Pfarre / Fara

Ferlach/Borovlje

Gedenkfeier für “unseren Franziskus” DDr. Geramb 1

Einladung

 (© Foto: Der Ursprund ges Bildes ist leider unbekannt)
(© Foto: Der Ursprund ges Bildes ist leider unbekannt)

Vor 50 Jahren begleiteten rund 2000 (!) Menschen bei strömendem Regen den damaligen Stadtpfarrer von Ferlach auf seinem letzten Weg von der Stadtpfarrkirche zum Parkfriedhof.

Viele in unserer Pfarre werden ihn nicht mehr kennen, höchstens aus Schilderungen und Anekdoten. Wer war diese für Ferlach so überragende Persönlichkeit? Kurz gesagt: In vielen Taten, Aussagen und in seinem ganzen Erscheinungsbild ähnelte er unserem derzeitigen Papst Franziskus. Dieser Name hat heute einen guten Klang: Sowie man bei einem Erfrischungsgetränk an Coca Cola denkt oder ein Tixo bestellt, wenn man einen Klebestreifen benötigt, verbinden viele mit einem guten katholischen Priester den Namen „Franziskus“. Wir in Ferlach hatten schon vor 50 Jahren einen solchen in unserer Mitte. Tatsächlich gibt es zahlreiche Parallelen zu ihm, beginnend bei der Ausbildung:

1895 in Lava bei Cilli (Celje) als Sohn einer altösterreichischen Adels- und Offiziersfamilie geboren, erhielt er am Privatgymnasium der Jesuiten in Kalksburg bei Wien eine jesuitische Ausbildung und Erziehung. Zwar war er ein weltlicher Priester und kein Jesuit, aber der jesuitische Geist prägte seine Auffassung von Kirche. Seine großartigen geistigen Anlagen („Perle von Kalksburg“) nutzte er für ein Studium der Theologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom (1921 Dr. theol.) und ein Studium der Philosophie an der Universität Innsbruck (1918 Dr. phil.). Die Beherrschung von rund zehn Sprachen demonstriert seine Weltoffenheit, insbesondere die Kenntnis der slowenischen Sprache prädestinierte ihn für eine Tätigkeit im zweisprachigen Gebiet. Dass in Ferlach in den Dreißiger- bis hin zu den Sechzigerjahren politischer und nationaler Frieden möglich war, ist auch Produkt seiner umfassenden Bildung und seines pastoralen Wirkens, das ihm Achtung in allen Gesellschaftskreisen einbrachte.

Nach der Priesterweihe am 31. Oktober 1920 (bezeichnend für ihn feierte er sein erstes Messopfer in aller Stille an einem Seitenaltar der Peterskirche in Rom) war er Kaplan in der ehemaligen Untersteiermark (Hoce/Kötsch) und in St. Ruprecht bei Klagenfurt, von 1926 bis 1930 übte er verschiedene Tätigkeiten (Sekretär, Vikar) am bischöflichen Ordinariat in Klagenfurt aus. Anschließend war er zwei Jahre Provisor in Ebenthal, von wo er am 14. September 1932 seine Lebensstelle als Stadtpfarrer von Ferlach antrat, von jeher ein schwieriger Boden für die Kirche. Schon in Ebenthal fallen seine innovative Jugendarbeit und seine Hinwendung zu den Armen (Armenausspeisung) auf. In der folgenden 32-jährigen seelsorglichen und pastoralen Tätigkeit erreicht er seine größte Bedeutung für Ferlach. Vieles, was man von oder über Papst Franziskus hört, kommt uns Ferlachern sehr bekannt vor:

Wie dieser („Straßenpriester“ nach eigener Definition) suchte er die Nähe der Menschen, wollte diesen begegnen, sei es unterwegs oder im Pfarrhof. Diesen gestaltete er unter Aufgabe von privaten Zimmern und Abriss bzw. Einfügen von Wänden zu einem Sport-, Kultur- und Gebetshaus um, so dass er zu einem großen Wohnzimmer für die Ferlacher wurde und er selbst zum „Volkspriester“.

Wie dieser lebte er mit Leidenschaft und Freude in Wort und Tat das Evangelium, verzichtete auf jede Art von Pomp und Glanz, genau dies begründete seine große Glaubhaftigkeit und sein persönliches Charisma. Stets stand er auf der Seite der Armen und Benachteiligten, auch unter Lebensgefahr, wie es der Besuch und die Erstkommunion- und Herz-Jesu-Feier bei den ausgesiedelten Kärntner-Slowenen im Lager Hesselberg in Franken knapp nach seiner abgebüßten Haftstrafe während des Nationalsozialismus zeigt.

Wie dieser ist er kein Zauderer, sondern voller Tatkraft („das werden wir schon machen“), wartet nicht auf Anordnungen von oben, setzt für kirchliche und weltliche Obrigkeiten ungewöhnliche Schritte („ich muss denen im Ordinariat die Augen öffnen, das kann man in Ferlach nicht machen“), obwohl „Obediens“ (= Gehorsam) sein Motto war. Er konnte nämlich zwischen Grundsätzen und Schikanen genau unterscheiden, daher ist es nicht verwunderlich, dass er uns oft wie die Personifizierung der Kunstfigur Don Camillo erschien. Dazu gibt es zahlreiche Geschichten und Anekdoten, man könnte abendfüllende Filme drehen. Diese manchmal unorthodoxe Vorgehensweise hat ebenfalls viel zu seiner Beliebtheit und Anerkennung beigetragen, aber eigentlich ist bedrückend, dass man zu solchen Methoden greifen muss, um etwas Sinnvolles zu erreichen.

Hauptanliegen seiner pastoralen Tätigkeit war von Beginn an die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Diesen versuchte er eine Orientierung, Bildung und erlebte christliche Gemeinschaft zu geben und dies mit den bewährten jesuitischen Hilfsmitteln: Sport (Tischtennis, Fußball, Gründung der DSG Ferlach), Musik (Ferlach hat ein eigenes Kirchenliederbuch und Choral- bzw. Orchestermessen), Diskussionsrunden, Gebet und die legendären Theateraufführungen im Stadtkino. Jesuiten waren immer schon bekannt dafür, den Zeitgeist zu erkennen und ihn auszunützen, so auch Dr. Geramb oder hat er dank seiner Glaubhaftigkeit und seines Charismas uns seinen Blickwinkel aufgeprägt? Es wird wohl beides gewesen sein. Er kennt die Macht der Organisationen, die wahrscheinlich auf der gemeinsam verbrachten Freizeit beruht: Jungschar, Katholische Arbeiterjugend und Marianische Kongregation bildeten eine Alternative zu den damaligen politisch motivierten anti-religiösen Strömungen in Ferlach.

All dies hat er mit großem zeitlichem, aber auch finanziellem Aufwand betrieben. Gerade diese übermenschliche Aufopferung im Dienste der Ferlacher Bevölkerung führte letztendlich zum tragischen Unfall am 18.. Oktober 1964: Auf der nächtlichen Heimfahrt von Klagenfurt, er hatte sechs Wallfahrerinnen vom Bahnhof abgeholt, verlor er infolge von Erschöpfung in einer Kurve nahe Maria Rain die Kontrolle über sein Fahrzeug, vier Tote waren zu beklagen, er selbst starb am 20. Oktober. Von der Stadtgemeinde Ferlach erhielt er wegen seiner großen Verdienste um Ferlach ein Ehrengrab, 1989 wurde die Verlängerung zur Pfarrhofgasse Richtung Dollich nach ihm benannt. So wird sein Name in Ferlach auf Tafeln weiterleben. Für diejenigen, die ihn erlebten oder durch eine hoffentlich lang andauernde Überlieferung kennen lernen können, ist er ein glaubwürdiger Priester, Lehrer, Erzieher und Orientierungsgeber, eben ein Franziskus.

Hermann Kautschitsch

  • Vollständige Information über das Leben von Dr. Geramb erhält man in dem Artikel von Landesarchivdirektor i.R. Univ. Doz. Dr. Alfred Ogris: Stadtpfarrer von Ferlach und Jugendseelsorger Edgar Geramb. In: Mikrut Jan (Hrsg.), Faszinierende Gestalten der Kirche Österreichs, Bd.8, Wien 2003.
  • Amtsdirektor i.R. Felix Sattmann besitzt eine Aufzeichnung der Predigt von Dr. Geramb, die er kurz vor seinem Tod anlässlich der Einweihung der renovierten Kirche in Dollich hielt. Sie wird bei der Gedenkveranstaltung am 19. Oktober nach der Hl. Messe in Dollich vorgespielt werden.