Integration im Beruf: Kärnten ist spitze!
Kärntner Betriebe sind bei Anstellung Behinderter top
Nur zwei von zehn Unternehmen erfüllen im Bundesschnitt die Behindertenanstellungspflicht. In Kärnten sind es mehr. von Georg Haab


Kärnten ist Spitze: In Zeiten vieler negativer Schlagzeilen tut diese Nachricht gut. Sie trifft zu, auch wenn noch vieles verbessert werden kann. Das Behinderteneinstellungsgesetz schreibt Unternehmen vor, dass pro 25 Angestellten ein Mensch mit Behinderung eingestellt werden muss. Geschieht dies nicht, sind pro Monat und Person 232 - 345 € (je nach Betriebsgröße) in den Ausgleichstaxenfonds zu entrichten. Bundesweit ziehen es 78 Prozent der Unternehmen vor, sich „freizukaufen“. Vorbilder für die anderen Bundesländer sind Oberösterreich, wo 31 Prozent der Betriebe ihrer Beschäftigungspflicht nachkommen, und Kärnten mit gut 30 Prozent integrationswilligen Betrieben.
Behinderungen sind vielfältig: Sinnesbeeinträchtigungen wie Hör- und Sehbehinderungen können heute großteils medizinisch-technisch ausgeglichen werden; sie werden weniger wahrgenommen. Dann gibt es verschiedene körperliche Behinderungen, psychische Behinderungen, sozial-emotionale Behinderungen, die Menschen von der vollen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausschließen, und nicht zuletzt das ganze Spektrum von intellektuellen Beeinträchtigungen.
Arbeit ist wertvoll
Die Diskussionen um die Erwerbstätigkeit der Frau haben gezeigt, dass Arbeit einen wesentlichen Anteil daran hat, wie jemand in das gesellschaftliche Leben eingebunden ist und welchen gesellschaftlichen Status ihm zugemessen wird. Wer arbeitet, hat ein eigenes Einkommen und ist damit unabhängig, ist kranken- und pensionsversichert. Es geht um selbstbestimmtes Leben, um grundsätzliche Nicht-Diskriminierung und damit um Menschen- und Bürgerrechte: Warum werden Menschen aufgrund einer Beeinträchtigung dennoch ausgeschlossen, obwohl sie durchaus Fähigkeiten haben, die sie zum Wohl aller einbringen könnten?
Der hochqualifizierte blinde Telefonist ist ein Musterbeispiel, die gehörlose Bundesratsabgeordnete Helene Jarmer ein weiteres. Weniger qualifizierte Personen finden schwieriger einen Job – um so mehr, als einfache Arbeiten immer öfter von Maschinen erledigt werden.
Sicher, manche Menschen, die am ersten (allgemeinen) Arbeitsmarkt keine Stelle finden, sind froh, am zweiten (Projekte, Institutionen mit eigener Sozialversicherung) oder dritten Arbeitsmarkt (ohne Lohn und Sozialversicherung) genommen zu werden. Andreas Jesse vom Integrationsfachdienst „autArk“ kritisiert aber, dass „immer noch viel zu wenige Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber Menschen mit Behinderung die Chance bieten, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und sich als Mitarbeiter zu bewähren.“
Hilfestellung für Betriebe
Dienste wie „autArk“ unterstützen Unternehmen bei der Behindertenanstellung, indem vorab die Berufseignung von Menschen mit Behinderung abgeklärt wird. Arbeitsassistenz und Berufsausbildungsassistenz helfen nicht nur bei Erprobung und Einbegleitung in den Arbeitsplatz, sondern beraten auch bezüglich möglicher Förderungen, stehen als Ansprechpersonen zur Verfügung und bieten im Falle eines Falles ein Konfliktmanagement. Jobcoaching mit Beratung, Information und Begleitung am Arbeitsplatz ermöglichen die nachhaltige berufliche Integration.
Verlust oder Gewinn?
Die Frage, ob die Einstellung behinderter Menschen nicht der Wirtschaftlichkeit des Betriebes schade, beantworten renommierte Unternehmen wie Baumax, Hasslacher oder die Bau- und Möbeltischlerei Eicher aus St. Salvator klar mit „nein“.
Die Einstellung von Menschen mit Behinderung habe sich in ihren Betrieben als Chance gezeigt: Prozesse und Arbeitsabläufe seien zum Wohl aller einfacher geworden, das Betriebsklima und die Zusammenarbeit habe deutlich gewonnen, so Vertreter dieser Firmen. Vorurteile seien überwunden, Leistungsdruck und Perfektionismus abgebaut worden. Dagegen seien andere Werte wie Gemeinwohl oder Menschlichkeit gewachsen.
Iris Strasser, deren Initiative „Verantwortung zeigen“ die soziale Ausrichtung von Unternehmen fördert, sieht die Behindertenbeschäftigung als „Königsdisziplin“. Für sie steht jedoch fest: „Viele Betriebe klammern das Thema aus – bis sie persönliche Erfahrungen mit behinderten Menschen gemacht haben.“