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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Die Hypo hatte auch viel Pech

Irmgard Griss über die Hypo-Alpe-Adria und Verantwortungsbewusstsein in der Politik

Irmgard Griss hielt zur 130-Jahr-Feier der „Bürger-Goldhauben-Frauen St. Veit“ einen Vortrag. Im Rahmen der Veranstaltung führte der „Sonntag“ mit ihr das folgende Gespräch über die Hypo-Kommission, politische Verantwortung und die Rolle Kärntens.

Irmgard Griss im SONNTAG-Interview zu Ergebnissen und fehlenden Konsequenzen des Hypo-Berichtes, über Verantwortung in der Politik und den Umgang des Bundes mit Kärnten. (© Foto: Screenshot / alumni UNI Graz)
Irmgard Griss im SONNTAG-Interview zu Ergebnissen und fehlenden Konsequenzen des Hypo-Berichtes, über Verantwortung in der Politik und den Umgang des Bundes mit Kärnten. (© Foto: Screenshot / alumni UNI Graz)
Irmgard Griss (© Foto: vfgh)
Irmgard Griss (© Foto: vfgh)

Jene Kommission, die seitens der Bundesregierung eingesetzt wurde, um die Vorfälle rund um die Hypo-Alpe-Adria aufzuklären, trägt Ihren Namen. Sie wurden rundum gelobt für die Seriosität und den Mut, die Dinge beim Namen zu nennen. Passiert ist danach nicht viel – oder täuscht der Eindruck? Wurde jemand zur Verantwortung gezogen?
Griss: Nein. Aber es ist schon ein positives Zeichen, dass es in Österreich überhaupt möglich war, so eine Kommission einzusetzen. Wir hatten wirklich freie Hand. Wirklich! Natürlich war es für die Politik damals eine schwierige Situation. Sie haben das nicht gemacht, weil ich ihnen so sympathisch war. Aber dass man das gemacht hat, dass man es sich getraut hat – das ist eine großartige Sache. Konsequenzen? Nein, Konsequenzen aus dem Bericht gab es keine.

Jetzt gibt es den parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Was kann man sich davon erwarten? Ist das eine Folge Ihres Berichtes?
Griss: Der Untersuchungsausschuss hat eigentlich mit dem Bericht gar nichts zu tun. Er tut ja so, als gäbe es den Bericht gar nicht und beginnt wieder bei der Stunde Null. Ich sehe das nicht als Folge unseres Berichtes, sondern als unabhängiges Unternehmen. Schauen wir einmal, was da herauskommt.

Sie betonten bei Ihrem Vortrag bei den Goldhauben-Frauen in St. Veit die Bedeutung von Verantwortungsbewusstsein und Integrität für die Politik. Man hat aber doch den Eindruck, in der Politik geht es einzig um Machterhalt. Haben die von Ihnen zitierten Werte eine Chance?
Griss: Die Chance dafür ist immer gegeben. Ich bin überzeugt davon, dass es genug Leute in der Politik gibt, die das erkennen und versuchen, Werte zu leben. Man kann aber auch nicht naiv an die Sache herangehen. Politik ist Machtausübung. Wenn man es positiv betrachtet, so ist Machterhalt notwendig, um seine Ziele durchzusetzen. Man braucht auch Macht, um Gutes zu tun. Das heißt: Machterhalt an sich ist noch nicht schlecht. Die Frage ist immer, wofür man die Macht einsetzt. Eine weitere Frage ist, welche Kompromisse man dafür schließt, dass man die Macht erhält. Jeder sollte sich fragen, ob die Kompromisse, die man dabei eingehen muss, letztlich das Ganze vergiften. Da gibt es Grenzen. Aber man kann nicht von vornherein sagen, dass es schlecht ist, wenn ein Politiker Macht erhalten oder Macht gewinnen möchte.

In der Bevölkerung wird dies zumeist anders gesehen. Oder wie erklären Sie sich die Politiker- und Parteienverdrossenheit in Österreich? Wie kann man dem begegnen?
Griss: Indem man versucht, objektiv zu berichten. Da sind auch die Medien gefordert. Die Leistungen, die Politiker erbringen, sollten herausgestellt werden. Es muss auch klar sein, dass wir Politiker brauchen. Daher kann es nicht so sein, dass wir diese „Politiker-Kaste“ nur schlecht machen, sodass kein anständiger Mensch darüber nachdenkt, in die Politik zu gehen. Wir brauchen gute Leute in der Politik.

Aber die Medien alleine kann man dafür wohl kaum verantwortlich machen ...
Griss: Ich glaube schon, dass die Einstellung der Menschen eine große Rolle spielt. Diese wird durch die Medien beeinflusst. Es ist ja nicht alles schlecht, was passiert. Die Gier nach Sensationen, nach irgendwelchen „Sagern“, mit denen man Politiker dann besonders negativ darstellen will, das schafft dieses schlechte Bild von Politikern. Es ist nicht alles schwarz oder weiß. Es gibt viele Graustufen und es geht gar nicht anders, als ein differenziertes Bild zu vermitteln. Das trifft im Grunde für alles zu. Es muss wieder attraktiv sein, in die Politik zu gehen. Gerade für Menschen, die verantwortungsbewusst, anständig und seriös sind, die nicht für sich allein alles wollen, sondern die etwas Gutes bewirken wollen. Das liegt nicht zuletzt an uns – als Bürger und als Wähler.

Sie haben die Hypo intensiv durchleuchtet und Verantwortlichkeiten festgemacht. Wie beurteilen Sie den Umgang etwa des Bundes mit Kärnten in dieser Causa?
Griss: Auch beim Umgang mit Kärnten muss man differenzieren. Die Hypo gibt ein Bild ab, bei dem viele Faktoren zusammengekommen sind. Wir haben versucht, das auch im Bericht so darzustellen. Natürlich hat es in Kärnten angefangen. Aber es ist viel dazugekommen. Es hat sich auch auf allen anderen Ebenen bei so gut wie allen Entscheidungen herausgestellt, dass in Sachen Hypo nicht richtig gehandelt wurde. Nicht nur aus heutiger Sicht! Auch aus damaliger Sicht.

Kann man von politischer Fahrlässigkeit auf allen Ebenen – Land und Bund – sprechen?
Griss: Da kommt noch etwas dazu: Ich finde, dass viel zu wenig berücksichtigt wird, wie viel Pech bei der Hypo-Geschichte dazugekommen ist. Wäre die Finanzkrise nicht gekommen, hätte man die schlimmsten Folgen vielleicht übertauchen können. Es war schon vorher schlimm genug, aber es wäre nicht so weit gekommen. Wäre nicht die Rezession in Südosteuropa gekommen, die ja auch vielen anderen Banken geschadet hat, wäre vieles anders ausgegangen. Es war also eine extrem unglückliche Situation.