Was Palmbuschen erzählen ...
Kräuter- und Pflanzenexpertin Romana Seunig über die Symbolik der Palmbuschen
Kurz vor Ostern erscheint das Buch der bekannten Kräuter-Expertin Romana Seunig über Kräuterbuschen. Zum Palmsonntag erläuterte sie im Gespräch mit dem „Sonntag“ die tiefere Symbolik des Palmbuschens. von Gerald Heschl
Romana Seunig kennt sich mit Kräutern und Pflanzen aus. Sie weiß um deren Symbolik, und zu ihren Kursen im „Kräuterland“ auf dem Radsberg pilgern Menschen aus nah und fern. Seunig ist aber alles andere als eine esoterische „Kräuterhexe“. Die studierte Juristin und Gesundheitswissenschafterin steht auf einem gesunden Fundament, „Missinterpretationen“ ihres Kräuterwissens stören sie.
Demnächst erscheint ihr jüngstes Buch im Klagenfurter Heyn-Verlag: „Kräuterbuschn“. Jeder Buschen besteht aus bestimmten Kräutern und hat demnach auch eine eigene Bedeutung. Es gibt solche, die als „Lebensbuschen“ für Gesundheit sorgen oder einfach für Wohlgerüche. Es gibt aber auch Buschen, die für bestimmte Anlässe gebunden werden, wie eben der Palmbuschen zum Palmsonntag.
Er dient dem Gedenken des Einzuges Jesu in Jerusalem, wo ihn die Menschen mit Palmzweigen empfingen. Nun ist zwischen der mediterranen Palme und unseren „Palmzweigen“ doch ein gravierender Unterschied. Warum wird die hierzulande verwendete Weide eigentlich als „Palmzweig“ bezeichnet, und was hat es mit ihrer Symbolik auf sich?
„Die Weide“, erzählt Seunig, „hat schon in alten Zeiten die Menschen beeindruckt.“ Sie ist die erste höhere Pflanze, die nach dem Winter mit den Palmkätzchen den Aufbruch symbolisiert. Damit zeigt sie schon Lebenshoffnung an. Dazu kommt noch, dass sie selbst bei starkem Schneefall, in Stürmen oder durch Starkregen nicht zerstört wird: „Die Weide lässt sich nicht durch äußere Einflüsse brechen. Sie treibt immer wieder aus.“ Diese unbändige Lebenskraft der Weide wurde stellvertretend für die Auferstehung gesehen.
Wo besteht aber nun die Parallele zwischen der echten Palme des Nahen Ostens und unseren Weidenkätzchen? Auch dazu hat Seunig einen Vergleich: „Wenn man sich eine Palme ansieht, so besteht ihr Stamm ja aus abgestorbenen Zweigen. Man meint oft, sie sei schon tot. Aber ganz oben kommt ein kleiner grüner Trieb.“ Das ist ähnlich wie bei der Weide, wo ja auch die Kätzchen lange vor den Blättern kommen: „Aus der Dunkelheit heraus kommt das Leben. Bei beiden Pflanzen ist das die Symbolik für Ostern.“
Nun besteht der Palmbuschen aber nicht nur aus Weidenästen. Auch immergrüne Gewächse haben ihren Platz. „Aber“, schränkt Seunig ein, „Immergrüne haben nicht die Symbolik des Vergehens und Werdens. Sie symbolisieren sozusagen noch die vergangene finstere Zeit.“ Sie tragen aber die „Grünkraft des Lebens“ in sich, wie Hildegard von Bingen formulierte. Das Christentum hat die uralte Symbolik des Wacholders in seinem Sinne umgedeutet: „Durch seine immergrüne Kraft und weil er kein Nadelgehölz ist, hat man in ihm die Allgegenwart Christi gesehen. Daher gehört er in den Palmbuschen“, erläutert Romana Seunig.
In manchen Gegenden Kärntens kommt als Drittes noch der Buchsbaum dazu. Ihm wird seit altersher eine große Abwehrkraft zugesprochen. Dies haben auch Klostergärten genutzt. So findet man in vielen Klostergärten eine Buchsbaum-Hecke. Seunig dazu: „Sie ist fast immer Richtung Westen gewandt – wie das mächtige Westwerk romanischer oder gotischer Kathedralen.“ Warum ausgerechnet Westen? „Aus dem Westen kommt die Dunkelheit und man fürchtete, dass mit ihr Unheil droht.“ Dagegen bildet der Buchsbaum als immergrünes Gewächs mit seinen dichten Blättern einen Schutzwall.
Damit der Buschen ganz besonders hoch wird, bindet man ihn oft noch auf einen Haselstock. Auch das ist kein Zufall, wie Romana Seunig weiß: „Der Haselstock ist ein Fruchtbarkeitssymbol und weist in die Zukunft, auf die fruchtbare Zeit des Frühlings und des Sommers.“
Damit hat es sich auch schon. Die bunten Eier und die Bänder, ohne die heute kein Palmbuschen mehr auskommt, sind Zutaten der jüngeren Vergangenheit.
Wenn dann am Samstag vor Palmsonntag der neue Buschen gebunden ist, geht es ans Räuchern. Es dient als Schutz und Reinigung. Dass dies kein Aberglaube ist, zeigen medizinische Studien: „Es ist bewiesen, dass der Kräuter-Rauch desinfizierend wirkt“, so Seunig. Daher war es sehr klug, nach dem langen Winter durch die Räume und die Ställe zu gehen.
Auf eine Besonderheit weist sie noch hin: „Der Rauch ist das Einzige, das der Mensch bewirken kann, das nach oben steigt. Er ist die offensichtliche Verbindung zum Himmel.“