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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Generationenkonlikt: eine ewige Kluft?

Bericht zum "Europäischen Jahr des aktiven Alterns"

Immer weniger Junge müssen für die Pensionen immer mehr Alter aufkommen. Der Generationenkonflikt entpuppt sich als Verteilungskonflikt. Politik und Wirtschaft versäumen Reformen und Maßnahmen zur Vermittlung zwischen Jung und Alt. von Philipp Teich

Verständnis für den jeweils Anderen ist das Um und Auf im Zusammenleben der Generationen. (© Foto: Eberbach-Schäffer)
Verständnis für den jeweils Anderen ist das Um und Auf im Zusammenleben der Generationen. (© Foto: Eberbach-Schäffer)

Schon zur Zeit der Antike soll sich der griechische Philosoph Sokrates über eine zunehmend verlotternde, faule Jugend ausgelassen haben, eine heranwachsende Generation ohne Fleiß, Tugenden oder Respekt gegenüber ihren älteren Mitmenschen. Anfang der 1990er-Jahre wurde dann der Begriff „no future generation“ geprägt, der orientierungslose Kinder und Jugendliche beschreibt, die ohne Ziele und Werte in den Tag hineinleben und sich wenig Gedanken über ihre Zukunft machen. Es scheint – egal ob in der Antike oder jüngeren Neuzeit – stets Konflikte zwischen älterer und jüngerer Generation gegeben zu haben, die im Grunde auf mangelndem Verständnis oder vielmehr auf mangelder Bereitschaft der Älteren und Jüngeren, die Lebensweise des jeweils anderen zu akzeptieren, zurückzuführen sind.
Anton Amann, Soziologe, Gerontologe, Autor sowie Professor am Institut für Soziologie der Universität Wien, erläutert diese Kluft an einem anschaulichen Beispiel: „Ein junger Mensch kann vielleicht nicht viel mit der Rock ‘n‘ Roll-Plattensammlung des Vaters aus den 60er-Jahren anfangen, findet diese Musik altmodisch. Musik, für die der Vater in seiner Jugend von den eigenen Eltern gescholten wurde, die wiederum lieber Marschmusik gehört hatten.“ Generell sind also ein beiderseitiges Unverständnis – aus Mangel an der Teilhabe am Leben des jeweils anderen – und eine mangelnde Bereitschaft, sich mit der älteren bzw. jüngeren Generation auseinanderzusetzen, attestierbar. „Es wäre die Aufgabe von Politik, Wissenschaft und Medien, sich zusammenzusetzen und eine Form der Vermittlung zu finden, die nicht auf Feindbildern und negativen Vorurteilen aufgebaut ist“, erklärt Amann.

Generationenvertrag in Gefahr
Des Weiteren sind für Amann das Begreifen und Definieren verschiedener Begriffe wichtig, um den Konflikt zwischen Alt und Jung nachvollziehen und vielleicht auch überwinden zu können: Zum einen besteht die Vorstellung eines Generationenkonfliktes, der im Grunde dadurch entsteht, dass jüngere Generationen für eine stetig wachsende Zahl von nicht arbeitsfähigen Pensionisten die Altersversorgung, sprich Pension, finanzieren müssen. Das auf dem Solidaritätsprinzip beruhende Übereinkommen in Form des Generationenvertrages ist aufgrund begrenzter Mittel, einer immer höheren Zahl an Beschäftigungslosen und nicht arbeitender Pensionisten auf lange Sicht aber nicht mehr umsetzbar. „Wenn die Entscheidungsträger nicht gegenlenken, ist bei derzeitiger Entwicklung in den nächsten 10 bis 15 Jahren mit einem Kollabieren des gegenwärtigen Pensionssystems zu rechnen“, ist Amann überzeugt und nennt auch Lösungswege aus dieser Misere: eine Reform des gegenwärtigen Pensionssystems und eine Ergänzung durch private Selbstvorsorgemodelle, die jedoch in den vergangenen Jahren durch fondbasierte Veranlagungen und damit einhergehenden Fehlspekulationen mit Vorsicht zu genießen sind. Auch eine Anhebung des Pensionsalters ist für Amann denkbar, sofern dem Alter entsprechende und zumutbare Jobs zur Verfügung gestellt werden. Derzeit ortet der Soziologe jedoch wenig Interesse seitens der Arbeitgeber, ebensolche Arbeitsstellen zu schaffen.

Der Wert des Alters
Ein gutes Miteinander zwischen den Generationen sieht Amann innerhalb der Familien. „Ohne Väter, Mütter, Omas und Opas, die finanziell aushelfen und zum Teil auch bei der Kindererziehung mithelfen,  wäre der Lebensstil vieler junger Menschen nicht haltbar.“
Doch leider haben die Lebenserfahrung und Weisheiten älterer Menschen keinen marktwirtschaftlichen Wert und werden daher auch nicht als das wahrgenommen, was sie sind: Werte, die es gilt, an die nächste Generation weiterzuvermitteln, um ein besseres Mitei-nander und einen Brückenschlag zwischen den Generationen zu verwirklichen.