“Das Image Kärntens verbessern!”
Christoph Kulterer (40), der neue Präsident der IV Kärnten, im "Sonntag"-Gespräch
Der neue Präsident der Kärntner Industriellenvereinigung über jugendliche Dynamik, Familie, Werte, Bildung und Europa.


Mit 40 Jahren sind Sie der jüngste IV-Präsident Österreichs. Wie fühlt man sich dabei?
Kulterer: Jugend alleine ist noch kein Verdienst. Ich hatte das Glück, schon jung im elterlichen Betrieb einsteigen zu dürfen. Gleichzeitig kann ich schon auf 15 Jahre Erfahrung in der IV zurückblicken.
Sie folgen in diesem Amt Otmar Petschnig nach. Was wird der deutlichste Unterschied zwischen Petschnig und Kulterer sein?
Kulterer: Otmar Petschnig war bei seinem Start genau so jung wie ich. Das heißt, dass es in dieser Dynamik weitergeht. Natürlich setzt jeder eigene Akzente, aber wir werden die Mitglieder einbinden und im Herbst mit einem eigenen Programm an die Öffentlichkeit gehen.
Wie Petschnig leiten auch Sie ein Familienunternehmen. Was bedeutet Ihnen „Familie“?
Kulterer: Unser Unternehmen wurde 1901 von meinem Urgroßvater Jakob Hasslacher gegründet. Er ist aus dem bäuerlichen Bereich gekommen, und dort hatten der Hof und die Familie immer einen hohen Stellenwert. Ich habe das Glück, in intakten Familienstrukturen aufwachsen zu können. Ich denke, dass man in einem Unternehmen schon spürt, wenn es eine starke Eigentümerfamilie gibt, die Entscheidungen an langfristigen Werten orientiert und nicht an kurzfristiger Gewinnmaximierung.
Wie wichtig sind Ihnen Werte in der Unternehmensführung?
Kulterer: Als Eigentümer ist man für Visionen und Werte des Unternehmens verantwortlich. Der Bezug zum Holz ist sehr schön, denn etwa Nachhaltigkeit ist einer unserer Grundwerte: Man darf nur so viel entnehmen, wie die Natur produziert. Wir nutzen die Natur, haben aber auch eine Verantwortung für die Natur.
Heute wird dieser Begriff nahezu inflationär verwendet. Was bedeutet für Sie Nachhaltigkeit?
Kulterer: Es geht für mich dabei auch um kontinuierliches Wachstum. Die Bäume mit der größten Festigkeit sind jene, die kontinuierlich wachsen und enge Jahresringe bilden. Wenn Wachstum zu schnell und unkontrolliert verläuft, verliert der Baum an Festigkeit. Nachhaltig ist daher gesundes Wachstum, das kontinuierlich verläuft und für die Subs-tanz verträglich ist. Es ist wie beim Baum: Der Boden muss passen, die Nährstoffe, das Licht.
Wie zufrieden sind Sie mit dem „Boden“ hier, also dem Standort Kärnten?
Kulterer: Vorteile sind sicher unsere sehr guten Industriebetriebe, unsere Lage in Europa oder der Bereich Innovation und Forschung sowie sehr gute Mitarbeiter; der Kärntner ist es gewohnt, anzupacken. Ein echter Nachteil ist, dass wir unsere Lage zu wenig nutzen, dazu gehört auch die Erreichbarkeit – sei es auf der Schiene oder per Flugzeug, wo wir in den letzten Jahren deutlich ins Hintertreffen geraten sind. Negativ ist natürlich der demografische Wandel. Als einziges Bundesland verlieren wir jährlich an Bevölkerung. Das liegt auch daran, dass die Menschen bei uns zu wenig Chancen vorfinden. Daher ist es wichtig, Kärnten so attraktiv zu machen, dass die Leute hier bleiben.
Kann das auch ein Imageproblem sein? Spüren Sie Auswirkungen der politischen Situation auf den Standort?
Kulterer: Zweifellos leidet das Image des Landes dadurch deutlich, denn man wird außerhalb des Landes immer wieder darauf angesprochen. Ich sehe es aber auch als eine Aufgabe, die positiven Seiten des Landes nach außen zu tragen.
Fast gleichzeitig mit Ihnen hat die Bundes-IV mit Georg Kapsch einen neuen Präsidenten bekommen, der selbst parteipolitisch engagiert war. Wäre die Parteipolitik etwas für Sie?
Kulterer: Meine Karriere sehe ich in der Wirtschaft und der Industrie. Ich schätze an der IV die Parteiunabhängigkeit, weil man damit glaubwürdig für den Wirtschaftsstandort Kärnten arbeiten kann, ohne parteipolitische Rücksichten nehmen zu müssen.
Jetzt doch angenommen, Sie könnten 100 Tage lang Kärntner Landeshauptmann sein. Was würden Sie als Erstes ändern?
Kulterer: Ich würde sofort bei der Ausbildung der Jugend beginnen. Ich würde die Mehrsprachigkeit intensiv fördern. Jeder, der die Schule verlässt, sollte zwei Fremdsprachen beherrschen. Dann würde ich sofort die internationale Schule umsetzen, die wir dringend brauchen, damit wir gute ausländische Arbeitskräfte nach Kärnten holen können. Aber es geht nicht nur um diese, sondern auch um unsere Kärntner Kinder, die mit dieser Schule eine Riesenchance hätten.
Die erste Veranstaltung, die Sie als neuer Präsident leiteten, war ein Vortrag von Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz – ist das ein Signal?
Kulterer: Selbstverständlich. Wenn man die demografische Entwicklung anschaut, wissen wir, dass wir zum Erhalt unseres Wohlstandes einen Zuzug an Arbeitskräften brauchen. Wir wollen ein vereintes Europa sein – daher sollten wir uns als eine große Gemeinschaft sehen.
Das vereinte Europa steht derzeit massiv auf dem Prüfstand. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?
Kulterer: Europa ist noch nicht zu Ende gedacht. Die Währungsunion alleine löst keine Probleme, sondern führt eher zu solchen, wenn andere Bereiche noch nicht funktionieren. Daher brauchen wir fixe Spielregeln. Aber in der heutigen Welt mit extrem starken Wirtschaftsräumen wird man als Einzelkämpfer in Europa nicht weit kommen. Wenn man sich zu einem gemeinsamen Europa bekennt, wird man Lösungen finden – das ist auch eine Frage der Werte. Es führt kein Weg daran vorbei, dass dieses Europa stärker zusammenwächst.