Organisation

Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Unsere Diözese hat an Profil gewonnen

Engelbert Guggenberger im großen "SONNTAG"-Interview über sein Jahr als Diözesanadministrator, die Causa Schwarz und warum man gerade jetzt nicht austreten sollte.

Engelbert Guggenberger, bis 28. Juni 2019 Administrator der Diözese Gurk (Foto: pgk
Engelbert Guggenberger, bis 28. Juni 2019 Administrator der Diözese Gurk (Foto: pgk

Sie waren ziemlich genau ein Jahr Diözesanadministrator. Wie sieht Ihre Bilanz dieses Jahres aus?
Guggenberger: Es war ein herausforderndes Jahr. Positiv ist, dass unsere Diözese in dieser Herausforderung an Profil gewonnen hat. Vor allem die Leitung ist sehr kollegial gelaufen – weit mehr, als es in den meisten anderen Diözesen Österreichs üblich ist. Dabei hat man gemerkt, dass dieser Stil zu einer Qualitätssteigerung in der Entscheidung führt.

Was hindert einen künftigen Bischof daran, diesen kollegialen Führungsstil beizubehalten?
Guggenberger: Ich würde es ihm in jedem Fall empfehlen. Aber dazu muss sich jemand bewusst entscheiden, da dies die Struktur der katholischen Kirche nicht unbedingt nahelegt. Die kirchliche Verantwortung und Entscheidungsmacht sind sehr stark auf das Bischofsamt konzentriert. Eigentlich müsste das von einer demokratischen Gesellschaft beanstandet werden. Doch kann man gut damit leben, weil es dem Wunsch der medialen Welt entspricht, alles auf die Führungsperson zuzuspitzen. Es wäre sehr klug, wenn der nächste Bischof von sich aus auf einen möglichst kollegialen Führungsstil setzt.

Neben den Herausforderungen gab es sicher auch Erfreuliches. Was bereitete Ihnen in diesem Jahr eine ganz besondere Freude?
Guggenberger: Eben die gute Zusammenarbeit im Domkapitel, wo alle Entschlüsse einvernehmlich gefallen sind und es keine Krise gab. Dann haben die Mitarbeiter in den Dienststellen und Pfarren das gute Arbeitsklima in dieser Zeit sehr geschätzt und dies auch an uns rückgemeldet. Sie haben sich durch uns in ihren Wertehaltungen bestätigt und unterstützt gefühlt. Wir haben auch viele Vorschläge bekommen, was man etwa in der Seelsorge noch verbessern kann. Das alles waren sehr positive Zeichen.

Wenn Sie mit den heutigen Erfahrungen das Amt antreten würden: Würden Sie alles wieder genauso machen wie vor einem Jahr?
Guggenberger: Mein Vorgehen hat sich aus der Notwendigkeit der damaligen Situation logisch ergeben. Wir haben alles mit Bedacht gemacht und die Fakten abgewogen. Ich sehe nichts, was man anders machen sollte.

Sie sind von Rom abberufen worden. Es heißt: „Roma locuta, causa finita“ – also Rom hat gesprochen, der Fall ist erledigt. Ist damit die „Causa Schwarz“ auch erledigt?
Guggenberger: Die ist selbstverständlich durch meine Absetzung nicht erledigt. Es geht um die Frage: Gibt es eine „Causa Schwarz“ oder gibt es sie nicht? Alle Prüfungen ergeben, dass die gegen die Amts- und Lebensführung von Bischof Schwarz erhobenen Vorwürfe stimmen. Die Vorgesetzten haben aber ein Pro-blem, das zuzugeben. Auch deswegen, weil Rom nicht weiß, was man mit einem Bischof machen soll, dessen Amtsführung verfehlt war. Jetzt versucht man, die Sache zu leugnen oder kleinzureden und setzt denjenigen ab, der die Vorfälle aufgedeckt hat. Man meint wohl, wenn er weg ist, kann man einen beschönigenden und bagatellisierenden Bericht leichter durchbringen.

Ist das so?
Guggenberger: In Kärnten wird erst dann Ruhe einkehren, wenn von Seiten der kirchlichen Obrigkeit zugegeben wird, dass es eine „Causa Schwarz“ gibt. Nachzulesen ist das ja im Prüfbericht des Gurker Domkapitels und wohl auch im Bericht des Apostolischen Visitators. Er hat zwar den Inhalt nicht preisgegeben, aber die Sache so gravierend eingeschätzt, dass er auch für den Verursacher der Causa personelle Konsequenzen erwartet. Kardinal Schönborn hat das zunächst auch gesagt, sich dann aber einer Stellungnahme entschlagen, mit Hinweis auf einen Bericht aus Rom.

Wie es aussieht, ist es aber schon gelungen, aus einem „Fall Schwarz“ einen „Fall Kärnten“ zu machen.
Guggenberger: Es ärgert mich zutiefst, dass in Wien dieser Umdeutungsversuch unternommen wird. Die Kirche in Kärnten ist weder im Ausnahmezustand, noch in einer Krise und schon gar nicht zerstritten. Es ist der ungelöste Fall Schwarz, der in der Bevölkerung Unruhe und Protest verursacht. Die Leute lassen es sich nicht bieten, dass die kirchliche Obrigkeit diese Causa einfach leugnet. Schließlich handelt es sich doch um einen gravierenden Amtsmissbrauch: Erstens wurde das Bischofsamt ramponiert. Zweitens gibt es konkrete Personen, die beruflichen und persönlichen Schaden erlitten haben. Und drittens wurde ein materieller Schaden angerichtet, indem kirchliches Stiftungsvermögen verschleudert wurde. Ich erwarte mir, dass die kirchliche Obrigkeit in Österreich und Rom den Anstand hat, die Dinge, die aus dem Ruder gelaufen sind, zuzugeben.

In Kürze wird ein neuer Bischof erwartet. Das alles ist keine wirklich gute Ausgangssituation ...
Guggenberger: Kärnten braucht keinen neuen Bischof, solange die „Causa Schwarz“ nicht gelöst ist. Denn der neue Bischof müsste sofort Stellung beziehen und seine Vorgesetzten daran erinnern, dass diese Causa noch zu erledigen ist. Andernfalls wird er nicht in Ruhe arbeiten können. Aus diesem Grund ist jeder neue Bischof gut beraten, die Ernennung erst anzunehmen, wenn die Obrigkeit diese Aufgabe erledigt hat.

Immer wieder gibt es Kritik, dass Sie erst nach dem Abgang von Alois Schwarz aktiv geworden sind.
Guggenberger: Wir haben Bischof Schwarz immer wieder auf die Probleme aufmerksam gemacht, die seine Amtsführung hervorgerufen hat. Er hat aber auf Kritik nie reagiert. Er hat ja bis zum heutigen Tag jede Stellungnahme verweigert. Außerdem war uns vieles von dem, was wir heute wissen, damals noch gar nicht bekannt. Denn wir hatten keinerlei Einblick ins Bistum, wo die wesentlichen Probleme entstanden sind.

Es gibt auch die Kritik, dass Sie ihn beim Abschied zu sehr gelobt hätten. War das ein Fehler?
Guggenberger: Mir war es ein Anliegen, ihm für seinen seelsorglichen Einsatz, den ich nach wie vor für außergewöhnlich halte, zu danken.Das hat er meines Erachtens verdient. Bereits in der Abschiedsfeier schon auf die Kritik einzugehen, hielt ich für nicht opportun, weil man so entgegengesetzte Dinge in einem einzigen Akt nicht erledigen kann. Ich entschied mich für zwei Schritte und habe mich in einem zweiten Schritt an die Aufarbeitung der anderen Seite gemacht.

Ihre Abberufung als Diözesanadministrator und die beleidigenden Aussagen des Nuntius haben bei Kärntens Gläubigen Unmut, ja Zorn ausgelöst. Viele kündigen ihren Austritt aus der Kirche an. Warum sollte man sich diesen Schritt noch einmal überlegen?
Guggenberger: Ich verstehe die Empörung, weil die Vorgehensweise und die Aussagen absolut unqualifiziert sind. Man schwächt aber mit einem Austritt in erster Linie die Kärntner Kirche. Viel besser ist es, den Protest zum Ausdruck zu bringen. Das kann man mit Unterschriftenaktionen, Versammlungen, Leserbriefen und anderem machen. Man sollte auch sehen, dass es in der Kirche andere Kräfte gibt. Gerade der Stil, wie er jetzt in Kärnten geprägt wurde, könnte eine Lernerfahrung für das kirchliche System darstellen. Durch das Bleiben in der Kirche unterstützt man das.