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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Der Natur ihr Recht

Michaela Krömer im Gespräch mit Patricia Harant-Schagerl

Die Klima-Klage von zwölf Kindern und Jugendlichen, ein in Österreich einzigartiges Verfahren, hat großes Aufsehen erregt. Vertreten werden die Antragsteller:innen von Rechtsanwältin Michaela Krömer. Patricia Harant-Schagerl hat mir ihr über den Klimawandel gesprochen und inwiefern juristisches Vorgehen den Klimaschutz fördern kann.

Wie schätzen Sie den Klimaschutz in Österreich ein? Sind wir unterwegs zum 1,5 Grad-Ziel?

KRÖMER: Nein, überhaupt nicht. Die Wissenschaft sagt, dass dieses 1,5 Grad-Ziel nicht mehr erreichbar ist. Wir müssen uns von dem Märchen lösen, dass, wenn wir jetzt ein paar Dinge nett und gut machen, ein bisschen mehr Bäume pflanzen, ein bisschen mehr Fahrrad fahren und ein bisschen weniger Fleisch essen, wir das dann hinkriegen.

Österreich ist nicht einmal ansatzweise auf dem Weg, die Pariser Klimaziele einzuhalten, auch nicht das Unter-2-Grad-Ziel. Wir haben in letzter Zeit ein paar erste kleine Schritte gemacht, die bei Weitem nicht reichen. Man vergisst gerne, dass man hier 30-40 Jahre einfach zugesehen hat und dass man das Lenkrad jetzt komplett herumreißen muss, um einen halbwegs stabilen Zustand herzustellen. Die Lage ist dramatisch, doch die Realität ist weder bei der Politik noch bei der Mehrheit der Bevölkerung angekommen.

Kann der juristische Weg einen effizienteren Klimaschutz bewirken?

KRÖMER: Die Klimakrise bedeutet eine Systemänderung, und dafür muss man an vielen Schrauben gleichzeitig drehen. Eine dieser Schrauben ist das Rechtssystem. Wir brauchen ein Rechtssystem, das zukunftsfit ist, das die Klimakrise, so gut es geht, minimiert und auf jeden Fall nicht aktiv anheizt. Eine erfolgsversprechende Möglichkeit, Änderungen im Rechtssystem zu bewirken, sind Gerichtsverfahren – ein Puzzlestein von vielen.

Ist der Klimaschutz in Österreich ein verfassungsrechtliches Ziel?

KRÖMER: Klimaschutz als Verfassungsrecht klingt in erster Linie plakativ. Die entscheidende Frage ist, wie ich das Recht einfordern kann und was es tatsächlich beinhaltet. Ich halte es für sinnvoller und noch wichtiger, ein Klimaschutzgesetz zu haben, das ein Treibhausgas-Budget im Verfassungsrang hat, das die Verpflichtung vorsieht, klare Reduktionspfade vorzulegen, die von der Wissenschaft überprüft werden und deren Überprüfbarkeit in einem Schnellverfahren eingefordert werden kann, und dass im Fall einer möglichen Übertretung der Reduktionsziele Klimaschutz-Sofortmaßnahmen in Kraft treten (z. B. eine Temporeduktion im Straßenverkehr), dass also nicht nur finanzielle Konsequenzen folgen. Ein Tempolimit, auch wenn es politisch unangenehm ist, würde umgehend, ohne Kosten, sehr viel CO2 sparen.

Zur Person:

Michaela Krömer ist Rechtsanwältin in Wien und St. Pölten. Sie studierte in England und an der Harvard Universität in den USA. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind u. a. der Schutz der Umwelt und die Bekämpfung der Klimakrise. Ihr Engagement wurde mit dem Menschenrechtspreis der Liga für Menschenrechte ausgezeichnet. Zurzeit vertritt die Juristin u. a. zwölf Kinder und Jugendliche, die eine Klima-Klage vor dem Verfassungsgerichtshof einbrachten. Michaela Krömer stammt aus einer christlichen Juristenfamilie in vierter Generation. Ihr Vater Peter Krömer ist Präsident der Generalsynode der Evangelischen Kirchen in Österreich.

Das vollständige Interview lesen Sie in der Ausgabe Nr. 11 des "Sonntag".

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