Sinn ist wichtiger als Glück
Geistlicher Impuls zum 3. Fastensonntag von Stadtpfarrer Christoph Kranicki

Eine namenlose Frau. Noch dazu – aus Samarien. Schon das ist Grund genug, um mit ihr nicht zu sprechen. Seit Jahren trug sie „die leeren Gefäße gescheiterter Liebschaften“ (Papst Franziskus). Aber Jesus lässt sich von solchen Vorgeschichten nicht gefangen nehmen. Der Neubeginn ist bei ihm immer möglich. Er ist die Liebe, die alle Grenzen überwindet.
Diese Überwindung von Grenzen ist aber nicht sein Ziel als solches. „Schau, wie cool, wie progressiv, wie offen ich bin“ – könnte er sagen. Nein. Das ist nicht sein Ziel. Er schenkt der Samariterin keine billige Vertröstung oder kurzfristige Abwechslung. Jesus geht weiter. Seine Liebe überwindet Barrieren, um den Menschen berührbarer für seine Botschaft zu machen. Berührbarer für die Begegnung mit ihm, die das Leben verwandelt. Er tritt mit ihr in Dialog, weil er sieht, dass sie nach Jahren der spirituellen Dürre eine geistige Nahrung braucht. Ihr Herz ist ausgetrocknet wie eine Wüste. Er sieht schon jetzt ihr Leben in ganzer Fülle, aufblühend. Er führt sie zur Erkenntnis, dass das Leben eines Menschen viel mehr als nur das Sichtbare braucht. Es braucht vor allem ihn – ihn als Quelle – um den existenziellen Durst zu stillen. Er zeigt ihr den Weg von der Oberfläche bis in die Tiefe des Herzens. Der Sinn des Lebens ist wichtiger als das Glück.
- Welche Sehnsüchte trage ich in meinem Herzen? Welche von diesen ist die größte?
- Wo suche ich Erfüllung im Leben?
- Wann wurde ich das letzte Mal von meinen Freunden oder Bekannten berührbarer für Gott gemacht?
- Werte ich das Glück höher als den Sinn?
Jesus zeigt uns, dass seine Liebe viel mehr verlangt, als nur Beliebtheit zu gewinnen. Das ist die Versuchung – unter dem Mantel der Liebe volle Aufmerksamkeit zu gewinnen, die aber nur mich selbst zum Mittelpunkt macht und nicht zu Jesus führt.
Barrieren und Grenzen zu überwinden ist wie die Tür weit zu öffnen und alle einzuladen hineinzugehen, aber nicht, um sich selbst zu zelebrieren, sondern um noch einen Schritt weiterzugehen: Um zu Gott zu führen, eine Begegnung mit ihm zu ermöglichen – mit der Quelle und dem Sinn unseres Lebens. Diener seiner Liebe öffnen die Tür, lassen alle Durstigen und geistig Obdachlosen ein, bleiben selbst aber draußen und geben so den ganzen Raum Gott. Er wirkt. Er heilt. Er verwandelt.
Jesus sagt auch heute:
Ich bin die Quelle.
Ich bin dein Retter.
Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Du brauchst nicht mehr zu suchen.
Ich werde deinen Herzensdurst stillen.
Ich bin die Erfüllung all deiner Sehnsüchte.
Ich bin die Antwort auf alle deine Fragen.
Vertraue nur!

Dr. Christoph Kranicki ist Stadtpfarrer in Wolfsberg und Provisor der Pfarre St. Margareten bei Wolfsberg.