Sonntagspredigt
29. März 2020
Liebe Pfarrgemeinden Spittal, Molzbichl und Amlach, liebe Leserinnen und Leser dieser Zeilen!
Ein kleiner österlicher Vorgeschmack wird uns an diesem sog. Passionssonntag geboten, sozusagen ein Appetithappen auf die Zeit nach dem Karfreitag: die Erweckung des Lazarus aus dem Grab. (Joh 11,1-45). Schon sein Name ist Programm: Lazarus heißt: Gott erbarmt sich. Wenn Gott sich erbarmt, dann nimmt er auch unsere Hilfe in Anspruch, so ist aus dem Namen „Lazarus“ auch das Lazarett entstanden. Deshalb kann auch Papst Franziskus betonen, dass die Kirche einem Feldlazarett gleichen soll.
Aber zurück zu unserem Lazarus: vier Tage liegt er schon im Grab, er ist also tot, mausetot. Vier Tage, wie die vier Wochen unserer verordneten Zurückgezogenheit, von denen wir jetzt schon die Hälfte hinter uns haben (falls sie nicht verlängert wird, unsere unfreiwillige Klausur). Nach menschlichem Ermessen ist also für den gestorbenen Lazarus keine Hilfe mehr zu erwarten, es sei denn…Ja, es sei denn, es kommt einer, der nicht nur Leben hat, sondern Leben ist. Bei jedem Begräbnis darf ich diese Worte weitersagen, die Jesus uns heute schenkt: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Aber dann auch gleich die Frage Jesu an Martha, die Schwester des Verstorbenen, und an dich und mich persönlich: Glaubst du das?
Laut Umfragen glaubt auch unter den Christen nur mehr ein kleiner Prozentsatz an die Auferstehung und das ewige Leben. Mit dem Tod ist alles aus, das klingt logisch, vernünftig und ehrlich. Und auch mutig. Ich bin nicht vernünftig, ich bin unlogisch, ich bin nicht mutig. Ich glaube daran, dass der Gott, der uns ins Leben ruft, und zwar jeden als unverwechselbares Einzelexemplar, dass dieser Gott mich auch im Tod nicht fallen lässt. Seine Schöpfung geht immer vorwärts ins Licht und nie mehr zurück.
Dennoch ist jeder Tod ein schmerzliches Loslassen und es ist berührend, dass Jesus selber am Grab seines Freundes in Tränen ausbricht. Ja, auch Männer dürfen weinen, und: „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, wie es noch in meiner Jugend geheißen hat, das soll heute hoffentlich nicht mehr gelten.
Wie zur Antwort auf diese urmenschliche Sehnsucht nach Unvergänglichkeit holt Jesus seinen Freund aus dem Grab mit dem machtvollen Befehl: Lazarus, komm heraus. Oder, wörtlich übersetzt: Auf und heraus! Und das Unglaubliche geschieht: es kommt Leben in den toten Leib. Was Jesus wohl gemacht hätte, hätte man den Leichnam verbrannt und im Grab wäre nur mehr die Urne gewesen? Ich weiß es nicht, aber Gott hat immer Möglichkeiten.
Ob Lazarus sich gefreut hat, so knapp vor dem Ziel wieder in diese irdische Mühsal zurückzukehren? Auf jeden Fall wird er seine wiedergeschenkte Wirklichkeit mit neuen Augen gesehen haben, bewusster, dankbarer, gelassener als vorher, und auch zuversichtlicher. Das wird hoffentlich auch uns so gehen, wenn wir diese uns auferlegten Einschränkungen hinter uns haben werden.
Lazarus, komm heraus, das darf ich mir auch sagen lassen und statt Lazarus meinen eigenen Vornamen einsetzen. Komm heraus aus Verzagtheit und Angst, aus Verzweiflung und Ohnmacht, aus Misstrauen und Mutlosigkeit, aus diesen kleinen Gräbern, die wir uns jeden Tag selber schaufeln. Auf und heraus und lebe! Es gibt nicht nur das Leben nach dem Tod, es gibt auch das Leben vor dem Tod. Wir leben ja schon jetzt in der Ewigkeit und der Tod ist nur der letzte Schritt.
Uns allen viel österliche Hoffnung und Freude und keine Sorge: Ostern ist ein Gottesgeschenk, das nie mehr zurückgenommen wird, es ist eine Herzensangelegenheit, Ostern findet immer statt, auch wenn heuer einmal die Kirchen leer stehen!
Mit allen Segensbitten- Pfr. Ernst Windbichler