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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Mit Leben und Wort den Glauben bezeugen

Was ist ein Diakon, wofür steht er, und was bewegt Menschen heute, sich zum Diakon ausbilden zu lassen? Gerhard Gfreiner und Klaus Lesjak im Gespräch mit Georg Haab

Klaus Lesjak und Gerhard Gfreiner
Klaus Lesjak und Gerhard Gfreiner

Was kann einen Menschen heute dazu motivieren, Diakon zu werden?
Lesjak: In meinem Fall sehr stark die Dankbarkeit für all die schönen Dinge, die ich in meinem Leben erfahren durfte. Vieles ist nicht selbstverständlich. Daraus spüre ich eine Verantwortung und Aufgabe, auch für andere etwas aus mir zu machen, aktiv zu werden und mitzugestalten. Das andere ist: Ich habe mich immer in der Kirche zu Hause gefühlt, und so bin ich oft in Diskussionen gelandet, was die Kirche alles falsch mache. Dann hast du zwei Möglichkeiten: zu schimpfen und dich abzuwenden, oder dich zu beteiligen, um Dinge zum Positiven zu verändern.

Was sind die Aufgabenfelder eines Diakons?
Gfreiner: Von der Tradition her ist der Diakon zuständig für die soziale Gerechtigkeit in der Gemeinde, z. B. für die Versorgung der Witwen und Waisen, später ist dann oft noch die Finanzverwaltung der Gemeinde dazugekommen. Der Ursprungsgedanke ist sozusagen die Unterstützung der Apostel. Davon ist später vieles in Vergessenheit geraten, der Diakonat ist zu einem Durchgangsstadium zur Priesterweihe geworden. Erst das Zweite Vatikanische Konzil hat ihn wiederentdeckt und spricht vom dreigliedrigen Amt – Bischof, Priester, Diakon –, das wiederbelebt werden soll. In unserer Diözese wurde 1980 der erste Ständige Diakon geweiht. Die Aufgaben der Diakone heute sind neben der Caritas, also dem sozialen Auftrag der Kirche, die Verkündigung des Wortes Gottes, die Assistenz bei der Trauung, Spendung der Taufe, Begräbnisse. Unser Bischof setzt in Zeiten des Priestermangels auch in der Pastoral sehr stark auf die Diakone.

Herr Lesjak, gibt es ein spezielles Ereignis, das Sie in besonderer Weise geprägt hat?
Lesjak: Von meiner Kindheit an war das die Osterwoche mit dem ihr eigenen Flair. Als junge Ministranten mussten wir früh aufstehen, die Auferstehungsfeier war um fünf in der Früh. Auch wenn wir einges nicht verstanden haben, es war interessant und spannend, und wir haben immer mehr mitbekommen. Das hat geprägt. Das sind liebgewonnene Auszeiten aus dem Alltagsleben.

Die Liturgie hat da eine große Rolle gespielt, die Nähe Gottes in den heiligen Zeichen?
Lesjak: Mehr die Spiritualität, die hinter der Liturgie steht. Das eine ist das schöne Zeremoniell, das wichtig ist, aber es kommt auf die Sinnhaftigkeit an, die dahinter steht. Der Zugang zu vielen Dingen wird ein anderer. Dazu gehören Momente der Stille, das Suchen von Einkehr, auch das Stundengebet, das mit seinen verschiedenen Psalmen und Texten eine große Chance ist, sich wieder zu erden und zu orientieren.

Diakone arbeiten normalerweise ehrenamtlich, also neben ihrem Brotberuf. Wie sehen Sie das?
Gfreiner: Die meisten Diakone sind in einem Zivilberuf tätig. Aus diesem Alltagsberuf heraus übernehmen sie in der Kirche einen geweihten Dienst – ich sehe das als großen Gewinn. Manche wären mittlerweile aber auch bereit, sich beruflich auf mehr einzulassen. Von einer anderen Perspektive her gesehen: Die Zusammenarbeit von ehelosem Priester und verheiratetem Diakon ist ein großer Gewinn, weil sie zwei unterschiedliche Bereiche abdecken. Ein eheloser Priester leistet die totale Verfügbarkeit, Tag und Nacht, was ein Verheirateter durch seine Verantwortung gegenüber Ehepartner und Familie nicht kann. Der Diakon bringt das Verwurzelt-Sein bei den Menschen als Stärke ein. Deswegen wünsche ich mir, dass Diakone zwar auch Leitungsverantwortung übernehmen, dass wir aber weiterhin auch ehrenamtliche Diakone behalten.

Es ist ein schönes Zeugnis, wenn dazu noch Priester und Diakon gut miteinander auskommen und sich sichtbar ergänzen.
Gfreiner: Es ist ein schönes Zeugnis aus der Praxis heraus, wenn dazu noch Priester und Diakon gut miteinander auskommen und sich sichtbar ergänzen.aber auch dort, wo sie sich bemühen die Unterschiedlichkeit zuzulassen, selbst wenn das manchmal bedeutet, Konflikte auszuhalten

Herr Lesjak, wie haben Sie Ihre Ausbildung zum Diakon erlebt?
Lesjak: Die Ausbildung ist sensationell, weil sie mehrteilig ist. Da ist z. B. der Theologische Fernkurs, der die Sichtweise auf viele Themenfelder öffnet – das ist unglaublich bereichernd. Erst da habe ich begriffen und war erschüttert, wie vereinfacht das war, was ich bisher vom Glauben gewusst habe. „Kleine Sünden bestraft der Herrgott sofort“: Mein Gott, was verinnerlichen Menschen da von klein auf! Das ist ja mittelalterlich! Kann ein liebender Gott strafen wollen?

D. h. die Ausbildung hat an Ihre positiven Erlebnisse angeknüpft und sie weiterentwickelt?
Lesjak: Absolut. Damit hat für mich ein richtiger Aufbruch begonnen, und ich muss sagen: Das ist noch viel gewaltiger, als ich geahnt habe. Dann das Kennenlernen der Anderen, der Erfahrungsaustausch, das ist schon sehr viel in kurzer Zeit. Es ist schade, dass nicht mehr Menschen von diesen Möglichkeiten wissen. Wir haben so viele Schätze, aber wir schaffen es zu wenig, den Menschen eine Perspektive davon zu geben.

Was tut die Diakonenausbildung, um diese Schätze weiterzugeben?
Gfreiner: Das Wesentliche kann nicht nur in einem Programm geschehen, sondern nur im praxisorientierten Hinausgehen dorthin, wo Kirche lebendig ist. Die Ausbildung selbst dauert vier Jahre. Im ersten Jahr wird in vertraulichem Rahmen der Berufung und dem Glauben nachgespürt. Dann wird die Entscheidung getroffen, an der folgenden dreijährigen Ausbildung teilzunehmen. Dort steht zu Beginn das Thema Diakonie, also soziales Engagement, dann Verkündigung, griechisch „martyria“, und als drittes die Liturgie. Die Ausbildung ist eine gemeinschaftliche Bildung von Menschen, die gemeinsam diesen Weg gehen, die dabei menschlich wachsen und auch geprüft werden.

Diakone als „viri probati“ sind erprobte, aber auch „geprüfte“ Männer.
Gfreiner: Bei der Weihe gibt es die Frage: „Weißt du, obsie würdig sind?“, auf die geantwortet wird: „Das Volk und die Verantwortlichen wurden befragt (und sie werden für würdig gehalten)“, und auch die Ehefrauen werden gefragt, ob sie mit der Weihe ihrer Männer einverstanden sind. Es bleibt immer diese Spannung, die wir auch aus dem beruflichen Bereich kennen, zwischen dem Auftrag nach außen und der Verantwortung der Familie gegenüber. Es ist wichtig, dass die Familie damit gut umgehen kann.

Was wäre Ihr Schlusswort?
Lesjak: Für mich ist es das Füreinander-Da-Sein, das Leben der sozialen Verantwortung in eben diesem Rahmen.
Gfreiner: Ich möchte aufgreifen, was Klaus Lesjak gesagt hat: Will ich mich auf diese unvollkommene Kirche einlassen? Bin ich als Mensch bereit, Verantwortung zu übernehmen, manchmal auch für diese Unvollkommenheiten Kritik einzustecken und trotzdem mitzugestalten? Es heißt hineinzugehen in das Herz der Kirche und das zu tun, was Christus getan hat.

Info: Mag. Klaus Herbert Lesjak, geb. 1967 verheiratet, 2 Kinder, ist ausgebildeter Wirtschaftsinformatiker, Eventmanager und bereitet sich auf die Diakonenweihe kommenden Herbst vor. Er ist Begräbnisbeauftragter der Klagenfurter Dompfarre.
Mag. Gerhard Gfreiner, geb. 1974, verheiratet, 3 Kinder, unterrichtet Religion am Perau-Gymnasium in Villach. Er ist Ständiger Diakon in Villach St. Nikolai und Leiter des Referats für Diakone.

Kontakt: gerhard.gfreiner@kath-kirche-kaernten.at bzw. 0676/8772-2112
Mehr zum Dienst des Diakons und der Ausbildung dazu finden Sie hier.