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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Katzenjammer nach der Wahl

KAÖ-Präsidentin Gerda Schaffelhofer über Trump und Österreich

Gerda Schaffelhofer, Präsidentin der Katholischen Aktion Österreichs, über die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA und was dies für die bevorstehende österreichische Wahl bedeuten könnte.

KAÖ-Präsidentin Schaffelhofer: Lassen wir unseren Pessimismus zuhause ... (© Foto: dario santangelo)
KAÖ-Präsidentin Schaffelhofer: Lassen wir unseren Pessimismus zuhause ... (© Foto: dario santangelo)

Zur allgemeinen Überraschung wurde Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt. Selbst der Papst nahm darauf Bezug und sprach in Anspielung an Trumps Ankündigung einer Mauer zu Mexiko davon, dass man „Mauern einreißen“ sollte. Wie beurteilen Sie diese Wahl?
Schaffelhofer: Der Katzenjammer nach der Wahl Trumps zum amerikanischen Präsidenten ist groß. Es gibt Proteste im eigenen Land und Fassungslosigkeit weltweit. Die ersten personellen Entscheidungen zeigen auch schon Trumps Handschrift. Hardliner, die polarisieren, werden in Ämter gehievt. Dies macht deutlich, dass die sanfteren Töne, die Trump zwischenzeitlich angestimmt hatte, nur politische Taktik waren. Ein Wolf bleibt ein Wolf, auch wenn er zwischendurch Kreide gefressen hat.  

Er wurde nicht zuletzt mit den Stimmen der Katholiken gewählt.
Schaffelhofer: Was mich am meisten erschüttert ist, dass Katholiken und Mitglieder anderer Kirchen mit Trump einen Mann in den Sattel gehoben haben, der sich wie ein wild gewordener Cowboy über mühsam errungene Werte wie Toleranz, Menschenwürde, Achtung der Frau, um nur einige zu nennen, hinwegsetzt und nur sein eigenes Gesetz anerkennt. Wohin dies führen wird, werden wir, fürchte ich, noch erleben.  

Passen Politik und Religion überhaupt zusammen?
Schaffelhofer: Ich kann mir vorstellen, dass manche Christen meinen, Kirche und Politik sind zwei Paar Schuhe. Das ist natürlich Unsinn. Denn wir Christen sind aufgerufen, an der Gestaltung der Welt mitzuarbeiten, auf dass diese christlicher werde. Da darf es kein Wegschauen geben, keinen Rückzug ins eigene Kirchlein, da braucht es, gerade wenn es um eine richtungsentscheidende Wahl geht, ein genaues Hinschauen und Mitentscheiden. Es genügt nicht, nur schnell und oberflächlich hinzuhören. Im Wahlkampf sagen alle Kandidaten, was ihre potenziellen Wähler hören möchten. Man muss sich schon genauer mit den Kandidaten beschäftigen. Ich sage es einmal so: Nicht überall, wo christlich draufsteht, ist Christliches tatsächlich drin. Nicht jeder, der sich nach außen hin christlich gibt, weil er auf Wählerfang unter Christen aus ist, ist im Herzen auch tatsächlich Christ. An ihren Taten sollt ihr sie erkennen, heißt es im 1. Johannesbrief. An diesen Taten lassen sich Mogelpackungen, die uns im Wahlkampf verkauft werden, erkennen. Richtschnur für die Beurteilung dieser Taten ist übrigens nicht unser Bauchgefühl, sondern, wie Papst Franziskus nicht müde wird ständig zu betonen, die biblische Botschaft.

Im Zuge der Flüchtlingswelle hieß es: Mit der Bergpredigt kann man keine Politik machen ...
Schaffelhofer: Es ist keineswegs weltfremd, sondern für die eigene Entscheidungsfindung sehr zielführend, die Aussagen der Schrift mit den Aussagen, vor allem aber mit den Handlungen von Politikern zu vergleichen. Wenn beispielsweise unser christliches Verhalten geprägt sein soll von Offenheit, Toleranz, von ungeteilter Menschenwürde, von der Achtung der Frau, wenn wir Fremde aufnehmen und Obdachlose bewirten sollen, dann dürften politische Vertreter, die Mauern bauen, Solidarität untergraben, Verantwortung primär als Selbstschutz interpretieren und Parteiinteressen vor das Gemeinwohl stellen, für uns Christen nicht wählbar sein. Das gilt für Amerika, für Europa und auch für Österreich.   

In Österreich läuft nun schon der längste Wahlkampf aller Zeiten. Wie beurteilen Sie diesen?
Schaffelhofer: Es ist nicht meine Aufgabe, parteipolitische Empfehlungen zu geben. Parteien gehören zur Demokratie und sind auch nicht als Ganzes gut oder schlecht, christlich oder unchristlich. Ihre langfristigen Interessen und ihre kurzfristigen Ambitionen können aber gut oder schlecht, christlich oder unchristlich sein. Und da es uns als Christen nicht egal sein darf, in welche Richtung unsere Politik geht, müssen wir uns ernsthaft einbringen. Wir dürfen einfach nicht kneifen. Weiß wählen oder gar nicht wählen wäre ein solches Kneifen, und das entspricht nicht unserem christlichen Auftrag. Wir müssen uns entscheiden, sonst entscheiden andere für uns.

Mehr als 400.000 Menschen sind noch immer unentschlossen.
Schaffelhofer: Natürlich können solche Entscheidungen auch schwierig sein, vor allem dann, wenn keiner der Kandidaten unserem Ideal ganz entspricht. Dann gilt es eben noch genauer hinzuschauen und zu überlegen, welcher Kandidat die größere Glaubwürdigkeit hat und aufgrund seiner bisherigen Haltung christliche Anliegen eher verwirklichen wird. Wir haben inzwischen schon teilweise Wahlkämpfe amerikanischen Stils. Die Kandidaten werden wie am Jahrmarkt als Wunderwuzzis angeboten. Vorsicht! Was verbirgt sich hinter der Scheinwelt der Wahlkämpfe? Durchschauen wir immer die Wahltaktik? Gott in den Mund zu nehmen ist z. B. ganz einfach und kostet gar nichts. Wer sagt, er habe die Bibel am Schreibtisch liegen, kann, aber muss nicht der bessere Christ sein. Es heißt noch lange nicht, dass er darin liest. Und wenn er darin liest, muss er die christliche Botschaft noch lange nicht verstanden haben. Aber selbst wenn er sie verstanden hätte, muss er deswegen noch lange nicht gewillt sein, danach zu handeln.

Wahlen werden nicht nur in den USA, sondern auch bei uns immer mehr zu „Denkzetteln“ an etablierte Parteien ...
Schaffelhofer: Die Bundespräsidentenwahl sollte keine Abrechnung mit der Regierung sein. Von Wut und Zorn wie die Amerikaner sollten wir uns nicht leiten lassen. Es gibt Sorgen und Probleme, die ich nicht kleinreden, aber doch in der richtigen Dimension sehen möchte. Denn verglichen mit anderen Ländern sind wir immer noch auf der Sonnenseite des Lebens. Wir dürfen also durchaus mit Optimismus und in der Hoffnung zur Wahl gehen, dass dieses Land die Kraft hat, die anstehenden Probleme zu meistern. Lassen wir unseren Pessimismus zuhause, er hat im Wahllokal nichts zu suchen. Glauben wir an unser Land, und lassen wir uns vom Geist Gottes tragen.