Organisation

Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Der Mond zeigte sich nur kurz

„Ein einmaliges Naturerlebnis“, war sich Barbara Kollienz, stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Benedikt be-Weg-t“ von Anfang an sicher. von Ingeborg Jakl

Pilgersegen für alle: P. Siegfried Stattmann OSB begrüßt an jeder Filialkirche die Pilgergruppe.  (© Foto: Jakl)
Pilgersegen für alle: P. Siegfried Stattmann OSB begrüßt an jeder Filialkirche die Pilgergruppe. (© Foto: Jakl)

Das Datum hat es aber auch in sich. Freitag, der 13. Juni, und noch dazu Vollmond. Eine Konstellation, die es so schnell nicht wieder geben wird, erst im Jahr 2049. Vielleicht auch mit ein Grund, warum der Verein zu einem Mondscheinpilgern auf dem besagten Benediktweg lud. Vier Filialkirchen bei St. Paul im Lavanttal sollten bei Vollmond besucht werden. Vier Kirchen, vier Berge, rund 15 Kilometer durch die Natur. Gemeinsam, „um den eigenen Lebensrhythmus wahrzunehmen“, sagt P. Siegfried Stattmann OSB, Dekan des Stiftes St. Paul und für die geistliche Patronanz des Benediktweges verantwortlich.
„Es ist heute etwas ganz Besonderes“, so P. Siegfried weiter. „Pilgern mit allen Sinnen und dabei Kirche erspüren und Begegnung mit den Mitmenschen teilen“, begrüßt er die Teilnehmer, die sich vor der Filialkirche St. Margarethen eingefunden haben. Südöstlich von St. Paul, 463 m hoch auf einem Berghang, liegt der barocke Bau. Drei weitere Filialkirchen der insgesamt acht, die zum Stift gehören, stehen bei diesem Mondscheinpilgern auf der Wegkarte.

Großes Pilgerkreuz
Dabei war es am Nachmittag noch gar nicht sicher, ob dieses Pilgern überhaupt stattfinden wird. Schwere Gewitter hatten sich über dem Lavanttal entladen, Regengüsse den Waldboden aufgeweicht und die Wiesen in eine matschige Fläche verwandelt. Aber pünktlich wie im Wetterbericht angekündigt, lugte zu Beginn der Wanderung vorsichtig die Sonne unter Wolkentürmen hervor und versprach einen regenfreien Abend. „Wir haben uns dann schnell entschlossen, mitzugehen“, verrät Elfriede Unterluggauer aus St. Paul. Gemeinsam steht sie mit Ehemann Peter und anderen Teilnehmern in festen Wanderschuhen um das Pilgerkreuz, das Ernst Leitner aus der Stiftskirche in St. Paul geholt hat. „Das hat hier seinen festen Platz am Seitenaltar des heiligen Benedikt“, erklärt er. „Heute haben wir das große Pilgerkreuz dabei“, erläutert er weiter. Gefertigt hat das Kreuz Fritz Pansi, Tischlermeister im Stift. „Es ist aus Lindenholz gearbeitet und das Besondere daran: Es ist ein sogenanntes Erzbischofs-Kreuz mit dem Doppelquerbalken, das auf die unabhängige Stellung des Stiftes St. Paul hinweist“, sagt er.


„Es gibt ein Ziel, auf das wir zugehen“, gibt Ernst Leitner den Weg vor. Er ist der Initiator des Benediktweges, der vor fünf Jahren zum ersten Mal beschritten wurde. Heute geht es von St. Margarethen hinüber zu St. Benedikt und Scholastika auf den Weinberg und weiter auf dem Josefsberg bis auf den Johannesberg. „Ich hoffe auf viele gute Gedanken und auf ebensolche Gespräche“, lädt P. Siegfried die Pilgerinnen und Pilger ein. „Der Glaube an Gott spiegelt sich auch in den Begegnungen mit den Mitmenschen wider.“


Mit Glockengeläut
Ein meditativer Impuls, der Pilgersegen, begleitendes Glockengeläut, und die Pilgergruppe setzt sich langsam in Bewegung. Vorneweg Ernst Leitner mit dem Pilgerkreuz. „Das Kreuz gibt Weg und Tempo vor“, und wie selbstverständlich schließen die Pilger auf, überholen nicht. Der Weg auf den Weinberg führt über einen Höhenrücken und gibt schon mal den Blick frei auf den Josefsberg. Unterwegs wird Stille erzeugt durch gemeinsames Schweigen, Gemeinschaft gepflegt durch das Gespräch und Spiritualität erlebt, wenn an den Marterln kurz verweilt wird. „Es ist dieses Zu-sich-selbst-Kommen“, beschreibt Maria Wright aus Ettendorf ihre Motivation, mitzugehen. Sie ist nicht zum ersten Mal hier unterwegs. „Und trotzdem ist jeder Pilgertag ein anderer, will erlebt und gemeistert werden.“ Sie ist eine von jenen Pilgerinnen, die von Anfang an dabei sind.
Hinter der Idee des Benediktweges steht nämlich die 200. Wiederkehr der Mönche nach St. Paul.

Gemeinsam unterwegs
Ein kleiner Rückblick: Kaiser Josef II. hatte im Jahre 1787 das Kloster St. Paul im Lavanttal aufgehoben. 1809 wurde das Kloster durch Mönche, die aus St. Blasien im Schwarzwald vertrieben wurden und in Spital am Pyhrn Zwischenstation gemacht hatten, aber wiederbesiedelt. In Erinnerung an diese Wiederbesiedlung wurde im Jahre 2009 der Pilgerweg „Benediktweg“ von Spital am Pyhrn nach St. Paul eingerichtet. Über 40 Pilger haben an dieser denkwürdigen Wanderung teilgenommen und sind am 26. April 2009, pünktlich zur Eröffnung der Europaausstellung, nach St. Paul gepilgert. Mit dabei war auch Maria Maro. „Gemeinsam unterwegs sein bedeutet, zur Ruhe zu kommen, aber auch sich auszutauschen.“


Jedes Kirchlein empfängt die Pilger mit lautem Glockengeläut. In der Kirche gibt P. Siegfried einen kurzen historischen Überblick. Ein Gebet und einen Impuls für den Weg, und mit Glockengeläut geht es der nächsten Kirche entgegen. Die Strecke hinauf auf den Josefsberg verlangt ein wenig Respekt. Der Anstieg ist steil, der Untergrund nass, matschig. Langsam bricht die Dämmerung herein. Weil sich der Mond hinter schweren Wolken versteckt, werden die Stirnlampen eingeschaltet. Langsam geht es der hell erleuchteten Josefskirche entgegen. Während des Glockengeläutes erinnert Pater Siegfried daran, „dass Christus mit auf dem Weg ist“. Jeder nimmt einen Silberring als Andenken in Empfang. „Er soll daran erinnern, dass wir als Boten der Gerechtigkeit und des Friedens unterwegs sind.“
Der Vollmond zeigt sich erst kurz nach Mitternacht beim Verlassen von St. Johann. „Der Mond ist aufgegangen ...“, erklingt es zaghaft, aber da hat sich die Scheibe schon wieder hinter einer Wolkendecke versteckt. „Pilgern setzt auf Verwandlung“, verabschiedet P. Siegfried die Gruppe.

Und dazu passen die Zeilen von Papst Johannes XXIII.: „Unser Leben ist ein Pilgerweg. Im Himmel sind wir entstanden, für kurze Zeit sind wir hier und dann ziehen wir wieder weiter.“