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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Mit wenig Geld kann man viel Gutes tun

"Finance & Science"-Kongress in St. Georgen zum Thema "Mikrofinanz"

Mikrokredite und Mikrofinanzierungen, die Menschen aus der Armutsfalle führen sollen, standen im Zentrum des „Finance & Science“-Kongresses in St. Georgen. von Gerald Heschl

Hochkarätig besucht war der Mikrofinanz-Kongress in St. Georgen. (© Foto: SEFO/Reinhold Samonigg)
Hochkarätig besucht war der Mikrofinanz-Kongress in St. Georgen. (© Foto: SEFO/Reinhold Samonigg)

„Immer mehr Investoren fragen nach Kriterien wie Nachhaltigkeit und Ethik“, stellte der Obmann des Veranstalters „SEFO“, Johannes Krall, fest. Er präsentierte auch eine österreichweit neuartige Plattform von Mikrofinanz-Initiativen, die künftig einen Überblick über alle Anbieter und deren Produkte bieten soll.
Armut, Ausbeutung, Hunger und Unterdrückung seien heute nach wie vor die „großen Geißeln der Menschheit“, sagte Diözesanbischof Alois Schwarz in seinem Vortrag. Absolut gesehen habe der weltweite Reichtum zwar zugenommen, die Ungleichheit sei jedoch enorm gewachsen. „In den reichen Ländern verarmen neue Gesellschaftsklassen, und es entstehen neue Formen der Armut“, sagte der Bischof. In ärmeren Regionen erfreuen sich einige Gruppen einer verschwenderischen und kon-   sumorientierten Überentwicklung, „die in unannehmbarem Kontrast zu anhaltenden Situationen menschlichen Elends steht“. Diese von Papst Paul VI. als „Skandal schreiender Ungerechtigkeiten“ bezeichnete Situation halte an.


Existenzgründung
Mikrokredite würden insbesondere in Entwicklungsländern einen bedeutenden Beitrag zur unternehmerischen Existenzgründung und -sicherung leisten. „Mikrokredite bestehen nicht nur darin, dass den um ihre Existenz ringenden Personen Kleinstkredite zu vertretbaren Zinsen und Laufzeiten gewährt werden, sondern beinhalten auch eine intensive Beratung über wirtschaftliche und finanzielle Aspekte“, sagte Bischof Schwarz.
„Mikrokredite dürfen aber nicht mit Spenden verwechselt werden“, hielt Rainer Hauser, Vorstandsdirektor der Bank Austria, fest. Investoren aus reichen Ländern geben ihr Geld Mikrofinanz-Instituten, die ihrerseits engen Kontakt mit den Kreditnehmern halten. So kann mit ganz kleinen Beiträgen Großes geleistet werden.

Hohes Potenzial
Dies betonte auch Arman Vardanyan. Der gebürtige Inder ist für „Absolute Portfolio Management“ im Bereich Mikrokredite zuständig und beobachtet den Markt genau. Er zeigte in seinem Vortrag auf, dass die Mikrokredite auch die vergangene Finanzkrise hervorragend überstanden haben. Er sprach von einem Markt von einer halben Milliarde Menschen. Das Potenzial sei aber erst zu einem Fünftel ausgeschöpft. Primär würde in die Bereiche Handel und Landwirtschaft investiert.
Ein konkretes Beispiel brachte Peter Püspök von der kirchlichen ökumenischen Initiative „Oikokredit“: Eine Afrikanerin habe mit einem Mikrokredit eine Kuh gekauft, Joghurt produziert und sei so zu einem gewissen Wohlstand gekommen. Dass Mikrofinanz-Institute gerade auf Frauen setzen, hänge damit zusammen, dass diese wesentlich nachhaltiger wirtschaften und das Einkommen zumeist den Kindern in Form von Bildung zugute komme.

Risiken und Herausforderungen
Die Gefahr, dass Mikrokredite von Finanzinstituten inzwischen wie Aktien gehandelt werden, zeigte Michael Sommer von der Bank des Bistums Essen auf. So bestehe das Risiko, dass manche wie am Aktienmarkt eine Gewinnmaximierung erzielen wollen. „Das kann niemals der Sinn von Mikrokrediten sein“, räumte Sommer ein. Vielmehr gehe es um sinnvolle und mäßige Gewinne.
„Mikrokredite sollen dazu dienen“, formulierte Vardanyan stellvertretend für alle Vortragenden, „das Ziel der UN-Initiative zur Abschaffung der Armut möglichst rasch zu verwirklichen.“