Vielfalt als Grundidee der Evolution
Podiumsdiskussion der VOBIS Summer School zur Diversität in Kärnten
Unter der Diskussionfrage "Diversität = Realität in Kärnten?" lud der Verein Vobis anlässlich des Startes der Summer School zu einer Podiumsdiskussion ins Musil-Museum ein. Von Markus Leitgeb

„Wir sprechen Deutsch und beißen nicht!“ Mit dem Motto der VOBIS Summer School eröffnete Stefan Zefferer, Kärntner Schriftsteller und Leiter der Podiumsdiskussion, die abendliche Veranstaltung in den Räumlichkeiten des Musil-Museums. Er betonte gleich zu Anfang, dass es darum geht, einen „Zugang zu finden, der persönlich ist“. Schließlich, so Zefferer, „sind wir alle bunte Vögel“!
Strammes Podium
Das Podium setzte sich zusammen aus Anzhelika Scherling, Immigrantin aus Russland, Katja Naschenweng, Spezialistin für Interkulturelle Pädagogik, und Christian Brandstätter, Initiator und Fotograf von „Colours of Carinthia“. Zuvor angekündigt, jedoch abwesend am Podium waren Abdullah Fazli und Haris Bilajbegovic. Nach einer auflockernden Vorstellungsrunde durch Zefferer begann die eigentliche Diskussion.
Für frühe Aufmerksamkeit sorgte die Biografie von Anzhelika Scherling. Sie wurde in St. Petersburg geboren und zählt Russen, Saudis, Finnen und Iraner zu ihren Vorfahren. „Ich bin schon seit meiner Kindheit gewöhnt, es mit verschiedenen Sprachen, Kulturen und Religionen zu tun zu haben. Obwohl meine Familie so vielfältig ist, habe ich mich aber immer als Russin gesehen. Ich kann also verstehen, wie die Kärntner sich als Kärntner fühlen und das nur respektieren.“
Als zweite stützende Person wurde von Adullah Fazli eingebaut, welcher aus Afghanistan stammt und ein Geschäft mit türkischen Waren in Villach betreibt. Durch das Fehlen Fazlis brach diese, bestimmt spannende, Biografie leider weg.
Schnell in den Mittelpunkt rückten dann Christian Brandstätter und seine Arbeit an „Colours of Carinthia“. „Es gibt noch Menschen, die weltbürgerlich agieren“, warf Zefferer Brandstätter zu. Dieser wiederrum argumentierte, dass er bloß „einen positiven Blick auf den Menschen werfen wollte, und zwar abseits der Politik“.
Geschichten im Kopf
Naschenweng klinkte sich ein mit ihren Erfahrungen aus der Interkulturellen Pädagogik ein. „Es geht immer darum, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu definieren. Die Leute haben zum Großteil keine Idee, was hinter Begriffen wie Migrant oder Migrantin steckt. Sobald sie aber eine Geschichte oder ein Bild im Kopf haben, passiert etwas.“ Die Leute würde dann merken, dass auch die eigene Verwandtschaft oftmals von Diversität durchzogen wäre. „Und plötzlich hat jeder eine Tante oder eine Oma, die ja auch aus Ungarn kommt. Man muss nur etwas zurückdenken, vor 100 Jahren war das in Österreich normal.“ Die begriffliche Debatte nahm kurzzeitig überhand. „Mit diesen Begriffen muss man sehr aufpassen“, so Scherling. „Ich mag diese Begriffe auch nicht. Es sind alles Menschen, die woanders geboren sind und jetzt in Kärnten leben“, ergänzte Brandstätter.
Kärnten nicht anders
Die eigentliche zentrale Frage, wie Kärnten mit Vielfalt umgeht, fiel erst relativ spät. Brandstätter vertrat dabei die Ansicht, dass Kärnten nicht anders sei als andere Bundesländer oder Staaten. „Wir hatten halt Politiker, die bewusst diese Karte gespielt haben.“ Auch Zefferer stimmte dieser Ansicht zu. „Auch andere Länder haben Probleme. Wir haben hier aber die Möglichkeit, darüber zu sprechen.“
Etwas zaghaft wurden dann schließlich auch Problemzonen angesprochen, wie bspw. das Thema Integration durch Leistung, bevor Zefferer gegen Schluss eine Frage stellte und durchgehend Zustimmunt erhielt: „Österreich ist durchzogen von Monokulturen, diese sind bekanntlich sehr anfällig. Mischkulturen dagegen sind deutlich resistenter. Lässt sich diese Metapher übernehmen?“ „Kärnten ist sehr vielfältig“, so Scherling, die unter anderem das Fest der Kulturen positiv hervorhob. „Die Natur ist eine wunderbare Lehrmeisterin. Vielfalt ist die Grundidee der Evolution“, sagte Brandstätter.
Fehlende Würze
„Es klingt heute alles so positiv, da muss noch etwas kommen im Nachhang“, merkte Zefferer am Schluss an. Er sollte nicht Recht behalten. Zwar gab es abschließend leicht kritische Anmerkungen aus dem Publikum, doch der große Kontrast zu den vorangegangenen Meinungen blieb aus. Die Podiumsdiskussion konnte den Inhalt zwar gut erfassen, eine Meinungsvielfalt unter den Diskutanten selbst war jedoch nicht gegeben. Es fehlten wohl Fazli und Bilajbegovic, die einiges zu erzählen gehabt hätten. Mit ihnen fehlte das Salz in der Podiumsdiskussion an diesem heißen Abend im Juni.