Pfarre

Wolfsberg

Herr, regiere du in mir!

Predigt zum Christkönigssonntag 2020

In Christo geliebte Schwestern und Brüder!

Sind wir bereit für die Botschaft des heutigen Sonntags? Theoretisch ja. Hinter uns liegt das ganze Kirchenjahr - mit der vielfältigen Palette seiner freudenreichen, lichtreichen, schmerzhaften und glorreichen Gehemnisse unseres Glaubens. Heute ist der letzte Sonntag des Kirchenjahres. Und doch, einige Menschen verbinden nach wie vor den Christus-König mit einem völlig überheblichen (überzogenen) Gottesbild, wo Begriffe, wie „Herrschaft“, „Thron“, „Macht“ zur Einengung oder sogar Frustration führen können. Sind wir also bereit, umzudenken, die Perspektive zu wechseln und anzunehmen, was dieses Bild von unserem Gott tatsächlich erzählt?

Selbst die Evangelien, die für dieses Hochfest im Lesejahr A, B und C vorgesehen sind, zeigen die Breite dieser Begegnung mit Jesus Christus, als dem König:

  • Im Lesejahr B ist vom Gespräch mit Pilatus die Rede, in dem man hört: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18,36). Existiert also etwas mehr, als nur das, was man sieht? Welcher König ist er?
  • Im Lesejahr C hören wir vom Gespräch Jesu mit den Beiden, die mit ihm gekreuzigt werden, und das Versprechen von ihm: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein. (Lk 23,43)“ Wie regiert er eigentlich?
  • Und heute - im Lesejahr A - zeigt dieses Gottesbild noch eine andere Facette: „Die wahre Macht ist der Dienst“, wie schon Papst Franziskus mehrmals betonte. Ist er also gar kein König?

Ja, liebe Schwestern und Brüder, es geht nicht um eine Wirklichkeit im irdischen Sinne, die auf menschlichen Kalkulationen basiert. Es geht um unser Herz - das Herz, das als ein Ort für die Gottesherrschaft erschaffen wurde. In einem Lied heißt es: „Mein größter Wunsch, das, was ich begier, ist - Herr, regiere du in mir!“ Leicht gesagt, aber wollen wir das? In wie vielen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens wollen wir Herrscher sein, die entscheiden, ohne Gott zu fragen. Zeigt uns aber nicht wiederum die jetzige Lage, dass das schönste Angebot für ein erfülltes Leben genau der Wunsch ist: „Regiere du in mir, Jesus!“?

Ein kleiner Virus ermöglicht uns große Taten. Statt in der Pandemie Angst und Verzweiflung zu leben, sind wir berufen, Hoffnung zu geben - eine Pandemie der Liebe und der Barmherzigkeit zu verbreiten. Und diese Herrschaft der Liebe ist möglich, wenn unsere Herzen ganz IHM, ganz ungeteilt IHM, einzig und allein IHM gehören. Verschiedene Heilige haben uns auf unterschiedliche Art und Weise dazu ermutigt:

  • Der hl. Johannes von Kreuz, wenn er sagte: „Am Abend des Lebens wirst du nach der Liebe gefragt.“;
  • Die hl. Theresia, wenn sie sagte: „Sie können kein Halb-Heiliger sein. Entweder sind sie ein ganzer oder gar keiner.“;
  • Und nicht zuletzt, der selige Carlo Acutis, wenn er sagt: „Geld ist nur Altpapier. Was im Leben zählt ist der Adel des Geistes, das heißt die Art und Weise, wie man Gott liebt und wie man den Nächsten liebt.“

Ja, liebe Schwestern und Brüder, all diesen Heiligen und vielen anderen ging es im Grunde genommen um eines: Um die Herrschaft Jesu in unseren Herzen! Als Ehefrau oder Ehemann, als Witwe oder als ein Lediger, Handwerkarbeiter, Gastronom, Rechtsanwalt oder Sportler - jeder ist dazu erschaffen, glücklich zu sein, aber das wahre Glück finden wir nur, wenn unser Herz Gott gehört und in diesem Herzen seine unvergängliche Herrschaft regiert. „Jesus, regiere in mir! Dein Reich komme! Dein, nicht mein Wille geschehe!“ - Liegt in diesen einfachen Worten eine besondere Kraft?

Richard Egenter veröffentlichte 1950 ein Buch „Kitsch und Christenleben“. Er sieht im Kitsch eine ethische Fehlhaltung. Er bezeichnet ihn als Lüge, die ohne Ehrfurcht, schamlos und träge einer minderwertigen Genusssucht Raum gibt. Er entdeckt den Kitsch nicht nur im Heiligenbild und im Kruzifix, sondern auch im religiösen Lied, in der Predigt, im Beichtgespräch, bei der Spendung der Sakramente. Ihm geht es um den musikalischen, sprachlichen, ästhetischen Kitsch, der in die Feier der Liturgie vordringt. Aber ergänzend könnte man auch heute sagen, wenn wir das Jesus-König-Bild betrachten, dass auch die Liebe kitschig sein kann, wenn sie keine Hingabe und Kommunikation von „Herz zu Herz“ ist. Auch der Glaube, der nicht ehrlich ist, der nur oberflächlich, ohne etwas zu riskieren, gelebt wird, kann auch kitschig sein.

Liebe Schwestern und Brüder!

Jesus Christus ist unser König. Seine Herrschaft regiert im Herzen jedes einzelnen von uns. Es geht um die Echtheit unserer Liebe zu ihm. Um den Adel des Geistes. Möge das Gebet des hl. Ignatius von Loyola uns aufs Neue ermutigen, glaubwürdig als Gläubige und in Gott verliebte Christen zu leben:

„Nimm hin, o Herr, meine ganze Freiheit. Nimm an mein Gedächtnis, meinen Verstand, meinen ganzen Willen. Was ich habe und besitze, hast du mir geschenkt. Ich gebe es dir wieder ganz und gar zurück und überlasse alles dir, dass du es lenkst nach deinem Willen. Nur deine Liebe schenke mir mit deiner Gnade. Dann bin ich reich genug und suche nichts weiter.“

Christoph Kranicki

Wolfsberg, 21. November 2020