Organisation

Internetredaktion der Diözese Gurk

Pastoraler Blickwechsel auf kirchenferne Milieus

Die Pastoraltage 2014 im Stift St. Georgen am Längsee beschäftigten sich mit Ergebnissen der Sinus-Milieu-Studie

Bischofsvikar Dr. Peter Allmaier, Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz und Pastoraltheologe Dr. Thomas Kläden. (v.l.n.r) (© Foto: Karl-Heinz Kronawetter / Internetredaktion)
Bischofsvikar Dr. Peter Allmaier, Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz und Pastoraltheologe Dr. Thomas Kläden. (v.l.n.r) (© Foto: Karl-Heinz Kronawetter / Internetredaktion)

Den Glauben auch in den kirchenfernen Milieus zu entdecken, war die generelle Zielsetzung der diesjährigen Pastoraltage der Diözese Gurk, die am 1. und 2. September 2014 im Bildungshaus Stift St. Georgen stattfanden. Zirka 100 pastorale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus den Kärntner Pfarren und dem Bischöflichen Seelsorgeamt, Priester und Laien, haben sich am Beginn des Arbeitsjahres getroffen, um gemeinsam ihre Sensibilität für unterschiedliche oft kirchenferne gesellschaftliche Milieus zu schärfen und daraus für ihre pastorale Arbeit zu lernen.

Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz appellierte in seinem Eröffnungsstatement an die Tagungsteilnehmer, dass sie sich auf die unterschiedlichen Lebenswelten der Mitmenschen verstärkt einlassen mögen. Im Konkreten können die pastoralen Konsequenzen, die daraus zu ziehen sind, so Bischof Schwarz, dann schon von Tal zu Tal sehr unterschiedlich ausfallen. „In den einzelnen Tälern gibt es bei den Gläubigen unterschiedliche Gottesvorstellungen. Wie die Menschen auf Gott zugehen und wie sie mit Gott sprechen, das ist im Jauntal anders als im Mölltal“, stellte der Bischof fest. Zudem haben wir in Kärnten auch bei den Priestern, die aus unterschiedlichen Ländern hierher gekommen sind, um Seelsorge zu machen, „unterschiedliche Milieus, an Herkunft, Denkweise und Vorstellung, wie Priestersein heute gelebt werden kann“, gab Bischof Schwarz zu bedenken und folgerte daraus: „So brauchen wir „eine milieusensible Seelsorge von den Gläubigen zu den Priestern hin und umgekehrt auch eine milieusensible Seelsorge von den Verantwortungträgern in der Pastoral hin zu den Menschen, die in unserer Diözese leben.“ In diesem herausfordernden Geflecht von Beziehungen ist es notwendig, „den Menschen nahe zu sein, Nähe und Distanz zu den Menschen auszuloten, mit ihnen zu leben. Und dazwischen soll dann Gott erfahrbar werden“, so der Bischof.
Es gelte, die Herzen zu öffnen, nicht bloß die Augen, sagte Bischof Schwarz und betonte, dass Seelsorge erst dann in Gang gebracht werde, wenn wir den Menschen im pastoralen Bemühen auch auf der Ebene der Emotionen und Stimmungen nahe kommen. Und es wird die pastoralen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen selbst verändern, wenn sie sich auf die Menschen in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Milieus einlassen. „Wer einem Fremden seine Heimat zeigt, entdeckt selbst Neues an der Heimat“, variierte Bischof Schwarz abschließend ein Zitat des Kirchenlehrers Augustinus. Und auch diese Pastoraltagung solle dabei helfen, „die Heimat unseres Glaubens neu wahrzunehmen“.

Dr. Anna Hennersperger, die neue Direktorin des Bischöflichen Seelsorgeamtes, nutzte diese Tagung, um mit vielen pastoralen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen persönlich ins Gespräch zu kommen. Sie freue sich sehr, gemeinsam mit ihnen „die pastoralen Äcker zu hegen und zu bepflanzen, damit das Evangelium weiten Raum gewinnt“, sagte sie in ihrem Grußwort.

Die Fachreferate der zweitägigen Tagung steuerten der Klagenfurter Dompfarrer Bischofsvikar Dr. Peter Allmaier und der deutsche Pastoraltheologe Dr. Thomas Kläden bei. Nach einer längeren Expedition durch alle zehn Lebenswelten der sog. Sinus-Milieu-Studie (wie z. B. durch jene der Traditionalisten, der bürgerlichen Mitte oder der sog. Hedonisten) wurden auch Praxisbeispiele vorgestellt die zeigen, wie sozialwissenschaftliche Forschungsergebnisse in die konkrete kirchliche Arbeit einfließen können. So sollen etwa in den unterschiedlichen Pfarren einer Stadt schwerpunktmäßig spezielle Milieus in den Blick pastoraler Aktivitäten genommen werden. Auch die Gestaltung der Gottesdienste hängt stark davon ab, welche Menschen in welchen Lebenswelten erreicht werden sollen. Und Ergebnisse der Milieustudie können auch bei der Gestaltung kirchlicher Räume wertvolle Entscheidungsgrundlagen sein.

Einen besonderen Akzent setzte Dompfarrer Allmaier mit einer in lockerer Atmosphäre geführten Gesprächsrunde, in der drei „typische“ Vertreter sehr unterschiedlicher Gesellschaftsmilieus (ein Kellner, eine selbstständige Musikveranstalterin und ein Notar - allesamt in der Klagenfurter Dompfarre beheimatet) über ihre Vorstellungen von Freiheit, Sicherheit, Besitz und Kirche befragt wurden. Hier wurde dann anschaulich sichtbar, wie weit Vorstellungen und Wünsche auseinander gehen können und in welch unterschiedliche Milieus die Botschaft des Evangeliums hinein verkündet wird.

Am zweiten Tag versuchte Allmaier zu zeigen, dass es in allen Milieus gläubige Menschen gibt, und dass die pastoralen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Menschen der unterschiedlichen Milieus viel lernen können. Er sprach dabei von einem notwendigen Perspektivenwechsel in der Pastoral. Wir dürfen nämlich nicht nur fragen, wie erreiche ich die unterschiedlichen Milieus, sondern auch: welche Botschaft lässt sich in diesen Lebenswelten für uns finden. Und Thomas Kläden sagte in seinem Abschlusswort: „Milieuforschung kann motivieren, nahe bei den Menschen zu sein.“ (KHK)