Pfarre

Spittal an der Drau

Erscheinung des Herrn

Geistlicher Impuls von Stadtpfarrer Mag. Ernst Windbichler

Zu einem alten, gottesfürchtigen Mann kam einmal ein jüngerer aufgeregt und ungeduldig gelaufen und sagte zu ihm: „Jetzt habe ich so viele Bücher gelesen, habe eifrig studiert, bin weit gereist, habe den Doktor in Philosophie und Theologie, aber Gott habe ich noch nicht gefunden!“. Darauf konnte der Greis nur leise sagen: „Das ist kein Wunder, denn du hast dich noch nicht tief genug gebückt!“.

Diese Geschichte ist mir bei der Vorbereitung dieses Festes eingefallen: die Weisen aus dem Morgenland, die sich nicht schämen und sich nicht zu gut vorkommen, um vor einem Kind niederzufallen. Der Stallgeruch hat ihnen nichts ausgemacht und die Armut auch nicht, und an den Hirten, an den bescheidenen Gewändern von Maria und Josef haben sie sich auch nicht gestoßen. Trotz ihrer Weisheit und Würde haben sie die Demut nicht verlernt, vor niemandem sonst aber doch vor Gott haben sie sich gebückt und klein gemacht.

Wenn jemand heute die Geburtskirche in Bethlehem besucht, dann kann dem frommen Pilger auffallen, dass das Eingangstor sehr niedrig ist. Wer eintritt, muss den Kopf einziehen. Der Grund, so sagt man, liege darin, dass die feindlichen Muselmanen nicht in die Kirche hineinreiten konnten, sie mussten vom Pferd steigen und sich dann noch zusätzlich bücken, um in das Gotteshaus zu kommen. Das gilt auch heute noch und immer: Wer sich nicht bücken kann, wer nicht vom hohen Ross herunter steigen kann, der findet Gott nicht und wenn er sich noch so anstrengt.

Schauen wir uns nur einmal den König Herodes an, diesen grausamen Herrscher, der seine halbe Verwandtschaft ausrotten ließ um an der Macht zu bleiben. Ein ganzes Heer von Schriftgelehrten zitiert er herbei, um zu erfahren, wo dieses Königskind geboren werden sollte. Er selbst und die vielen Bibelkundigen, die die alten Weissagungen kennen, die eigentlich als erste zu Kind hätten pilgern müssen, und mit ihnen die ganze Stadt Jerusalem, sie alle haben dieses Bücken nicht gekonnt. Ja, im Gegenteil, sie alle erschraken sogar. Vielleicht haben sie gespürt, dass in dieser Sternstunde der Menschheit eine neue Zeit anbricht, eine Zeit, wo andere Maßstäbe gelten. Aber auch jetzt bequemen sie sich nicht, den ersten Schritt zu tun, sondern sie schicken zuerst einmal diese drei seltsamen Fernreisenden hinaus, um Nachschau zu halten.

Wer Gott so sucht, der kann lange suchen, er wird ihn nicht finden. Wer Gott auf diese Weise erfahren will, dem wird niemals ein Licht aufgehen, wie diesen sehnsüchtigen Besuchern aus dem Morgenland. Ob der Stern von Bethlehem wirklich am Himmel geleuchtet hat, ob damals wirklich eine besondere seltene Sternenkonstellation die Nacht erhellt hat, oder ob der Stern nur in ihrem Herzen aufgeblitzt ist, das ist nicht so wichtig. Entscheidend allein ist nur, dass sie sich aufgemacht haben, dass sie gespürt haben: Jetzt können wir nicht mehr sitzen bleiben in Ruhe und Bequemlichkeit, in Gleichgültigkeit und Langeweile, jetzt müssen wir uns in Bewegung setzen. Mag er auch weit und unbekannt sein , dieser Weg, wir müssen die Quelle dieses Lichtes finden.

Wer Gott so sucht, der wird ihn finden, wer so erfahren will, dem wird wirklich ein Licht aufgehen, er braucht nicht zu erschrecken, im Gegenteil, er wird immer wieder Freude und Trost finden in diesem Licht.

Von Dichter Eugen Roth stammt das Gedicht: „Ein Mensch erblickt das Licht der Welt, doch oft hat sich heraus gestellt nach manchem trüb verbrachtem Jahr, dass dies der einz’ge Lichtblick war.“ Die drei Weisen erblicken auch das Licht der Welt, mit diesem Ehrentitel hat sich Jesus später selbst bezeichnet. Nur war er für die drei Könige nicht der einzige Lichtblick in ihrem Leben, sondern es wird von diesem Augenblick an wohl dauernd licht und hell in ihrem Leben gewesen sein. Ihre Auffassungen, ihr Weltbild, ihre Ideale und Ziele werden sich geändert haben. Es heißt ja, sie kehrten auf einem anderen Weg heim in ihr Land. Das ist das Letzte, das wir von ihnen hören, bevor sie wieder im Dunkel der Geschichte verschwinden.

Ja, wer Gott kennenlernt, der geht andere Wege, der muss bereit sein, sich manchmal aus der Bahn werfen zu lassen, muss den Mut haben, Ungewohntes zu wagen, neue Richtungen einzuschlagen.

Bitten wir Gott, dass auch wir und die Kirche insgesamt nicht müde werden, neue Wege zu suchen und zu gehen, bitten wir um die Kraft zu ungewohnten Aufbrüchen, dass wir Zeichen der Zeit in der Nacht dieser Welt erkennen und Jesus als unseren Leitstern erkennen. Mögen wir es nicht verlernen uns zu bücken nicht nur in der Kirche und vor Gott, sondern auch dann, wenn er uns in den Armen und Hilfsbedürftigen begegnet. Denn wer vor der Krippe kniet, der kniet sich auch hinein in die Sorgen dieser Welt. So können auch wir zu Lichtern werden für Suchende und Fragende.