Organisation

Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Ich suche den geschwisterlichen Dialog

Barbara Haas ist seit März 2012 Vorsitzende der kfb Österreichs. Mit ihr sprach Gerald Heschl.

Barbara Haas über ihre Arbeitsschwerpunkte und Herausforderungen, das Engagement junger Frauen und den Dialog mit den Bischöfen

Barbara Haas über ihre Arbeitsschwerpunkte und Herausforderungen, das Engagement junger Frauen und den Dialog mit den Bischöfen (© Foto: kfb-Österreich)
Barbara Haas über ihre Arbeitsschwerpunkte und Herausforderungen, das Engagement junger Frauen und den Dialog mit den Bischöfen (© Foto: kfb-Österreich)
kfbö-Vorsitzende Barbara Haas (© Foto: kfb)
kfbö-Vorsitzende Barbara Haas (© Foto: kfb)

Vor einem halben Jahr wurden Sie zur neuen Vorsitzenden der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö) gewählt. Wie sind Ihre ersten Erfahrungen in dieser Aufgabe?
Haas: Das ist eine schöne, große, aber auch herausfordernde und sehr spannende Aufgabe. Wir wurden ja als ganzes Team neu gewählt. Nach der Teamfindung, die sehr gut gelaufen ist, konnte ich mir schon ein gutes Bild von den Herausforderungen machen. Zu unserem Jahresthema „Heute Christin sein. kfb – gemeinsam, kraftvoll, engagiert“ fand kürzlich in Innsbruck die Sommerstudientagung statt. Da kamen alle Verantwortlichen aus allen Diözesen, und ich hatte einen sehr guten Eindruck von der Kraft und Energie der kfb in ganz Österreich. Ich war jetzt auch schon in allen Diözesen und freue mich auf den Beginn des Arbeitsjahres.

Nach Ihrer Wahl formulierten Sie als eines Ihrer Ziele, junge Frauen in die kfb einzubinden. Sie sind Lehrerin, also mit jungen Menschen im intensiven Kontakt. Wie kann es heute gelingen, junge Menschen für das Engagement in der Kirche zu begeistern?
Haas: Das ist sicher eine der großen Herausforderungen. Ich denke, es geht auch um unser Beispiel, wie wir Frau-Sein in der Kirche leben. Heute ist es eben so, dass junge Menschen sich gerne für eine Aktion engagieren, aber nicht längerfristig binden. Sie sind auch dann zu begeistern, wenn sie einen tieferen Sinn in der Sache sehen. Da ist etwa der Familienfasttag eine ideale Form der Beteiligung. Ziel des Familienfasttages ist es, das entwicklungspolitische Engagement in Österreich zu stärken und nach außen zu tragen. Wenn junge Menschen merken, dass sie durch ihren Einsatz mit Frauen auf der anderen Seite der Welt in Verbindung treten können, interessiert sie das, und da sind sie gerne dabei. Dazu gehört auch, zu sehen, dass sich Engagement lohnt. Dass es im Kleinen viel zum Positiven verbessert, aber auch mich selbst, meine Persönlichkeit verändert. Wenn ich mich für eine Sache in Gemeinschaft einsetze, dann ändert sich auch mein Leben. Diese Erfahrung macht man am besten in solchen Aktionen und Projekten.

Das heißt, Sie setzen auf Projekte und Aktionen. Welche Schwerpunkte sind inhaltlich zu erwarten?
Haas: Wir haben drei große Bereiche. Das eine ist die Bildungsarbeit für Frauen vor Ort. Es gibt ja in allen Regionen Österreichs vom Waldviertel bis Unterkärnten kfb-Organisationen. Das ist ein guter Anknüpfungspunkt für Frauen, die sich in ihrem Frau-Sein weiterentwickeln wollen. Das Zweite ist die Öffentlichkeitsarbeit. Da geht es um die Rolle der Frau in Politik, Gesellschaft und Kirche. In der kfb sind viele junge Frauen, die Stellung nehmen. Die aufzeigen, wenn es zu gewissen Entwicklungen kommt, die sie so nicht hinnehmen wollen oder können. Der dritte Schwerpunkt ist die entwicklungspolitische Zusammenarbeit, die sich am Familienfasttag und in der Bildungsarbeit manifestiert.

Bleiben wir gleich einmal beim Thema Frau und Kirche. Fühlen Sie sich innerhalb der Kirche ernst genommen, hat die Frau in der Kirche etwas zu sagen?
Haas: Ich würde nicht sagen, dass wir nicht ernst genommen werden. Bei den Pfarrgemeinderatswahlen haben wir gemerkt, dass der Frauenanteil höher ist, als der Anteil der Männer. Frauen engagieren sich also konkret in der Kirche. Wie groß ihr Anteil ist und wie viel sie leisten, wird aber nicht immer wahrgenommen. 

Wo fehlt Ihnen diese Wahrnehmung?
Haas: Kardinal Carlo Maria Martini hat kurz vor seinem Tod gesagt, die Kirchenmänner müssten Frauen für Vieles um Verzeihung bitten. Frauen haben in der Kirchengeschichte immer mitgestaltet und ihren Anteil geleistet. Wenn die Frauen die Kirche verlassen, dann ändert sich auch das Bild der Kirche.

Auch in der Familie geschieht die Weitergabe des Glaubens oft über die Mutter ...
Haas: Ja, das ist für die christliche Sozialisierung von Kindern ganz entscheidend. Aber nicht nur in der Familienkatechese, auch in der Gemeindekatechese engagieren sich Frauen ganz massiv. Denken Sie, wie viele Liturgiegruppen, Gebets- und Bibelkreise von Frauen getragen werden. Wir ermutigen und ermuntern unsere kfb-Frauen auch, hier mitzugestalten.

Frauen spielen also im Glauben eine zentrale Rolle. Da stellt sich natürlich die Gretchenfrage: Wie halten Sie´s mit der Priesterweihe von Frauen?
Haas: Das ist eine sehr kritische Frage. Fakt ist, dass das Kirchenrecht eben nur getaufte Männer zu den Weiheämtern zulässt.

Die kfb hat sich mitunter auch als Stachel im Fleisch der Kirche verstanden. Wie sehen Sie diese Rolle?
Haas: Die Art und Weise, wie man auf ein Thema aufmerksam macht, ist unterschiedlich. Mein Grundanliegen ist die Geschwisterlichkeit. Ich sehe im ständigen Konflikt keinen tieferen Sinn. Ich suche das Gespräch und wenn es gelingt, miteinander zu reden, kann man die unterschiedlichen Positionen einander verständlicher machen. Es fragt sich aber auch immer, in welchen zeitlichen Dimensionen man sich Ziele steckt. Es hilft nichts, wenn man sich selbst unter massiven Druck setzt. Ich werde aber alle meine Kraft dafür verwenden, dass es zu einem Fortschritt kommt. 

Sie setzen also auf Dialog statt Provokation.
Haas: Ja, unbedingt.

Sind Sie auch mit den Bischöfen im Dialog?
Haas: Ich habe fast alle Bischöfe schon getroffen, und es waren sehr wohlwollende erste Begegnungen. Was daraus entsteht, kann ich noch nicht sagen. Wenn wir uns aber unserem Jahresthema entsprechend positionieren, also „Heute Christin sein“, so stehen wir ganz klar in der Nachfolge Christi.

Die kfb ist die mitgliederstärkste Frauenorganisation Österreichs. Dennoch gelingt es ihr nur schwer, mit frauenspezifischen Themen – etwa Gleichstellung im Beruf – ähnliche öffentliche Resonanz zu finden wie bei innerkirchlichen Themen. Wird es da unter Barbara Haas eine stärkere Positionierung geben?
Haas: Ganz sicher. Wir waren auch schon bei der Frauenministerin und bauen Netzwerke, um der Frau in der Gesellschaft eine Stimme zu geben und sie sichtbar zu machen. Da arbeiten wir mit den unterschiedlichsten Frauenorganisationen zusammen. Ihre Wahrnehmung ist aber richtig, dass unsere Aussendungen zu frauenspezifischen Themen weniger Echo hervorrufen, als wenn es um innerkirchliche Themen geht. Ich stelle mir aber schon  immer wieder die Frage, zu welchen Themen wir Stellung nehmen. Mir geht es da nicht um Medienpräsenz um jeden Preis, sondern viel eher darum, punktgenau und gut formuliert aufzutreten, als einfach nur Schnellschüsse hinzulegen. Und überall dort, wo Frauenthemen angesprochen werden, sind wir eigentlich schon in der Vergangenheit präsent gewesen.