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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Zukunft.Gemeinsam.Gehen

Am 20. Mai präsentierte die Katholische Aktion Erfahrungen und Berichte zum Synodalen Prozess. Paul M. Zulehner leitete daraus Themenschwerpunkte für eine zukunftsorientierte Kirche in Kärnten ab.

„Der Synodale Prozess ist kein Weg, um Strukturen zu ändern, sondern ein Identifikationsprozess“, eröffnete Iris Straßer, Präsidentin der Katholischen Aktion Kärnten, die Präsentation der Erfahrungen und Berichte, die die zahlreichen Dialogforen, Veranstaltungen und Fragebögen der Katholischen Aktion zum Thema erbracht hatten. Viele Beobachtungen und Wünsche seien zusammengetragen worden und seien es wert, weitergedacht zu werden. Die Präsentation sei also nicht als „Ergebnis“ zu verstehen, sondern mehr als ein „Innehalten auf einer Lichtung, um nachzudenken, weiterzugehen.“

Der Vortrag von Paul M. Zulehner, der die KA in diesem Prozess wesentlich unterstützt hat, werde präzisieren, wo er die Aufgabe der Laien heute sehe. Das bilde das Fundament für die nächste Etappe.Der emeritierte Wiener Pastoraltheologe begann seine Ausführungen dann mit dem Begriff der Synodalen Kirche. Man ernte nicht gleich viel Zustimmung, wenn man von der „Synodalen Kirche“ spreche: „Das Wort Kirche“, so seine Erklärung, „ist bei jungen Leuten derart angepatzt, dass ich es zunächst umgehe und erst am Ende eines Gesprächs hinzufüge: Zu dem könnten wir jetzt auch ‚Kirche‘ sagen.“

Kirche: Reich Gottes auf Erden?

Deshalb sei es nötig, sich am Ursprung der Kirche zu orientieren und was das Ziel der Jesus-Bewegung gewesen sei: „Jesus löste eine Bewegung aus zur Neugestaltung der Welt“ – Kirche ist für die Welt. Ihre Bestimmung sei, nicht auf den jenseitigen Himmel zu verweisen, sondern sich in der Gegenwart für einen „Himmel auf Erden“ einzusetzen: für das Reich Gottes, das ein Reich der Wahrheit und des Lebens sei, ein Reich der Herrlichkeit und der Gnade, der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens. Dieses Sendungsbewusstsein sei wesentlich: „Eine Kirche, die sich nur um sich selbst dreht, ist krank.“

Jesus löste eine Bewegung aus zur Neugestaltung der Welt.

In diesem Zusammenhang meint Synodalität (vom griechischen Wort „gemeinsamer Weg“) keine Strukturreform, sondern „lernen wir wieder neu Kirche“.

Aus der Nähe Gottes heraus

Anhand eines Bildes aus dem Echternacher „Codex aureus“ erläuterte er: Ein solcher Weg könne nur von Gott her beginnen. Denn die Gotteskrise sei größer als die Kirchenkrise. Das Bild zeige die Jünger in den Fußspuren Jesu, vom Berg herabkommend. Der Berg sei Symbol der Nähe zu Gott, „und Jesus geht oft auf den Berg, um sich dessen zu vergewissern“. Das sei auch eine Gewissensfrage für jede und jeden, der Jesus nachfolgen möchte – nur so können wir Kirche sein, nämlich „wenn wir randvoll sind mit diesem Gott, der eine Leidenschaft für den Menschen hat“.

Kirche als „Lebensmittel“

Drei Dinge seien aus dem Bild herauszulesen, auch Studien kämen zum gleichen Ergebnis. Es sei „lebensnotwendig, dass einen jemand anschaut; dass man selbst gestalten kann und dass man dazugehört“. Das seien „Lebensmittel“; das seien die Gaben Gottes, wie auch das Magnificat zeige. Daran sei auch die Entwicklung der Kirche zu messen: Kommt Leben auf, wenn die Kirche kommt?
Das sei zum Problem geworden, dass sich in der Kirche eine Sozialgestalt eingebürgert habe, die wenig mit dem Ursprung, aber mehr mit der Welt zu tun habe. Zulehner spricht hier von einem „pastoralen Schisma“, das innerhalb der Kirche entstanden sei: hier der Klerus, dort die Laien. Die einen sorgten sich, die anderen würden seelsorglich umsorgt. Aus der Ordination (Weihe) der einen sei die Subordination (Unterordnung) der anderen geworden. Diese Kirchengestalt habe ihren Höhepunkt auf dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869/70) erreicht. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) habe sie zwar grundsätzlich überwunden, dennoch warte manches noch auf seine Umsetzung, und so lebe der Klerikalismus weiter.

Damit die Jesus-Bewegung Bestand habe, sei es notwendig gewesen, dass sie sich institutionalisiert habe. Das sei aber ein immerwährender Prozess, der immer wieder neu habe stattfinden müssen gegen das Vergessen der Urbotschaft, deshalb habe sich die Kirche in verschiedenen Kulturen verschiedene Gestalten gegeben. Heute sei die Herausforderung, dass Kirche ihre neue Gestalt finde in einer demokratischen Kultur. Innerhalb der Kirche würden Menschen wesentlich weniger Entscheidungsmacht und Selbstorganisation erfahren als in der Alltagswelt. Das führe unweigerlich zu einem „kulturellen Martyrium, Rückzug aus dem kirchlichen Raum oder innerer Kündigung“, wenn dem nicht mit einer theologisch verantwortbaren Demokratisierung begegnet werde.