Pfarre

Klagenfurt-Dom

BOKEH - UNSCHÄRFE

Die Installation zur "Kunst im Dom" 2021

Die in Wien lebenden Künstler Markus Hanakam und Roswitha Schuller (eine gebürtige Kärntnerin) arbeiten schon seit längerer Zeit daran, die Regelwerke der bildenden Kunst umzubauen. Für die Kunst im Dom 2021 greifen sie auf ein aus der Optik bekanntes Phänomen der Unschärfe zurück, das im Japanischen mit dem Begriff „Bokeh“ bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um eine „Erfindung“ der optischen Linsen, da die unscharfen Bereiche wie ineinander verschwimmende Kreise oder Ringe dargestellt werden. Dieses Phänomen der Unschärfe haben die beiden Künstler im Klagenfurter Dom angewandt und die unscharfen Bereiche mittels einer doppelten Umwandlung ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Zunächst haben sie die pastellfarbenen Töne des Bokeh auf ein Maximum gesättigt, so dass grelle Farbkompositionen entstehen. Gleichzeitig haben sie die verschwommenen Konturen geschärft. Auf diese Weise wurde das, was auf einem Foto gewöhnlich den Randbereich oder den Hintergrund bildet, ins Zentrum gerückt.

Das Unscharfe fokussieren

Die kirchliche Fastenzeit, mit dem Programm der Reduktion und der Neuorientierung des Lebens, wird durch die Installation im Sakralraum neu interpretiert. Jene Bereiche, die im persönlichen Leben wie unscharf und mit geringer Farbsättigung wahrgenommen werden, kommen ins Zentrum. Dazu gehören die eigenen Lebens- und Glaubenshaltungen. Sie bilden die meist nur unscharf wahrgenommene Grundlage bzw. das Erklärungsmuster des eigenen Verhaltens. Das Phänomen der Unschärfe betrifft aber auch die Wirkung einer Person auf ihre Umwelt, weil das Subjekt die eigene Intentionalität nur allzu rasch mit der Fremdwahrnehmung identifiziert.

Verfremdungswirkung

Die Kunst im Dom 2021 will den Fokus auf die unscharfen Bereiche der Existenz richten. Das betrachtende Auge wird zunächst irritiert sein, weil vertraute Sehgewohnheiten durchbrochen werden. Das gilt sowohl für den Blick in das Presbyterium der Domkirche wie in das Innere der eigenen Persönlichkeit.

Das optische Phänomen der Unschärfe wird in eine verstörende Form hinein verfremdet und spiegelt so das moralische Problem der wirklichkeitsverzerrenden Selbstwahrnehmung wider. Der persönliche und höchst intime Prozess dessen, was in der spirituellen Tradition als Gewissenserforschung bezeichnet wird, kommt mit der Kunstinstallation im Dom in einen entprivatisierten Öffentlichkeitsraum. Die Fokussierung der Unschärfe im sakralen Umfeld kann Anleitung und Anstoß für einen persönlichen Prozess sein, der liturgisch Vorbereitung auf das Osterfest genannt wird.

Videobeitrag zur KUNST IM DOM 2021

https://youtu.be/rEmMudOGfOw