpaar mit dem Baby zum Altar. Für eine junge Mutter ein ungewöhnlicher Ort, ungewöhnliche Bewegungen, die Hände weit zu öffnen und zu schließen. Mit einem Blendamed Zahnpastalächeln lässt sich die Situation gut meistern. Von den nahen Weihnachten kündet der Adventkranz, darunter Josef und Maria mit ihrem Esel auf dem Weg nach Bethlehem. Die Geburt Christi vollzog sich damals unbemerkt von den Menschen, die derweil mit dem Handy telefonierten, während im Stall ein Wunder passierte.

In Wohlgefallen erhebt man sich zum Schlusssegen, man freut sich schon auf das Pfarrcafé, auf ein Stück Kuchen und Kaffee. Der Ischiasnerv wird sich in der Wärme wieder beruhigen. Nach dem Auszug des Pfarrers und der Ministranten bleibt die Mutter mit dem Baby noch in der Kirchenbank sitzen und stillt das Baby. Die Sonne scheint durch die Glasfenster.

Dezember 2010 www.schlagloch.at

 

HEIMAT:leben
Auszug aus dem Tagebuch von Franz S.

Zum Notieren der ersten Gedanken vom soeben gehörten Vortrag „Heimat und Leben“ von Prof. Klaus Ottomeyer, setze ich mich auf eine sonnige Bank am Jesenfeldrain. Der Vortrag wurde heute, am 10.10.2010, im Rahmen des „Kritischen Oktober 2010“ in der Pfarrkirche Völkendorf gehalten. Aus Anlass der Volksabstimmung wird das Wort „Heimat“ in diesen Tagen in Kärnten oft zitiert. Ist Heimat ein geografischer, ein politischer, ein spiritueller oder ein gesellschaftlicher Begriff? Meint die junge Generation in Zeiten des Internet mit Heimat die eigene Webseite auf Facebook. Welche Art von Heimat kann ich von der Bank aus sehen: Zu meiner Rechten den Mittagskogel, die Karawanken: „Dort wo man mit Blut die Grenze schrieb“, wie es im Kärntnerheimatlied heißt. Mein Blick in die Ferne erfasst die Kirche von Sternberg, äußeres Zeichen für eine spirituelle Heimstätte. Drehe ich den Kopf nach links, die Burgruine Landskron, Heimat wie es die Adeligen verstanden haben. Einen Augenaufschlag v on mir entfernt das Einkaufszentrum Atrio und das XXL Möbelhaus, die neue Heimstätte für den konsum- und spaßorientierten Menschen. Daran führt die Villacherstraße vorbei, auf der immer Menschen unterwegs sind, der mobile Mensch, der immer in Bewegung ist und nirgendwo ankommen will. Er ist auf der Suche, im Grunde aber nicht weiß nach was er sucht. Der Radius hat sich auf die Datenautobahn ausgeweitet, man ist international unterwegs und hofft, je größer das Einzugsgebiet, umso leichter fündig zu werden.

Was hat uns Kirchenbesucher Prof. Ottomeyer zum Begriff „Heimat“ sagen können: Den Ausdruck „Heimat“, wie wir ihn heute verwenden, gibt es etwa seit 150 Jahren. Er war eine Folge der gesellschaftlichen Veränderungen, viele Menschen sind mit dem Fortschreiten der Industrialisierung vom Land in die Städte gezogen, sie haben sozusagen ihr Heimattal verlassen müssen. Durch Kriege ist es zu Vertreibungen und Umsiedlungen von ganzen Bevölkerungsgruppen gekommen. Es entsteht eine Kultur der Heimatlieder und –romane, später der Heimatfilme. Mit dem Aufkommen des Tourismus zeigt man den Gästen ein folkloristisches Heimatbild, und tut sich anderseits schwer mit Migranten seine Heimat zu teilen.

Wie kann der Einzelne seine ideale Heimat finden und trotzdem offen sein für Andere? Der Professor meinte, dass man sich lösen sollte von kollektiven, nationalen Heimatbegriffen. Für sich selbst einen Heimatort schaffen, in kleinen Zellen, in der Familie, in Verbindungen zu Freunden und Arbeitskollegen. Pfarrer Deibler ließ einen Kübel Gartenerde durch die Kirchenbänke reichen, die Erde die uns täglich trägt. Für ihn ist der Glaube an Gott der Urboden, die spirituelle Heimaterde, die uns trägt, unabhängig von geografischen Gegebenheiten.

Bei mir lösen die Gedanken zur Heimat Unruhe aus, weil ich in den nächsten Monaten vieles was für mich Heimat war, auflösen werde. Ein Großteil dessen, was zu meinem Leben gehört, der Betrieb, die Kunden, der Ort am Fuße des Dobratsch wird der Vergangenheit angehören. Es stimmt, dass wir Heimat oft zu lokal sehen, aber für mich aus bäuerlichen Verhältnissen hat das Wort Heimat auch eine emotionale Bedeutung. Die Hoffnungen für eine neue Heimat liegen in der Sprachwerkstatt, in der Beziehung und im Glauben.

 

Anmerkungen: VERRÜCKTHEIT

Auf einem Maskenball oder bei einem Faschingsumzug schaffen es viele eine andere Identität anzunehmen, eine andere Rolle zu besetzen oder wie gerne gesagt wird, sie schlüpfen in eine andere Haut. Manchmal wäre es besser man könnte aus der Haut fahren. Man ist beim Faschingstreiben außer sich, man ist maskiert und geschminkt, verrückt. Wie viele verschiedene Leben haben wir auf Erden. In welche Rollen können wir schlüpfen und wie viele Rollen verträgt unsere Psyche, dabei sind nicht Theaterrollen gemeint. Da gibt es die Rolle des braven Ehemannes und strengen Abteilungsleiters, auf der anderen Seite ist er der verschwenderische Unterhalter in einer Bar. Der korrekte Bankdirektor und zu hause zur Erniedrigungen neigende Ehepartner. In der Literatur gibt es die klassischen Rollenspiele, tagsüber der mitleidende Mensch der nachts zum Lustmörder wird.

Ist es verrückt, wenn bei der rockigen Faschingsmesse in der Kirche der heiligen Dreifaltigkeit in Völkendorf in der Predigt der Versuch unternommen wurde, die Auferstehung als eine Verrücktheit des Lebens zu bezeichnen. Es wird verlangt an etwas zu glauben, was nicht zu unserer Normalität gehört, außerhalb unserer Erfahrungen steht. Die „Dreifaltigkeit“, drei Personen in einer Person vereint kann als Verrücktheit bezeichnet werden. Fasching und Ostern haben vieles gemeinsam. Nehmen die Kirchenbesucher maskiert an der heiligen Messe teil, so wird die Verrücktheit die dem Glauben innewohnt, auch äußerlich dokumentiert. Auf einem Hut findet sich der Bericht von der Eröffnung der olympischen Spiele in Vancouver. Dort findet der irre Kampf um Medaillen statt, dabei wird mit Tausendstelsekunden gemessen, eine Bewegung, die mit dem menschlichen Auge nicht mehr wahrnehmbar ist. Niemand leistet gegen diese Verrücktheit, der Leistungsbemessung, Widerstand. Vieles was uns im Alltag bewegt, bewegt sich im Bereich des Närrischen. Im Evangelium nach Lukas, am sechsten Sonntag im Kirchenjahr, heißt es: Selig, die ihr jetzt hungert, denn ihr werdet satt werden. Selig, die ihr jetzt weint, denn ihr werdet lachen. Die Normalität wird auf den Kopf gestellt.

Aus dem Tagebuch, 14.2.2010, von Franz S.

 

HIMMEL:fahrt

Am Christi Himmelfahrtstag rufen die Glocken der Pfarrkirche von Völkendorf mehrmals zur Heiligen Messe. Wer hört diese Rufe? Viele sind beim Frühstück, planen den heutigen Feiertag, sind bereits in den Urlaub unterwegs, fahren oder fliegen dorthin. Erheben sich in den Himmel, wie einst Jesus, dieser ohne technische Hilfsmittel. Noch heute schauen viele Menschen, vor allem Ältere und Jüngere den Flugzeugen am Himmel nach, den Kondensstreifen, bis sie verblassen.

Mit unterschiedlichen Erwartungen hat sich eine Schar von Gläubigen in der Dreifaltigkeitskirche versammelt, um einer Uraufführung beizuwohnen. Es wird keinem Brauch gehuldigt, keine Volksfrömmigkeit, hier ist fast jeder ein individueller Gläubiger, der sich aus persönlichen Gründen für das Christentum interessiert. Links vom Altar sind verschiedene Schlagzeuginstrumente für die Percussion aufgebaut. Die Elektrogitarren lassen auf eine Rhythmische Messe schließen. Der Kärntner Komponist Primus Sitter hat einen Kompositionsauftrag für Christi Himmelfahrt erhalten. In meiner Erinnerung sehe ich, wie in der Kirche St. Paul ob Ferndorf die Christusstatue in die Höhe schwebt und im Dachboden der Kirche verschwindet. Schaue ich hier in die Höhe, dann sehe ich das Sonnenlicht auf das Mosaik von der Dreifaltigkeit scheinen.

Beim Einzug des Pfarrers mischt sich zwischen die Klänge des Eingangsliedes von einer Audiokassette das Glockengeläut von Völkendorf. Jeder, der dem Ruf der Glocken gefolgt ist, wird noch einmal eingeladen sich auf die Messfeier einzulassen, auf die Musik von Gitarre, Elektrobass und Schlagzeug. Pfarrer Deibler begrüßt die Kirchenbesucher, verweist auf die Lifesituation der musikalischen Darbietung, sie ist nicht wiederholbar. Viele Judendorfer und Völkendorfer werden dies versäumen. Nah dabei sind drei bedürftige Männer, einer mit Steireranzug und einem Hut mit vielen Abzeichen, die sich in die erste Bank setzten.

Zum Gloria rufen die Töne des Didgeridoo und die Kirchenbesucher stimmen mit ein. Zwischen der Ersten und der Zweiten Lesung wird rhythmische Musik, dazwischen akustisch verfremdete Aufnahmen aus früheren Messfeiern von Völkendorf, gespielt. Wir hören unsere Vergangenheit, wir bekommen einen Spiegel vorgehalten. Die Musik wird verstärkt von Zugsignalen und Vogelstimmen.

Im Evangelium steht, wie Jesus seine Jünger darauf aufmerksam macht, dass jetzt für sie die Zeit gekommen ist, in die Welt hinauszugehen, um seine Botschaft zu verkündigen. Er wird zu seinem Vater in den Himmel zurückkehren. Pfarrer Deibler macht in seiner Predigt darauf aufmerksam, dass die Meisten zeit ihres Lebens in einem Karussell auf einem Pferd sitzen und sich im Kreis drehen. Der einzige Fortschritt besteht darin, dass manche auf ein schnelleres Pferd wechseln und sich das Lebenskarussell schneller dreht. Es ist immer derselbe Jahrmarkt, dasselbe Umfeld, der Kreisverkehr der Provinz. Wer vom Pferd heruntersteigt, dem kann ganz schön schwindlig werden, es dreht sich alles weiter und viele wählen den Weg zurück auf das Pferd. Wenige verlassen den Jahrmarkt der Provinz und gehen hinaus in eine offene, neue Welt.

Vor der Wandlung beginnt die Musik mit feinen Tönen, dazwischen die zarten Klingeltöne der Ministrantenschellen. Das Aufbrausen des Geistes, der gegen den Himmel fährt. Das wiederholte Klingeln läutet unsere Wandlung ein, untermalt von meditativen Tönen. Die Musik bereitet uns darauf vor, gibt uns die Gelegenheit unsere Gedanken zu verwandeln. Der Mittelpunkt der Messe.

Die Melodien zur Kommunion führen uns hinaus aus dem Karussell, zu den Vogelstimmen, zum Rauschen der Drau, diese sind außerhalb der Stadt zu hören.

Ein Zug fährt durch.

Aus dem Tagebuch von Franz S. (21. Mai 2009)EINTRAG FÜR DAS GÄSTEBUCH