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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Wege aus der Schuldenkrise

Hilfe, wenn die Schuldenlast zu erdrücken droht

Bereits im Kindesalter wird der Grundstein dafür gelegt, wie Menschen später mit ihren Bedürfnissen und somit auch mit ihrem Geld umgehen. von Laura Ippen

Telefonieren ohne Ende – ein erster Schritt in die Schuldenspirale (© Foto: DDP)
Telefonieren ohne Ende – ein erster Schritt in die Schuldenspirale (© Foto: DDP)

Über Geld spricht man nicht? Und ob! Seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise ist das Interesse der Bevölkerung an Finanzthemen sprunghaft gestiegen. Leider ist die Kompetenz, mit Geld umzugehen, nicht im gleichen Maße mitgewachsen, wie die Schuldenberatungen weiß. Vor allem junge Erwachsene tappen immer häufiger in die Schuldenfalle. Die Zahlen sind so alarmierend, dass die Europäische Kommission eine europaweite Forderung nach „Financial Education“ gestellt hat.


Jugendliche Schuldner
„Etwa ein Fünftel der Personen, die unsere Beratungstätigkeit im vergangenen Jahr in Anspruch genommen haben, waren Jugendliche bis 25. Dabei sind Schulden von mehreren zehntausend Euro ohne Gegenwert keine Seltenheit“, meldet die Schuldnerhilfe Oberösterreich, die mit dem „Finanzführerschein“ ein innovatives Instrument zur Überschuldungsprävention speziell für Jugendliche entwickelt hat. Moped, Shopping, Handy und Fortgehen sind die häufigsten Gründe, warum Jugendliche Schulden machen, später kommen dann Auto und Wohnung hinzu. Seitdem der bargeldlose Geldverkehr die altbewährte Rexglas-Methode ersetzt hat, geht zwischen Handyvertrag, Kontoüberziehung und Kreditrate schnell der Überblick verloren.  


Schuldenfalle Handy
„Einer der typischen Fix-Starter bei allen Privat-Konkursen von Unter-30-Jährigen sind offene Handy-Rechnungen“, weiß Eva Liegl zu berichten, die in Klagenfurt Finanz-Coaching anbietet. „Obwohl  Handy-Gebühren ständig sinken, hat sich diese Größe nicht verändert, da sich die Kosten auf Internetnutzung und kostenpflichtige Dienste verschoben haben.“ Ein Tipp, um sich vor unliebsamen Überraschungen zu schützen: „Per SMS ‚stopp all‘ lassen sich unbewusst geschlossene Verträge, wie z. B. ein Klingelton-Abo, beenden. Außerdem sollte man gleich bei Vertragsabschluss bei seinem Handy-Anbieter sämtliche Mehrwert-Nummern sperren lassen. Leider machen Anbieter selten darauf aufmerksam, sondern der Kunde muss selbst aktiv werden.“


Vorsicht bei Versicherungen
Ein anderes großes Thema sind Versicherungen. „Da es sich hier um ein Stufensystem handelt, muss ich mir bewusst machen, wo ich gerade stehe, um angemessene Schritte setzen zu können“, so die Empfehlung. „Als junger Mensch braucht man als erstes keine Pensionsvorsorge, sondern eine Unfallversicherung.“ Alle weiteren Versicherungen sollte man sich gut überlegen, zumindest solange man noch kein geregeltes Einkommen hat.
Ebenfalls eine Warnung an die junge Generation: „Hände weg vom Leasing-Kauf!“ Warum? „Als junger Mensch kann ich mein Nutzerverhalten noch gar nicht richtig einschätzen. Danach richtet sich aber die Höhe der Leasing-Rate. Gebe ich eine Nutzung von 20.000 km pro Jahr an, fahre aber 50.000 km, verliert das Auto schneller an Wert.


Drohende Nachzahlungen
Wer nach einigen Jahren auf ein anderes Modell umsteigen will oder am Ende der Laufzeit vom Restwert laut Vertrag ausgeht, wird dann mit unerwartet hohen Nachzahlungen konfrontiert.“ Liegls Rat: „Lieber am Anfang einen günstigen Gebrauchtwagen zulegen und den potenziellen Image-Verlust in Kauf nehmen, als gleich mit Vollgas auf die Schuldenfalle zusteuern.“
Noch dem Motto „Kaufe jetzt, zahle später!“ lockt die Werbung mit „Null Prozent Zinsen“ zum Ratenkauf. Dass die Zinsbelastung nur unter anderem „Mascherl“, eingehoben wird, merkt man erst, wenn es zu spät ist. Hier heißt es: Das Kleingedruckte vorher studieren!
Ausweg aus der Schuldenfalle
Einen Ausweg aus der Schuldenspirale bieten einerseits Informationen über Broschüren, Internet oder Beratung, andererseits die Bewusstmachung des eigenen Verhaltens: Wie und wofür gebe ich mein Geld aus? Womit wir dort angekommen sind, wo jede ausgeglichene Haushaltsführung ihren Anfang nimmt.
Bei knapp 30 Prozent ist die Ursache der Verschuldung eine mangelnde Budgetplanung. „Das Wichtigste ist, sich erst einmal einen Überblick über den eigenen Finanzhaushalt zu verschaffen, und das ist für viele Menschen gar nicht so leicht, wie es sich anhört“, berichtet Eva Liegl aus ihrer Erfahrung mit Hilfesuchenden. „Denn das heißt, sich täglich hinzusetzen, Buch zu führen, auch den billigsten Kaugummi einzutragen, ebenso wie die Einnahmen. Erst nach lückenloser Feststellung des Status Quo kann ich prüfen, ob irgendwo Einsparungspotenzial vorhanden ist.“


Planung verbessern
Mindestens ebenso hilfreich wie konkrete Spartipps sind Maßnahmen, die die Planung verbessern und Bewusstsein schaffen. Das kann z. B. ein konsumfreier Tag pro Woche sein. Dabei geht es nicht darum, Verzicht zu üben, sondern die Erfahrung zu machen, wie es ist, einen ganzen Tag lang nichts auszugeben, keinen Cent.
Auch Gemeinschaftsaktionen wie Car-Sharing, Einkaufskooperationen oder gemeinsam kochen schonen nicht nur die Geldbörse, sondern eröffnen einen neuen Handlungsspielraum, der eingefahrenes Konsumverhalten lustvoll in Frage stellt.