Organisation

Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Lebensgeschichten in Farben umgesetzt

Unterrichtsprojekt der Caritasschule

Jung und alt an einem Tisch. Im Gespräche über gestern, heute, morgen. Von
einem beispielhaften Schulprojekt.

von Ingeborg Jakl

Ganz vorsichtig taucht Fabian den Pinsel in die gerade gemischte Farbe ein und streift überflüssige ab. Dann setzt er schwungvoll an, um die Haare des neben ihm liegenden Porträts, das noch mit Bleistift vorgezeichnet ist, anzufärbeln. „Nach Haarsträhnen sieht das aber nicht aus“, sagt er enttäuscht in die Runde seiner Mitschülerinnen und -schüler, die ebenfalls ganz angestrengt mit Pinsel und Farbe hantieren. „Wie eine Farbwand“, lautet sein ernüchterndes Urteil.
„Nimm eine Zahnbürste für die Haare, das gibt Struktur“, empfiehlt Elisabeth Laibacher, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Julia Hubmann die Klassen 2 a und b der HLW des Kärntner Caritasverbandes betreut.

Ein fächerübergreifendes Projekt steht seit einigen Wochen auf dem Unterrichtsplan. Foto: Eggenberger
Ein fächerübergreifendes Projekt steht seit einigen Wochen auf dem Unterrichtsplan.
Foto: Eggenberger

Neue Zugehensweise

Ein fächerübergreifendes Projekt steht seit einigen Wochen auf dem Unterrichtsplan. Die Burschen und Mädchen haben sich mit ihren Professorinnen akribisch darauf vorbereitet. Sie wollen sich dem Thema „Leben im Alter“ nähern und haben dazu eine neue Zugehensweise gewählt. Mit älteren Menschen aus dem Caritashaus Martha und dem Generationenpark in Klagenfurt Waidmannsdorf sind sie ins Gespräch gekommen und haben sie über ihren Lebensweg befragt. Eigentlich war es kein Frage- und Antwortspiel, sondern ein lebendiger Dialog zwischen Alt und Jung, sagt Hubmann. Die aus diesen Gesprächen gesammelten Informationen werden nach gemeinsamer Reflexion im Unterricht künstlerisch umgesetzt.
„Ein herausforderndes Projekt“, sagt Leonie Fritz (16 Jahre). Sie hat eine 97-Jährige aus dem Haus Martha interviewt. „Wir haben uns richtig gut unterhalten“, erinnert sie sich. „Sie hat mir von ihrer Familie erzählt, wie wichtig für sie der Glaube und der Kirchgang sind und von ihren vier Männern, die sie alle überlebt hat. „Das war so spannend, aber auch traurig zugleich“, sagt die Schülerin rückblickend.

Sozialmanagement mit Sr. Silke Mallmann

Begonnen hat das Projekt im Unterrichtsfach Sozialmanagement mit Sr. Silke Mallmann. „Die Vorbereitungen waren sehr umfassend“, betont Direktorin Liselotte Tappler. „Die Schüler haben zunächst Fragen erarbeitet, die sie beim Interview unterstützen sollten.“
Es galt herauszuarbeiten, was den älteren Menschen besonders in Erinnerung geblieben ist, was sie gefreut, geliebt, traurig gemacht hat. „Biografiearbeit ist mehr, als ein paar alte Bilder anzuschauen“, erklärt dazu Julia Hubmann. Es ist die intensive Auseinandersetzung mit der ganz persönlichen Lebensgeschichte eines Menschen.
Michelle Gruppnig (17 Jahre) hat sich mit ihrer Interviewpartnerin auf Anhieb verstanden. „Den Fragebogen brauchte ich gar nicht“, sagt sie. „Sie hat mir aus ihrem Leben erzählt, dass sie als Kind eine Stunde zu Fuß in die Schule gegangen ist, bei Wind und Wetter. Ebenso lange dauerte der Fußweg in die Kirche.“ Auch von ihrer großen Liebe hat sie der Schülerin berichtet, und dass sie die auch geheiratet hat. Heute ist die 100-Jährige noch fit, um sich regelmäßig mit ihren Freundinnen zu treffen und auszutauschen. „Ich bin, je länger ich darüber nachdenke, schwer beeindruckt“, gesteht die junge Zuhörerin.

Sr. Silke Mallmann startete das Projekt im Unterrrichtsfach Sozialmanagement.
Sr. Silke Mallmann startete das Projekt im Unterrichtsfach Sozialmanagement. Foto: Eggenberger

Respektvolle Umgang mit Menschen


Lukas Geyer (16 Jahre) gibt die Lebensgeschichte seiner Interviewpartnerin noch immer zu denken. „Sie hat in jungen Jahren im Bergbau gearbeitet“, berichtet er. „Es muss eine schwere Arbeit gewesen sein, damals im Bergwerk, ohne Hilfsgeräte. Aber sie hat trotzdem nie gejammert.“ Stattdessen konnte sie die Liebe ihres Lebens heiraten, und gemeinsam waren sie 60 Jahre glücklich. „Auch die Goldhaubenfrauen waren ein wichtiger Teil ihres Lebens.“
Die Gespräche waren intensiv, „es war ein reger Austausch zwischen Jung und Alt“, resümiert Sr. Silke. Der einfühlsame und respektvolle Umgang mit Menschen stand auf dem Lehrplan, musste aber gar nicht geübt werden. „Der passierte einfach.“
„Wir haben unsere Interviewpartner ernst genommen und ihnen das Gefühl gegeben, dass wir Zeit haben, um detailreiche Aspekte ihrer Lebensgeschichte zu erfahren“, so Leonie. Die Interviews wurden mit Bewohnern des Caritashauses Martha und im Generationenpark in Klagenfurt Waidmannsdorf geführt.
Mit den vielen Geschichten im Kopf, die die Jugendlichen gehört und gesehen hatten, ging es dann gemeinsam mit den Kunstpädagoginnen Julia Hubmann und Elisabeth Laibacher an die künstlerische Umsetzung. Vergangenheit ins Bild setzen. Schwer genug.
Porträts der Interviewpartner wurden mit ihren persönlichen Geschichten gefüllt. Farbig, kreativ und teilweise für die Betrachter überraschend. Da wurden Hobbys, Lebensgeschichten und -linien mit Farbe und Pinsel umgesetzt. Eheringe, neben Wanderschuhen, der heimatlichen Kirche, Kindern, Enkeln und all den Dingen, die für den Einzelnen im Lebensrückblick wichtig waren. Die Bilder und ihre Geschichte werden am Tag der offenen Tür in der Caritasschule präsentiert. „Alle Interviewpartner sind dazu eingeladen“, freut sich Heidi Bachlechner, Fachsozialbetreuerin vom Haus Martha. Danach steht noch ein Besuch bei allen Teilnehmern an. Die Schüler übergeben den Interviewpartnern ihr fertiges Porträt.

Es galt herauszuarbeiten, was den älteren Menschen besonders in Erinnerung geblieben ist, was sie gefreut, geliebt, traurig gemacht hat. Foto: Eggenberger
Es galt herauszuarbeiten, was den älteren Menschen besonders in Erinnerung geblieben ist, was sie gefreut, geliebt, traurig gemacht hat. Foto: Eggenberger

Info

Die Privatschule der Caritas Kärnten bietet sozial engagierten jungen Menschen nach der achten Schulstufe eine solide Basisausbildung, die sowohl in die Sozialarbeit einführt als auch auf Sozialberufe vorbereitet.
HLW 5-jährig,
FB 3-jährig,
SD 2-jährig
Tag der offenen Tür am 17. 1. 2020, 8.30 Uhr bis 12 Uhr.
Klagenfurt, Viktringer Ring 36
Tel. 0463/511404