Kärnten steht für “lustvoll leben” und “gelassen genießen”
Interview mit dem obersten Kärnten-Werber Christian Kresse

Sie haben die Marke Kärnten neu positioniert. Jetzt ist die erste Saison mit „Lust am Leben“ vorbei. Hat der neue Slogan den Elchtest bestanden?
Kresse: Wir haben ja nicht alles neu gemacht. Es gab Dinge, die absolut am richtigen Weg waren. Die Marke bleibt und ist Kärnten. Der Slogan ist nichts anderes als ein Werteversprechen. Wir wollen der eigenen Bevölkerung und den eigenen Unternehmen ein Wertegefühl vermitteln und nach außen hin prägnant sein. BMW sagt: Freude am Fahren. Das kann für jedes Auto gelten. So kann „Lust am Leben“ auch für vieles gelten. Aber „lustvoll leben“ und „gelassen genießen“ wird Kärnten ganz besonders attestiert. Wir nehmen diese Kärntner Stärke, spitzen sie zu, kommunizieren sie und versuchen, dies umzusetzen.
Also mit dem Slogan allein ist es noch nicht getan.
Kresse: Wir müssen Produkte dahinter setzen. Wir haben einen Markendreiklang kreiert: See, Berg und Kultur/Kulinarium. In allen Produkten muss die „Lust am Leben“ wiederkommen. Wir sind damit jetzt im Jahr Eins. Eine Markenstrategie ist aber auf 10 Jahre angelegt. Die Kunst ist es, dranzubleiben.
Man hat das Gefühl, dass die „Lust an Kultur“ zu kurz kommt.
Kresse: Man kann die Themen Kulinarik und Kultur nicht trennen. Beide gehören eindeutig zusammen. Aber wir führen auch mit Museen, Festspielen, wie dem Carinthischen Sommer, etc. Gespräche. Kärnten ist noch nicht in der liberalen bis konservativen Ecke angekommen, also bei Gästen, die entsprechende Ausgaben tätigen. Diese kommen gerne zu kulturellen Ereignissen. Da sind wir in einem Aufholprozess. Aber ich bitte da um entsprechende Zeit.
Kritiker meinen, in Kärnten läuft vieles parallel. Sehen Sie das auch so?
Kresse: Ich orte das auch. Kärnten hat eine unheimliche kulturelle Vielfalt. Das Gemeinsame muss aber erst wachsen. Wir fassen aber den Kulturbegriff etwas weiter. Um am Markt glaubwürdig wahrgenommen zu werden, braucht es da noch einige Dinge. Positiv war etwa die Lösung der Ortstafelfrage. Das ist auch eine Kulturfrage.
Da machen negative Schlagzeilen über Kärnten kein gutes Klima ...
Kresse: Kärnten ist nicht ausschließlich eine touristische Marke. Wenn man Leute in Deutschland oder Wien auf der Straße über Kärnten befragt, so spielen Geschehnisse abseits des Tourismus für die Marke Kärnten eine Rolle.
Wohl keine positive ...
Kresse: Wir werden bei den befragten Personen als sehr unfreundlich wahrgenommen. Im Vergleich der wichtigsten Ferienregionen stehen wir in puncto Freundlichkeit an letzter Stelle. Dieses negative Image können wir in den nächsten Jahren auch nie mehr aufholen. Selbstverständlich werden gerade wirtschaftlich-politische Aktionen als unfreundlicher Akt angesehen.
Wie kann man da gegensteuern?
Kresse: Unser Ziel ist, dass Kärnten positiv dargestellt wird. Daher sind wir nicht glücklich über Dinge, die zu einem negativen Image Kärntens beitragen.
Zurück zur Kultur: Ein zentraler Kulturträger Kärntens ist die Kirche mit ihren Bauwerken, aber auch mit spirituellen Angeboten wie den zahlreichen Pilgerwegen. Sehen Sie Möglichkeiten, diese verstärkt zu bewerben?
Kresse: Die Schwierigkeit ist die Vielzahl von Einzelprodukten, die hier zu einem Produkt zusammengefasst werden sollen. So wird die Wahrnehmungsschwelle am Markt niemals erreicht. Unsere Pilgerwege sind phantastische Einzelprodukte, die leider Gottes teilweise sogar unzureichend beschildert sind. Wir können auch nicht von einem Konzept sprechen. Es reicht nicht ein Weg und seine Beschilderung von A nach B. Es braucht auch den Rahmen: Also Gasthöfe, Hotels, die auf dieses Thema aufspringen.
Wie stellen Sie sich das konkret vor?
Kresse: Wir bauen derzeit einen Leitwanderweg auf. Das ist der Alpen-Adria-Weg vom Großglockner über das Dreiländer-eck, durch das Socˇa-Tal bis Triest an die Adria. Dieser Weg basiert auf der Idee vom „Wandern im Garten Eden“, wo auch die Gasthäuser und einzelnen – auch kirchlichen – Ausflugsziele in eine Geschichte integriert werden.
Soll das eine Art Muster für andere Wanderwege werden?
Kresse: Ja. Ich muss eine Geschichte erzählen, der die Wanderer folgen können. Beim Pilgern brauche ich auch so eine Geschichte. Aber: Wer erzählt sie? Wird sie am Weg entlang permanent erzählt oder ist irgendwo ein Bruch drinnen? Wir werden mit dem 50. Pilgerweg in Kärnten werblich nichts zusammenbringen. Da braucht es einfach mehr konzeptionelle Arbeit dahinter.
Nun sind aber internationale Pilgerwege, wie der Jakobsweg, enorm nachgefragt. Das wäre doch auch ein Modell für Kärnten ...
Kresse: Ich würde mir sehr wünschen, wenn die Kirche etwa den Hemmaweg weiter verfolgen würde, sich mit dem Tourismusverband zusammensetzt und jemand dahinter ist, der dieses Produkt designt. Wir können das nicht in die Hand nehmen, aber begleiten und beraten, wie so etwas funktioniert. Wir sind sehr dankbar, wenn solche Initiativen von Partnern – etwa der Kirche – aufgenommen werden.
Zum Schluss: Was bedeutet für Sie persönlich Lust am Leben?
Kresse: Für mich bedeutet es, nicht von einem Terminkalender abhängig zu sein, permanent erreichbar zu sein. Das ist für mich lustvoll leben und gelassen genießen.
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