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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Wir müssen den Laien mehr Raum geben

Janko Krištof, Pfarrer von Ludmannsdorf und St. Egyden, über seine beiden Sabbatmonate in Frankreich

Foto: Janko Krištof
Janko Krištof (re.) mit zwei Priestern des Pfarrteams von Gaillon und Les Andelys - Foto: Janko Krištof

Sie waren im Sommer zwei Monate in Frankreich als Priester tätig. Wie ist diese Idee entstanden?
Krištof: Vor einem Jahr hatte ich mich für eine Woche in das Zisterzienserkloster Stična zurückgezogen. Dort habe ich von Andreas Knapp das Buch „Lebensspuren“ gelesen, ein Tagebuch aus der Wüste. Und ich habe mir dann, wie er, überlegt: Was war alles schon in meinem Leben, was ist fruchtbar geworden, was gibt es noch mehr? Als Seminarist war ich in einem Krankenhaus in Turin und später ein ganzes Jahr in Ecuador. Und dann war da plötzlich der Gedanke, dieser Sehnsucht nachzugehen und ein Sabbatjahr zu machen – aber auf mehrere Stücke aufgeteilt – und Kirche in anderen Ländern kennenzulernen.

... und dabei in die Schuhe eines französischen Pfarrers zu schlüpfen?
Krištof: Zum Beispiel. Mit Erlaubnis und Ermutigung unserer Diözesanleitung. Bei einem internationalen Treffen meiner Priestergemeinschaft hat Frankreich schon vor Jahren mein Interesse geweckt. Das Land ist durch die Revolution im Säkularisierungsprozess viel weiter als wir, das Christentum ist viel ausgedünnter. Und trotzdem ist da die Kirche, die eine große Geschichte hat ... Vielleicht können wir in unserer Situation davon lernen und neue Gestaltungsmöglichkeiten entdecken.

Was war das für eine Pfarre, in der Sie ausgeholfen haben?
Krištof: Gaillon und Les Andelys im Osten von Rouen bilden eine Doppelpfarre, ein Diözesanprojekt über ein Gebiet mit 47.000 Einwohnern. Ein Team von vier Priestern und vier ehrenamtlichen Laien ist mit der Seelsorge beauftragt.

Wie wurden Sie aufgenommen?
Krištof: Ein Mitbruder, den ich von der Priestergemeinschaft kenne, hat mich auf seinen Wegen mitgenommen. Z. B. zur dortigen Gemeinschaft „Glaube und Licht“, die es ja auch in Kärnten gibt, zur Bibelrunde, zur Bewegung Emanuel, die sich für den Dialog mit Ausländern, vor allem den Moslems, engagiert.

Da sind zwei interessante Aspekte: neue geistliche Gemeinschaften, in denen Kirche lebt, und das An-die-Ränder-Gehen, zu dem Papst Franziskus die Kirche auffordert?
Krištof: Ich sehe darin den Versuch, das Gebiet zu einer Einheit zu führen, dass Laien und Priester die Leitungsverantwortung miteinander teilen, um den Auftrag des Papstes zu erfüllen. Man achtet einander und weiß, dass auch der andere etwas einzubringen hat. Wie wichtig ist es, dass man die Vielfalt zulässt, dazu eine gute Kommunikation mit den verschiedenen Gruppen pflegt und das Gemeinsame und Verbindende sucht! Das ist die Art, wie mein Mitbruder – er war acht Jahre lang Generalvikar der Diözese – Pastoral versteht, und sie hat mich sehr beeindruckt: Er kennt die Diözese, kennt die Weltkirche, hat sich in der Migrationsfrage engagiert, war in seiner Anfangszeit Arbeiterpriester und hat als Maurer bei einer Firma gearbeitet. Ein Mensch, der sehr geprägt ist von der Idee, allen Menschen Bruder zu sein und sie anzunehmen, wie sie sind.

Sie haben auch selbst Gottesdienste zelebriert?
Krištof: Ich habe Werktags- und auch Sonntagsmessen gefeiert, Taufen und Trauungen haben mir meine Sprachkenntnisse nicht erlaubt. Das war in den Hauptkirchen; in den kleinen Kirchen am Land wird nur einmal im Jahr hl. Messe gefeiert.
In der großen Pfarre, in der 27.000 Menschen leben, waren wir beim Sonntagsgottesdienst 200 bis 300 Personen. Es ist dann auch sehr lebendig. Die Messen sind sehr schön vorbereitet: Laien konzipieren die Messe und organisieren alles dafür, bereiten die Musik vor, begrüßen auch, der Pfarrer konzentriert sich auf die Feier selbst und hat davor und danach Zeit für die Menschen, weil er sich um gewisse Sachen nicht kümmern muss. Auch für die Taufvorbereitung gibt es ein eigenes Team, das beim Taufgespräch dabei ist und die Taufe begleitet. Begräbnisse übernehmen sowieso hauptsächlich die Laien.

Der Pfarrer konzentriert sich auf das Geistliche, und auch sonst ist einiges anders als in Kärnten?
Krištof: Keine Frage, sicher. Begräbnisse zum Beispiel sind nicht mit einer Messe verbunden. Aber bei der folgenden Sonntagsmesse tragen Angehörige beim Einzug eine Kerze mit nach vorne zum Altar, der Animator begrüßt die Angehörigen der Familien zu Beginn und erinnert an die Verstorbenen.
Auch den Umgang mit Kindern habe ich sehr positiv erlebt: Die Kinder sind beim Gloria von hinten mit Kerzen gekommen und durch die Sakristei weitergezogen in einen besonderen Raum. Bei der Gabenbereitung sind sie wiedergekommen und haben vor den Altar gelegt, was sie in dieser Zeit mit ihren Katecheten gemacht haben.

Sie haben eine andere Arbeitsteilung erlebt als die bei uns übliche. Was nehmen Sie davon mit?
Krištof: Wir Priester müssen uns in einigen Bereichen zurücknehmen und die Laienmitarbeiter in den Pfarren stärker einbinden, ihnen auch mehr Verantwortung übertragen. Es gibt in jeder Gemeinschaft so viele Laien, die ihr eigenes Glaubensleben einbringen und voll da sind und Kraft und Energie und Lebenszeit investieren, um die Gemeinschaft zu stärken, um die Kirche lebendig bleiben zu lassen.
Man muss dazusagen: In jener Diözese werden alle sechs Jahre die Priester ausgetauscht, das ist schon seit Jahrzehnten so. Dann ist klar: Wir Priester sind ja nur kurze Zeit da, dann gehen wir weiter. Was willst du dich da aufführen! Du musst dankbar sein für alle Mitarbeiter; die stärken und begleiten, die da sind, und andere suchen. Die Pfarre ist Subjekt, sie ist verantwortlich für ihr Glaubensleben, und der Priester ist da, um sie zu stärken, den Dienst der Einheit der großen Gemeinschaft der Kirche und auch nach innen, wo es so viele Strömungen gibt.

Sie waren dezidiert nicht als Tourist in Frankreich. Aber welchen Eindruck hat das Land bei Ihnen hinterlassen?
Krištof: Ich habe in diesen Tage große Gastfreundlichkeit erfahren. Die Essgewohnheiten sind anders; das Langsamere hat mir sehr gefallen. Man beginnt mit dem Aperitif, dazu ein Snack. Bei uns nimmt man als Aperitif schnell ein Schnapserl und geht dann schon zum Essen, oder man isst oft schnell, und schon ist es vorbei ... Wir sind zum Aperitif noch nicht bei Tisch gesessen, man ist frei, redet miteinander und hat eine halbe oder eine Stunde Zeit. Das Essen ist gut, aber nicht das Essen steht im Mittelpunkt, sondern die Begegnung.

Was nehmen Sie davon mit für Ihren priesterlichen Dienst?
Krištof: Ich habe dort gesehen, wie es ist, wenn eine Pfarre mit etwa 30 Kirchen – ehemalige Pfarren, die zusammengelegt worden sind – keinen neuen Priester mehr bekommt. Sie wird an eine andere Pfarre angegliedert, die 40 Kirchen hat. Wer wird nun auf die Menschen schauen?
Wir müssen viel mehr in diese Richtung arbeiten: die kleinen Gemeinschaften stärken, Laiengemeinschaften, aber auch die Gemeinschaften, die sich um eine Filialkirche sammeln. Um die kirchlichen Gebäude kümmert sich in Frankreich die Öffentliche Hand. Der Priester konzentriert sich darauf, dass die kleinen Gemeinschaften lebendig bleiben, damit der Glaube lebendig bleibt, nicht die Gemäuer.

Interview: Georg Haab

Zur Person: Janko Krištof, geboren 1962 in Wolfsberg, ist Pfarrer von Ludmannsdorf/Bilčovs und St. Egyden/ Št. Ilj und Dechant des Dekanats Ferlach/Borovlje. Im Sommer war Krištof im Rahmen einer Sabbatzeit zwei Monate in Nordfrankreich als Aushilfspfarrer tätig.