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Wenn aus der guten Hoffnung Trauer wird – Leitfaden für die ersten zwölf Schwangerschaftswochen

Wenn aus der guten Hoffnung Trauer wird (© Foto: pixabay)
Wenn aus der guten Hoffnung Trauer wird (© Foto: pixabay)

Traurigerweise endet nicht jede Schwangerschaft in einem glücklichen „happy end“ in einer Geburt mit dem heißersehnten ersten Schrei. Es passiert in den ersten Schwangerschaftswochen oft, dass sich die gute Hoffnung leider wieder verabschiedet und eine leere Wiege und ein schmerzerfülltes Herz zurück lässt.

Manchmal geschieht dies mit plötzlich einsetzenden Blutungen und Schmerzen und manchmal ganz unbemerkt, indem sich das Baby in den ersten 12 Schwangerschaftswochen nicht mehr weiterentwickelt und das Herz gar nicht erst zu schlagen beginnt bzw. zu schlagen aufhört, ohne dass sich andere Symptome zeigen. Dies nennen ÄrztInnen in ihrer Sprache „missed abortion“, eine sogenannte „verhaltene Fehlgeburt“. Sie wird oft erst bei der nächsten routinemäßigen Ultraschalluntersuchung bemerkt.

Nach der Diagnosestellung beginnt sich das Behandlungskarussel zu drehen und es kommen plötzlich Hektik und Eile auf. Dabei gibt es im Grunde gar keinen Anlass zur Eile. Es ist wichtig, dass keine Entscheidungen im Schock getroffen werden! Es ist gut sich ausreichend Zeit zu nehmen, um alle anstehenden Entscheidungen genau zu überdenken: „Was brauche ICH um mit dieser Situation zurecht zu kommen?“

In dieser Situation haben Sie als Frau immer mehrere Möglichkeiten. Optimal ist es, wenn Sie alle Möglichkeiten von Ihren behandelnden ÄrztInnen wertfrei vorgestellt werden und Ihnen ausreichend Zeit für eine Entscheidungsfindung überlassen wird. Erfolgte bei der Diagnose keine umfassende Aufklärung und Sie bekommen Zweifel, dass der vorgezeichnete Weg ev. nicht der Richtige für Sie und Ihre Familie sei, so ist es empfehlenswert, eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen oder Sie wenden sich an eine Hebamme. In Kärnten finden Sie alle Hebammen unter folgendem Link http://kaernten.hebammen.at/

Wenn Sie sich selbst in dieser Situation befinden sollten, so hören Sie in sich hinein was Sie im Augenblick am meisten benötigen, um mit dieser Situation zurecht zu kommen. Wenn Sie ZEIT benötigen, so nehmen Sie sich diese. Es besteht kein Anlass zur Eile. Sie haben im Grunde drei Möglichkeiten, die Sie mit Ihrer Hebamme bzw. Ihrer behandelnden Ärztin/Ihrem behandelnden Arzt abwägen können. Wenn es eine Ihnen nahestehende Person betrifft, so drängen Sie sie nicht zu einer der drei Möglichkeiten, sondern ermutigen Sie sie, dass sie selbstbestimmt ihre eigene Wahl trifft.

Folgende Möglichkeiten gibt es:

  • Abwarten: Sie können ganz einfach abwarten und sich selbst die Zeit geben bis ihr Körper sich selbstständig von der Schwangerschaft verabschiedet. Das HCG sinkt und irgendwann, das kann noch Tage bzw. Wochen dauern, wird die „kleine Geburt“ von alleine in Gang gesetzt. In dieser Zeit bemerken Sie die allmählichen Veränderungen im Körper, der Schwangerschaftshormonspiegel sinkt langsam ab, die Schwangerschaftsanzeichen ziehen sich langsam aber stetig zurück. Die Warteizeit ermöglicht es Ihnen sich aktiv mit der Verabschiedung der Schwangerschaft, des Babys in Ihrem Bauch, der gemeinsamen Zukunft, auseinanderzusetzen.

Frauen die diesen Weg gewählt haben berichten, dass sie in der Wartezeit beispielsweise Briefe an ihr Baby geschrieben, oder einen Erinnerungsstein, eine Erinnerungskerze gestaltet haben, dass die Wartezeit ihnen geholfen hat ihren eigenen Trauerweg zu finden.Die kleine Geburt verläuftmeistens ohne besondere medizinische Komplikationen. Eine Nachkontrolle per Ultraschall ist unerlässlich!

  • Medikamentöse Einleitung: Die kleine Geburt kann auch medikamentös mit lokalen Prostanglandinen in Gang gebracht werden. Dies kommt vor allem dann in Frage, wenn Sie vermeiden wollen, dass sich der Prozess besonders lange hinzieht und Sie den Wunsch haben, dass die kleine Geburt in absehbarer Zeit stattfindet. Die Prostanglandingabe geschieht stationär und manchmal sind mehrmalige Verabreichungen notwendig. Bis zum Beginn der kleinen Geburt können Stunden, aber auch ein paar wenige Tage vergehen. In der Wartezeit können Sie ebenso über persönliche Rituale nachdenken, die Ihnen beim Realisieren und Verarbeiten des Geschehenen helfen werden. Nachdem das Baby ihren Körper verlassen hat wird ebenso per Ultraschall nachkontrolliert. Danach können Sie nach Hause gehen.
  • Kürretage: Diese wird den Frauen am häufigsten angeraten und erfolgt unter Vollnarkose im OP. Für sie sprechen die Planbarkeit und die zeitliche Effizienz. Sie dürfen meistens einige Stunden nach dem Eingriff nach Hause gehen. Es gibt Erfahrungsberichte von Frauen nach der Kürretage, in denen sie beschreiben, dass ihnen der „aktive Verabschiedungspart“ fehlt „…ich wachte aus der Narkose auf und der Bauch war leer“.

Ganz egal wie Sie sich entscheiden, Sie müssen Ihre Entscheidung nicht nach außen rechtfertigen und begründen, sie muss sich für Sie richtig anfühlen! Erkundigen Sie sich in Ihrer behandelnden Klinik nach den Möglichkeiten einer Sammelbestattung. In vielen Kliniken wird auch in den frühen Schwangerschaftswochen die Möglichkeit einer würdevollen Verabschiedung und Bestattung angeboten! Wir helfen Ihnen gerne in der Zeit davor, während und nach Ihrer kleinen Geburt bei Fragen weiter, oder hören Ihnen ganz einfach zu.