Ein Theater, das von Kinderlachen erfüllt ist, ist ein großes Geschenk
Florian Scholz, Intendant des Stadttheaters, im Gespräch mit Ingeborg Jakl zur beginnenden Spielsaison
Kommunikation mit dem Publikum ist dem Intendanten des Stadttheaters wichtig


Es war ein heißer Sommer. Ist in Erinnerung an Ihr Theaterengagement in Klagenfurt vor einem Jahr auch wieder mit einem heißen Herbst zu rechnen?
SCHOLZ: Wenn Sie das Theater ansprechen, hoffe ich auf einen spannenden Herbst mit viel Freude und neuen Einblicken. Unser Programm ist mit unserem neuen Chefdirigenten Alexander Soddy, ein Meister seines Faches, durchdacht und mit ihm abgestimmt. Und das Publikum erwartet wunderbare internationale Künstler.
Die letzte Spielsaison begann ja bekanntlich ziemlich turbulent und stürmisch – unfreiwillig getreu dem Motto der letzten Saison, das Sie mit „Naturgewalten“ ausgerufen hatten.
SCHOLZ: Um ehrlich zu sein: Damit hatte ich in diesem Maß nicht gerechnet. Ich hätte mir gewünscht und habe gehofft, das Publikum vielmehr im Sturm zu erobern.
War das Publikum vielleicht überfordert?
SCHOLZ: Nein, das glaube ich nicht. Die engagierten Regisseurinnen und Regisseure waren allesamt namhafte Personen. Anerkannt in ihrem Bereich. Ich möchte da nur zitieren: Die Süddeutsche Zeitung nennt 2011 Anna Bergmann (inszenierte den Freischütz, Anm. d. Red.) „das explodierende Fräuleinwunder des deutschen Theaterbetriebs“, derzeit spielt ihre vielbeachtete Saisoneröffnung am Wiener Burgtheater, Ibsens „Die Frau vom Meer“. Aber ich nehme die Kritik sehr ernst und spreche viel mit unserem Publikum.
Ist für die kommende Spielsaison mit Überraschungen der positiven Art zu rechnen?
SCHOLZ: Ja, und wie! Mit wunderbaren Künstlern. Wir haben international klangvolle Namen für die großen Produktionen hier am Haus. Ich möchte nur unsere vier großen Opern, „Der Rosenkavalier“, „Macbeth“, „Giulio Cesare in Egitto“ und „Die Liebe zu den drei Orangen“, nennen.
Derzeit laufen zwei Proben gleichzeitig. Strauss’ Opernkracher „Der Rosenkavalier“ und „Der Kirschgarten“ von Anton Tschechow.
SCHOLZ: Richtig, und es geht zügig voran. Das Theater füllt sich mit Leben. Im Sommer ist es hier fast wie in einem Geisterschloss, aber jetzt pulsiert hier wieder die gewohnte künstlerische Vitalität.
Sie haben vorhin erwähnt, dass Sie nach den zum Teil auch ziemlich untergriffigen Kritiken des Publikums ganz bewusst den persönlichen Kontakt zu den Theaterbesuchern gesucht haben. Bleibt es bei diesem Kommunikationsservice?
SCHOLZ: Ja, das ist mir wichtig. Ich mache die Einführungsmatinee und habe da schon die Möglichkeit, mit dem Publikum zu kommunizieren. Das bedeutet mir sehr viel und ist auch eine große Freude für mich. Außerdem bin ich offen für Gespräche. Ich nehme jeden Brief und jeden Anruf ernst.
Das Theater gehört allen, ich verwalte es nur.
Anerkanntermaßen fanden die beim eher gesetzteren Theaterpublikum heftig diskutierten Produktionen bei den jüngeren Besuchern hohe Akzeptanz. Ein schwieriger Spagat, den einen wohl und den anderen nicht wehe zu tun.
SCHOLZ: Meinen Sie? Ich denke, gerade das ist eine ganz spannende Arbeit, nämlich auch die Jugend für das Theater zu interessieren. Daher gehen wir auch viel nach draußen, haben zum Beispiel das Schulprojekt eingeführt.
Wie darf man sich das vorstellen?
SCHOLZ: Wir gehen raus aus dem Theater, hinein in die Schulen und spielen dort vor Ort. Für die Jugend. Wir haben Themen im Gepäck, die die jungen Menschen interessieren. Das Stück „Erste Stunde“ beschäftigt sich mit Mobbing an Schulen und ist nicht nur aktuell, sondern auch ein ganz bewusster Schritt hin zur Jugend. Wir wollen die jungen Leute dort abholen, wo sie sind und auf diese unkonventionelle Weise mit dem Theater in Berührung bringen.
Wenn sie sich berühren lassen, dann kommen sie ins Theater, weil sie ...
SCHOLZ: ... zum Beispiel auf „Tschick“ warten, einen Jugendroman von Wolfgang Herrndorf, der leider in diesen Tagen verstorben ist. Er hat es verstanden, die ungewöhnliche Freundschaft zwischen einem 14-Jährigen aus bürgerlichen Verhältnissen und einem verwahrlosten jugendlichen Spätaussiedler aus Russland sprachlich grandios umzusetzen.
Und zwar in der Sprache, die die heutige Jugend spricht und versteht.
SCHOLZ: Ja, das ist ihm großartig gelungen. Ich bin froh, dass wir gerade in dieser Saison dieses Stück auf dem Spielplan haben.
Für die Kinder und jene, die sich immer noch gern mit Märchen beschäftigen, gibt es wieder das schon traditionelle Weihnachtsstück?
SCHOLZ: Das werden wir natürlich beibehalten, das hat sich bewährt. Schon jetzt liegen die vielen Anfragen für „Das kalte Herz“ vor. Und „Die kleine Hexe“ für Kinder ab vier Jahren. Ein Theater, das von Kinderlachen erfüllt ist, ist ein großes Geschenk. Gibt es eine schönere Bestätigung der künstlerischen Leistungen?
Das macht Sie offensichtlich gleichermaßen glücklich, um auf das Motto der heurigen Spielsaison zu kommen. Da heißt es ja „reich und glücklich“.
SCHOLZ: (schmunzelt) Ja, das kann ich so sagen. Das Glück, und dazu zähle ich auch die Berufung nach Klagenfurt, hat damit zu tun. Es ist für mich ein großes Geschenk, an diesem Haus zu arbeiten. Eingebunden in ein kreatives Team, das hat schon was. Ich fühle mich für die hier arbeitenden Menschen auch verantwortlich und schon deshalb ist es mein Bestreben, mein Bestes zu geben.
Und zum Ausgleich ...
SCHOLZ: … springe ich in den See. Mein Lieblingsplatz, und in Kärnten gibt es für mich einige, war im Sommer der Wörthersee. Ganz exakt zwischen Krumpendorf und Sekirn.
Also als Langstreckenschwimmer im Wasser.
SCHOLZ: Aber generell schätze ich diese unbeschreibliche Natur hier, das ist Erholung pur. Es braucht neben dem Theater noch eine Bühne des Ausgleichs. Die bietet mir die großartige Landschaft in Kärnten. Da genieße ich das private Glück, das mir Kraft für die Arbeit gibt, auch wenn etwas einmal nicht so rund läuft.
Aber rund lief es doch, wenn man so sagen darf, in Ihrer Rolle als Herr von Silberkern in „Der Alpenkönig und Menschenfeind“.
SCHOLZ: Ja, es gab da sehr viele positive Rückmeldungen. Aber das ist nicht meine Hauptaufgabe, sondern ich muss als Verantwortlicher dieses Hauses das machen, wovon ich überzeugt bin. Und das heißt: Kulturleben auf höchstem Niveau anzubieten. Natürlich kann man da auch mal anecken. Es hat ja nicht jeder die gleiche Sichtweise. Schließlich ist es nicht mein Theater. Ich verwalte es nur. Das Theater gehört allen!
Zur Person
Florian Scholz, 1970 in Heidelberg geboren, studierte Schauspiel in Paris und an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch sowie Kulturmanagement an der Universität Zürich. Er arbeitete als Schauspieler an verschiedenen deutschsprachigen Bühnen. Ab 2006 war er tätig als Referent von Nikolaus Bachler an der Bayerischen Staatsoper und seit 2008 als Direktor für Internationale Beziehungen und Sonderprojekte. Ab der Spielzeit 2012/2013 übernahm Florian Scholz die Intendanz am Stadttheater Klagenfurt.
Zum Spielplan 2013/2014
Der Rosenkavalier 19. September, Der Kirschgarten 10. Oktober, Tschick 23. Oktober, Die kleine Hexe 28. Oktober, Macbeth 31. Oktober, Das kalte Herz 23. November, Die Csárdásfürstin 19. Dezember, Das goldene Vlies 9. Jänner 2014, Giulio Cesare in Egitto 6. Februar 2014, Das (perfekte) Desasterdinner 27. Februar 2014, Die Liebe zu den drei Orangen 20. März 2014.