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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

„Schreiben ist für mich ein Abenteuer“

Die Kärntner Schriftstellerin Isabella Straub im SONNTAG-Gespräch über Humor in der Literatur, Disziplin beim Schreiben, den Umgang mit Erfolg und die Grenzen der Fantasie.

Sie kommen aus dem Journalismus, sind dann umgestiegen zur Werbetexterin und sind jetzt Schriftstellerin. Wie verlief dieser Wechsel?
Straub: Ich wollte eigentlich immer selbstständig und am freien Markt unterwegs sein. Daher war der Journalismus langfristig nichts für mich. Den Beginn machte ein Kurzgeschichten-Wettbewerb, bei dem mein Text auf Anhieb veröffentlicht wurde. Das war für mich so erstaunlich, dass ich einfach dabei geblieben bin und dann die Leondinger Akademie für Literatur besuchte. Das war eine ganz wichtige Hilfe.

Isabella Straub, erfolgreiche Schriftstellerin aus Kärnten (Foto: Stefan Schweiger)
Isabella Straub, erfolgreiche Schriftstellerin aus Kärnten (Foto: Stefan Schweiger)


Ist die Schriftstellerei Arbeit wie ein Handwerk oder die reine Kunst, die auf den Kuss der Muse wartet?
Straub: Für mich war es früher unbegreiflich, wie man einen ganzen Roman schreiben kann. Aber es ist schon wie ein Handwerk, das man lernen kann. Das betrifft vor allem die Sprache. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist Disziplin. Man muss sich hinsetzen und schreiben. Manche Leute schaffen das nicht. Bei meinem ersten Roman hat der Verlag schon nach einem 30-seitigen Manuskript zugesagt, und der Lektor hat mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben. So habe ich es auch geschafft – und es hat viel Spaß gemacht.

Wie weit sind Romane auch biografisch oder zumindest aus eigenen Erfahrungen gespeist?
Straub: Natürlich ist das so. Ein Beispiel: Ich habe lange für das Krankenhaus Friesach gearbeitet. In jedem Roman von mir ist bis jetzt ein Krankenhaus vorgekommen, weil ich einfach weiß, wie es dort zugeht. So gesehen sind die Geschichten schon von den Erfahrungen der Autoren geprägt. Woher sollte man den Stoff denn sonst nehmen?

In Ihren Büchern spielen Sie sehr gerne mit Personen, die sehr unterschiedlich – fast verschiedene Pole – sind.
Straub: Ich glaube, dass Literatur aus der Differenz, aus dem Konflikt lebt. Das heißt nicht unbedingt Streit, aber Reibung. Das macht auch das eigene Leben spannend. In meinem aktuellen Roman geht es um zwei Halbgeschwister, bei denen der Konflikt in den Müttern angesiedelt ist.

Sie sind in Wien aufgewachsen und leben jetzt in Kärnten – also durchaus zwei verschiedene Welten. Wie weit beeinflusst das Ihre Romane?
Straub: Der Unterschied von Stadt und Land ist in meiner Literatur ein Thema, aber natürlich auch in meinem Leben. Mich interessieren ganz stark die Vororte oder die Speckgürtel. Das sind so Zwischenräume – noch nicht wirklich Stadt, aber auch nicht mehr Land. Ich habe jetzt einige Kurzgeschichten geschrieben, die alle in einem Hochhaus spielen. Es ist spannend, Zonen zu erschaffen, wo sich das menschliche Zusammenleben massiv verdichtet, wo es zu Reibereien und Spannungen kommt.

Räume sind begrenzt. Wo hat die Literatur ihre Grenzen?
Straub: Das Faszinierende ist, dass man in der Literatur alles überschreiten kann. Die Grenze ist der eigene Kopf. Das ist auch ein Risiko, weil es in das Willkürliche abdriften kann. Es gehört viel Disziplin dazu, eine Welt zu bauen, der man selbst folgen kann, aber der auch andere folgen können.

Gehört dazu auch eine Sinnsuche? Der Protagonisten, aber auch der Autorin selbst?
Straub: Wir wursteln ja alle irgendwie dahin. Ich versuche, das mit Humor zu nehmen und diesen Zugang auch in meinen Büchern zu öffnen. Das heißt nicht, dass ich in meinem Leben alles mit Humor nehme, aber Bücher haben ihr eigenes Leben und können abschließen, was im echten Leben offen bleibt. Wir können oft erst im Nachhinein beurteilen, ob das, was man gemacht hat, richtig war. Im Leben hat man auch keine Alternative – das ist der Unterschied zur Literatur. Ich habe mich oft gefragt, wie es wäre, ein ganz anderes Leben zu führen. Nur fünf Schritte neben meinem eigentlichen Leben. Das ist für mich eine spannende Frage, die man in der Literatur beantworten kann – aber niemals im echten Leben.

Die Literatur als Ausflug in die Fantasie?
Straub: Schreiben ist für mich wirklich ein Abenteuer. Ich bin so dankbar, dass ich das machen darf. Es ist für mich ein Privileg.

Welche Rolle spielt dabei die Religion oder Spiritualität?
Straub: Grundsätzlich bin ich mit der Kirche insofern eng verbunden, weil mein allererster Text in der „Kärntner Kirchenzeitung“ erschienen ist. Darauf war ich damals unendlich stolz. In meinen Büchern spielt auf jeden Fall die Spiritualität eine Rolle. Auch philosophische Fragen interessieren mich sehr und beeinflussen mich schriftstellerisch.

Ihre Bücher sind sehr erfolgreich. Schreibt es sich mit Preisen, Stipendien und Nominierungen für Preise leichter, oder steigt der Druck?
Straub: Es wird insofern schwieriger, weil die Erwartung an einen selbst steigt. Ich habe immer noch das Gefühl, ich müsste viel lernen und möchte besser werden. Jetzt versuche ich mich an einem Theaterstück, weil es eine neue Herausforderung ist. Aber die Unsicherheit ist immer da. Bei jedem Satz, den ich schreibe. Das Gefühl zu scheitern, ist viel größer als das Gefühl, es ist etwas gelungen. Trotzdem liebe ich diese Tätigkeit.

Diesen Druck spürt man beim Lesen Ihrer Bücher nicht. Sie kommen leicht und mit viel Humor daher.
Straub: Das ist in unseren Breiten ein Problem. Wenn man, wie ich, versucht, humorvoll an Literatur zu gehen, läuft man Gefahr, nicht ernst genommen zu werden. Bei uns muss ernste Literatur immer mit Schmerzen geboren werden, und das sollte man auch beim Lesen spüren. Da schätze ich die amerikanischen Schriftsteller, die Literatur nicht so ernst, sondern auch als Unterhaltung sehen.