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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Jugend schafft Werkstücke mit Sinn: Im Zeichen der Demenz

Von Krämerwagen bis zur Jahreszeiten-Uhr – die Bewohner des Caritas-„Haus Elisabeth“ durften sich über neue Werkstücke für ihr Haus freuen. Diese wurden von Jugendlichen des Projektes „AusbildungsFit Ost Völkermarkt“ gefertigt.

Das Erinnerungsvermögen wird immer schwächer und bald auch geht die Orientierung verloren – Menschen, die an Demenz erkrankt sind, brauchen Unterstützung, um ihren Alltag zu bewältigen. Aber auch bekanntes und vertrautes Material, mit welchem sie arbeiten können, um ihre Motorik und Orientierung zu trainieren, sind essenziell. 15 Jugendliche und junge Erwachsene des Projektes „AusbildungsFit Ost Völkermarkt“ haben für das Caritas-„Haus Elisabeth“ in St. Andrä neben einer sogenannten Demenzdecke, einer bunten Jahreszeiten-Uhr und Bildern zum Angreifen auch einen Krämerwagen aus Holz gefertigt. Im Dezember wurden die Werkstücke an die Bewohner übergeben.

Ein Projekt zur Selbstfindung

Das Projekt der „pro mente: kinder jugend familie GmbH“ wird vom Sozialministeriumservice gefördert und unterstützt Jugendliche nach ihrer Pflichtschulzeit bei ihrem weiteren Ausbildungsweg. Trainerin Margot Sorger erzählt: „Jugendliche, die nach dem 15. Lebensjahr – nach der Schulpflicht – keine Lehrstelle haben und auch keine weiterführende Schule besuchen, können zu uns kommen. Meistens sind sie für ein Jahr bei uns, der Aufenthalt kann aber auch verlängert werden. Oder wenn sie vorher eine Lehre finden, können sie auch früher aussteigen.“ AusbildungsFit besteht aus vier Säulen: das Trainingsmodul, das Coaching, die Wissenswerkstatt und sportliche Aktivitäten – „Mit diesen sollen Jugendliche, wie der Name schon sagt, ausbildungsfit werden.“ Die Idee hinter der Zusammenarbeit mit dem Caritas-„Haus Elisabeth“ kam bereits im Dezember 2020: „Meine Schwiegertochter arbeitet im Haus Elisabeth, und so habe ich gemeinsam mit ihr überlegt, ob man nicht für das Haus etwas machen könnte. Als wir uns dazu entschlossen haben, das Projekt umzusetzen, hat sie gesagt, was sie benötigen würden. Anschließend haben wir uns mit den Jugendlichen zusammengesetzt und überlegt, was wir dafür alles brauchen. Dann wurden sie in Gruppen aufgeteilt und haben angefangen zu planen. Im April ging es in unserer Werkstatt in Völkermarkt los. Diese war groß genug, um Werkstücke wie den Süßigkeitenwagen zu realisieren“, so Sorger.

Werkstücke zur Orientierungshilfe

Das Pflegewohnhaus der Caritas hat sich auf Demenz spezialisiert. Es gibt einen eigenen Wohnbereich mit vertrauten Möbeln und Gebrauchsgegenständen der erkrankten Menschen. Immer wieder werden neue Gegenstände zur Orientierung und Beschäftigung gesucht. Zusammen mit den Jugendlichen sind so verschiedene Werkstücke mit Sinn entstanden – beispielsweise eine Jahreszeiten-Uhr als Orientierungshilfe oder ein „Mensch ärgere dich nicht“ mit großes Kegeln, welche einfacher zum Greifen sind. Auch ein Süßigkeitenwagen wurde von den Jugendlichen gebaut.

Wie es dazu gekommen ist, erzählt Mathilde Slamanig, Pflegedienstleiterin im „Haus Elisabeth“: „Uns ist immer vorgeschwebt, einen kleinen Einkaufsladen zu haben, mit welchem die Sozialbetreuung durch die Wohnbereiche geht. Die Bewohnerinnen und Bewohner können dort Kleinigkeiten kaufen – so wie früher einmal.“ Ein weiteres sinnvolles Werkstück ist die Demenzdecke. Slamanig fährt fort: „Die Demenzdecke dient als eine Art Motorikspiel. Auf dieser Decke sind Knöpfe, Reißverschlüsse und Knistersachen aufgenäht. Bewohnerinnen und Bewohner, die motorisch unruhig sind, können sie angreifen und sich mit ihr ablenken.“

Die Jugendlichen profitieren ebenso von dem generationsübergreifenden Projekt. Für Trainerin Sorger ist dieses ein Gewinn für beide – Jung und Alt: „Unsere Jugendlichen stärken nicht nur ihre handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten, sondern erlernen und verbessern im Umgang mit demenzkranken und alten Menschen auch ihre sozialen Kompetenzen. Die Seniorinnen und Senioren wiederum bekommen wichtige Hilfen, die sie an früher erinnern und die positive Gefühle wecken.“

Auch die Motivation fehlte nie: „Die Arbeit hat Spaß gemacht und der Gedanke, mit der Demenzdecke alten, kranken Menschen helfen zu können, hat mich beim Nähen beflügelt“, sagt Sarah (17), Teilnehmerin des Projektes. Weiters ist ein Besuch ins Haus selbst geplant: „Es war geplant, dass die Jugendlichen zu uns reinkommen und unser Haus kennenlernen, damit sie einen Bezug dazu bekommen – also wieso und warum machen sie das. Leider ist das aber durch Corona noch nicht zustande gekommen. Wir haben das aber noch vor, da wir auch weiterhin zusammenarbeiten.“

Eine nachhaltige Zusammenarbeit

Im Dezember 2021 wurden die Werkstücke den Bewohnerinnen und Bewohnern des Hauses übergeben. Mathilde Slamanig sprach bei der Übergabe der Werkstücke „ein Riesendanke an pro mente und die jugendlichen Gestalterinnen und Gestalter“ aus. Trotz Abschluss dieses einen Projektes ist die Zusammenarbeit noch nicht vorbei, verrät Slamanig: „Wir überlegen uns auch schon wieder neue Projekte. Der Kontakt bleibt aufrecht. Wir sind sehr begeistert. Die Zusammenarbeit war hervorragend, es gab einen wirklich guten Austausch.“

Information:

AusbildungsFit Ost/Völkermarkt unterstützt Jugendliche und (junge) Erwachsene je nach individuellem Förderbedarf. Das Projekt kombiniert praktisches Tun, Training in den Kulturtechniken, Sport und individualisiertes Coaching mit sozialem Lernen in der Gruppe. Ziel ist das Erreichen eines konkreten realisierbaren nächsten Ausbildungsschrittes.

Kontakt: afit-ost-voelkermarkt@promente-kijufa.at

von Carina Müller