Pfarre

Spittal an der Drau

Taufe des Herrn

Geistlicher Impuls von Stadtpfarrer Mag. Ernst Windbichler

Als die Juden in Dänemark gezwungen wurden, den Judenstern zu tragen, da hat sich der dänische König Christian X. selber den Judenstern angeheftet. So war er ein leuchtendes Beispiel in dunkler Zeit. Oder als zur Zeit der römischen Christenverfolgung in Lorch an der Enns 40 Männer gefangengenommen wurden, die nicht den römischen Kaiser anbeten wollten, da eilte ein Beamter namens Florian herbei um bei ihnen zu sein, obwohl er mit dem Tod rechnen musste. So ist es auch gekommen, Florian und seine Gefährten wurden in der Enns ertränkt, sein Beispiel aber lebt heute noch weiter, das leuchtende Beispiel des Heiligen Florian in dunkler Zeit. Und so könnte man noch viele wunderbare Zeichen von Solidarität und Mitgefühl aufzählen, die sich aber letztlich zurückführen lassen auf das Beispiel Jesu, das er uns heute gibt: er, der Sündenlose, der Gottessohn selbst, stellt sich hinein in die Reihe der Sünder wie in eine Warteschlange vor einem Beichtstuhl und lässt sich von Johannes mit Wasser taufen als Zeichen der Buße und Umkehr. So will er sich solidarisch zeigen mit der ganzen sündigen Menschheit, will sich nicht vornehm heraushalten, uns nicht von oben herab gnädig sein, sondern auf unserer Stufe stehen und Schulter an Schulter mit uns mitgehen.

Es ist dies alles nur die Fortsetzung dessen, was wir diese Weihnachtstage über bis hin zum Dreikönigstag gefeiert haben: dass Gott sich nicht als Mensch verkleidet hat, dass er nicht nur so tut als ob, sondern dass er wirklich mit Haut und Haaren von klein auf einer von uns geworden ist. Nicht mit den Zehenspitzen ist er eingetaucht in den Sündenfluss der Menschheit und hat ihn für zu kalt befunden, nicht mit den Fingerspitzen hat er die Temperatur geprüft, sondern ganz und gar untergetaucht ist er darin.

Seitdem nennen wir ihn zu Recht "das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt". Noch einmal erscheint hier Gottes Größe und Herrlichkeit, die diesmal allerdings nicht sichtbar gemacht wird durch drei Könige aus dem Morgenland, die dem göttlichen Kinde huldigen, sondern durch die Stimme aus dem Himmel: „Du bist mein geliebter Sohn, dich habe ich auserwählt“. Der Hl. Geist, so heißt es dann bildhaft weiter, stieg wie eine Taube auf ihn herab.

Allerdings wird es wohl auch hier so gewesen sein, wie bei den drei Weisen: nur mit den Augen des Glaubens haben sie gesehen, wer dieses wehrlose, strampelnde Kind in dem Futtertrog ist. So hätte wohl auch bei der Taufe Jesu im Jordan selbst ein guter Kameramann wahrscheinlich nichts Außergewöhnliches auf seinem Film gehabt. Der Evangelist Markus berichtet, dass nur Jesus selber all das gesehen und erlebt habe. Denn seit Bethlehem wissen wir ja, dass Gott nicht spektakulär und dröhnend hereinstampft in diese Welt, sondern unerkannt, bescheiden und leise. Wie gesagt: eben nur mit den Augen des Glaubens bemerkbar.

Für Jesus selber muss es wie ein Siegel mit Unterschrift gewesen sein, wie ein Stempel, der sagt: was du tust und was du vorhast, das ist richtig, das ist echt und wahr, dieser Weg des Dienens und der Solidarität mit uns Sündern, das ist Gott wohlgefällig.

Die Leute werden davon nicht viel bemerkt haben, denn die haben ja auf einen anderen Messias gewartet, auf einen mächtigen und eindrucksvollen, auf einen starken Mann mit eiserner Faust. Solche Männer werden aber damals wohl nicht in den Fluten des Jordan gestanden sein, solche Männer haben es ja nicht nötig, sich von Sünden reinigen zu lassen, denn sie sind ja schon mit allen Wassern gewaschen.

Dass der Langerwartete und Ersehnte in der Reihe der Sünder zu finden ist, wer hätte das wohl gedacht und geahnt? Und ist Gott nicht oft im Leben dort zu finden, wo wir es am wenigsten vermuten? Wir aber sehen ihn nicht, weil wir nicht mit den Augen des Glaubens schauen.

Dass sich der Himmel auftut, das werden wohl auch die wenigsten bemerkt haben. Vielleicht haben sie zwar auch oft gesungen wie wir im Advent: „Oh Heiland reiß die Himmel auf!“. Aber jetzt, wo es so weit ist, haben sie nichts mitbekommen. Wenn sich der Himmel auftut, dann heißt das doch: Gott ist zugänglich geworden, er hat Kontakt aufgenommen, er ist eine Beziehung eingegangen. Der verschlossene Himmel ist zu einem Haus der offenen Tür geworden. "Denn verschlossen war das Tor, bis der Heiland trat hervor" haben wir vor kurzem noch gesungen. Nun ist es so weit: der Heiland tritt hervor. Wir wissen nichts von seiner Kindheit und Jugend, außer dass er mit zwölf Jahren einmal im Tempel zurückgeblieben ist, wir wissen nichts von seinem Aufwachsen und seinem Beruf, all das liegt im Dunkel der Zeit. Sein 30jähriges verborgenes Leben in Nazareth, wie viel hat man da schon spekuliert und interpretiert.

Aber nun tritt er hervor ans Licht der Öffentlichkeit und hinein in die Wege der Weltgeschichte als lebendiger Zeuge des geöffneten Himmels.

Ein wenig denken wir bei all diesen Ereignissen ja auch an unsere eigene Taufe: Eigentlich ist da ja auch für jeden von uns der Himmel aufgegangen, denn es ist ja auch damals auf jeden von uns Gottes Geist herabgekommen, da hat Gott auch mir gesagt: Du bist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter, an dir habe ich mein Gefallen.

Hat man denn an meinem Leben ein bisschen bemerken können, dass der Himmel offen ist, dass Gottes Geist in mir wohnt und dass ich sein Kind bin? Hat dieses göttliche Kind, von dem wir heute hören, dass es groß geworden ist und seinen Weg in die Öffentlichkeit antritt, hat dieses göttliche Kind mein Leben verändert? Ist dieses göttliche Kind auch in mir groß geworden? Ist es auch in mir und durch mich schon aufgetreten?

Wenn nicht, dann ist dieses göttliche Kind nicht mehr, als ein kostbares Spielzeug oder eine harmlose Puppe, und wir packen sie wieder ein und bringen sie schnell in den Abstellraum, am besten gleich noch heute, wo ja die Weihnachtszeit sowieso auch offiziell zu Ende ist. Wo aber dieses göttliche Kind mein Leben beeinflusst und korrigiert, wo ich mir von ihm Wege zeigen lasse, die manchmal auch unbequem sind, da kann Weihnachten tausendmal zu Ende sein, das macht dann nichts, denn dann ist ja mein Herz zu einer Krippe für ihn geworden.