Organisation

Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Caritas verweist auf Defizite in der Pflegeorganisation

Pflege ist Ländersache: Das bedingt nicht nur Besonderheiten, sondern auch Ungerechtigkeiten.

Im Pflegebereich gelten in jedem Bundesland andere Regeln. In Kärnten und der Steiermark können Angehörige zur Mitfinanzierung von Pflegeplätzen verpflichtet werden. Die Caritas fordert ein gerechtes und zukunftsfähiges Konzept ein.

Caritaspräsident Franz Küberl, der Wiener Caritasdirektor Michael Landau und Maria Gschaider (Caritas Steiermark) bei der gemeinsamen Pressekonferenz (© Foto: Caritas Österreich)
Caritaspräsident Franz Küberl, der Wiener Caritasdirektor Michael Landau und Maria Gschaider (Caritas Steiermark) bei der gemeinsamen Pressekonferenz (© Foto: Caritas Österreich)

Die Caritas hat einmal mehr eine solidarische Finanzierungsform der Pflege eingefordert. „Pflegebedürftigkeit ist ein Risiko, das alle Menschen in diesem Land treffen kann. Betreuung und Pflege müssen daher auch solidarisch abgesichert werden“, so Caritaspräsident Franz Küberl bei einer Pressekonferenz in Wien. Es müssten im Pflegebereich endlich „gleiche Regeln für alle“ gelten: „Konkret heißt das beispielsweise: gleiche Behandlung von Privatvermögen, wenn jemand in ein Pflegehaus übersiedelt, dieselben Höchstgrenzen für mobile Betreuungs- und Leistungsstunden und vor allem: Hände weg vom Einkommen der Kinder.“
Der Caritaspräsident sprach sich in diesem Zusammenhang auch für eine überarbeitete und faire Erbschaftssteuer aus. Das sei vor allem auch aufgrund des steigenden Finanzierungsbedarfes im Bereich der Pflege unumgänglich. Küberl verwies auf Berechnungen des Instituts für Wirtschaftsforschung: Dieses gehe von einem Anstieg der Gesamtkosten von geschätzten 3,9 Milliarden Euro (2010) auf bis zu 8,4 Milliarden im Jahr 2030 aus.

Pflege oder Abstellgleis?

„Wir dürfen alte, pflegebedürftige Menschen nicht auf‘s Abstellgleis stellen. Es gilt, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich kein Mensch vor Alter und Pflegebedürftigkeit fürchten muss“, betonte auch der Wiener Caritasdirektor Michael Landau bei der Pressekonferenz. Aktuell würden in Österreich rund 440.000 Menschen Pflegegeld beziehen. Durch die fehlende Valorisierung des Pflegegeldes müssten die Betroffenen einen erheblichen Verlust der Kaufkraft hinnehmen. Aus Sicht der Caritas sei eine jährliche indexgebundene Anhebung des Pflegegeldes höchst an der Zeit, so Landau.

Herausforderung Demenz

Als eine der größten Herausforderungen für die Gesellschaft nannte Landau die Versorgung demenzkranker Menschen: „Hier ist die Politik gefordert, heute die Weichen für die Zukunft zu stellen, damit Menschen mit Demenz eine krankheitsgerechte und bezahlbare Pflege und Betreuung erhalten.“ Aktuell gebe es mehr als 110.000 Menschen in Österreich, die an Demenz leiden. Laut Prognose der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werde sich die Anzahl der Erkrankten alle 20 Jahre verdoppeln, warnte der Caritasdirektor.
Heftige Kritik übte Landau an den rechtlichen Grundlagen für Sozialbetreuungsberufe, die nach wie vor Ländersache sind. Diese gehörten endlich bundeseinheitlich geregelt, so der Caritasdirektor. Der jetzige Zustand sei „unglaublicher Unfug“.
Landau und Küberl mahnten ein bundesweit einheitliches Gesamtkonzept für Pflege ein. Nach wie vor fehle es vielen Betroffenen an leistbaren und niederschwellig verfügbaren, mehrstündigen Betreuungsdiensten. Küberl plädierte für eine „Schließung der Betreuungslücken, die zwischen den mobilen Diensten und der 24-Stunden-Betreuung klafft“.

Lebensraum für alte Menschen

Maria Gschaider, Leiterin des Bereiches Betreuung und Pflege in der Caritas Steiermark, unterstrich den Leitsatz der Caritas: Es gehe darum, jeder Person ein menschenwürdiges Leben und Wohnen zu ermöglichen und die persönlichen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Demnach richte sich der Tagesablauf in Pflegeeinrichtungen der Caritas auch weitgehend nach den Bedürfnissen der Bewohner und nicht der Mitarbeiter, so Gschaider: „Ein Pflegewohnhaus ist kein Krankenhaus, sondern Lebensraum für alte Menschen.“ Die breite Angebotspalette der Caritas im Bereich der Betreuung und Pflege alter Menschen reicht von Beratung über Besuchsdienste, Hauskrankenpflege, Unterstützung pflegender Angehöriger, betreubares Wohnen bis hin zu Senioren- und Pflegehäusern und Hospizbegleitung. In 46 Senioren- und Pflegewohnhäusern werden über 4.500 Menschen betreut. Die Mobilen Dienste leisten über 2,1 Millionen Einsatzstunden im Jahr. Insgesamt sind bei der Caritas in diesem Bereich österreichweit über 5.400 Mitarbeiter tätig.
Nochmals schwieriger gestaltet sich die Situation für behinderte Menschen: Eltern eines Menschen, der aufgrund seiner Behinderung vollstationär in einer Einrichtung der Behindertenhilfe untergebracht ist, sind bis zum vollendeten 25. Lebensjahr regresspflichtig. Beim Besuch einer Tagesstätte wird kein Regress eingefordert, wohl aber wird ein aliquoter Anteil des Pflegegeldes einbehalten – in Kärnten sind es 40 Prozent.                   kap/GH