Das Wort zur Schrift
vom Dechant KR Mag. Ernst Windbichler - Stadtpfarrer von Spittal/Drau

Foto: P.Rupitsch
Gott, sei mir Sünder gnädig!
In meiner Ministrantenzeit mussten wir noch lateinische Gebete auswendig lernen, u.a. das
„Confiteor“, das Schuldbekenntnis, um dann beim „mea culpa“- durch meine Schuld - uns zu
verneigen und dreimal an die Brust zu klopfen. Auch heute noch werden wir im Gottesdienst
immer wieder unsanft darauf gestoßen, dass wir Sünder sind. Geliebte Sorgenkinder zwar
und beschenkte Sünder, aber doch schwach und unvollkommen. Das schmeckt uns nicht.
Lieber würden wir an unsere Stärken erinnert, an Gelungenes und Vollbrachtes. Das soll
ruhig öfter geschehen! Dazu fällt mir die Geschichte eines Journalisten ein, der einen Artikel
schreiben sollte zum Thema: „Was ist faul an dieser Welt?“ Nach langem Nachdenken
lautete seine kurze Antwort: „Ich!“. Wir schieben gerne die Schuld auf andere: die
Wirtschaft, die Politik, die Kirche, die Sachzwänge...Aber bei mir beginnt es. Ein Tischgebet
meiner Kindheit lautete: „Herr, segne diese Speisen und uns arme Sünder“. Ich habe es dann
geändert in „...und uns reiche Sünder“. Um seine Schwächen wissen und für seine Stärken
dankbar sein und sich trotz allem von Gott geliebt wissen, das wäre dann wohl der angemessenste Gottesdienst.
Das Wort zum Sonntag:
Evangelium nach Lukas 18, 9-14
In jener Zeit erzählte Jesus einigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten, dieses Gleichnis:
Zwei Männer gingen zum Tempel hinauf, um zu beten; der eine war ein Pharisäer, der andere ein Zöllner.
Der Pharisäer stellte sich hin und sprach bei sich dieses Gebet: Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den zehnten Teil meines ganzen Einkommens.
Der Zöllner aber blieb ganz hinten stehen und wollte nicht einmal seine Augen zum Himmel erheben, sondern schlug sich an die Brust und betete: Gott, sei mir Sünder gnädig!
Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt nach Hause zurück, der andere nicht. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.
