Organisation

Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Brücken statt Grenzen

SONNTAG-Gespräch mit KAÖ-Präsidentin Gerda Schaffelhofer

Am 2. Oktober findet am Loibl-Pass ein internationales Fest der Begegnung unter dem Motto "Brücken statt Grenzen" statt. Gerda Schaffelhofer im Interview über die Hintergründe und den Ablauf des Festes.

Unter dem Motto “Brücken statt Grenzen“ findet am 2. Oktober am Loibl ein internationales “Fest der Begegnung“ statt. Es geht um die Themen Flucht und Migration. Über das Fest und seine Hintergründe sprach der SONNTAG mit KAÖ-Präsidentin Gerda Schaffelhofer, Hauptverantwortliche für das Fest der Begegnung.  (© Foto: archiv)
Unter dem Motto “Brücken statt Grenzen“ findet am 2. Oktober am Loibl ein internationales “Fest der Begegnung“ statt. Es geht um die Themen Flucht und Migration. Über das Fest und seine Hintergründe sprach der SONNTAG mit KAÖ-Präsidentin Gerda Schaffelhofer, Hauptverantwortliche für das Fest der Begegnung. (© Foto: archiv)
KAÖ-Präsidentin Gerda Schaffelhofer organisiert das “Fest der Begegnung“ am 2. Oktober (© Foto: ed wien)
KAÖ-Präsidentin Gerda Schaffelhofer organisiert das “Fest der Begegnung“ am 2. Oktober (© Foto: ed wien)

Das allgegenwärtige Thema Flüchtlinge ist vom 30. September bis 2. Oktober Anlass für eine Tagung und ein „Fest der Begegnung“ in Kärnten. Welcher Gedanke steht hinter diesen Veranstaltungen?
Schaffelhofer: Die Flüchtlingsfrage ist eine internationale Herausforderung, dennoch gehen die Staaten sehr unkoordiniert und mit oft unüberlegten Einzelaktionen an dieses Problem heran. Wir wollen uns als Christen international vernetzen. Daher haben wir als Partner das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, die deutsche Schwesterorganisation der KA, gewonnen. Dazu kommen Teilnehmer aus 13 Nationen. Darunter sind viele aus Ländern, durch die Fluchtrouten führen und aus dem Osten, wo sie von der Regierung, aber auch von kirchlicher Seite wenig Unterstützung finden.

Warum haben Sie Kärnten als Veranstaltungsort gewählt?
Schaffelhofer: Nachdem die Initiative von der KAÖ ausgegangen ist, war Österreich als Veranstaltungsort vorprogrammiert. Mein Ziel war es, an eine Grenze zu gehen. Da hat sich Kärnten angeboten. Aber es geht um mehr als die Grenze: Unsere Schlussveranstaltung findet am Loibl statt, der sich in der Nähe von Ferlach befindet. Und in diesem Ferlach leben Menschen aus 50 verschiedenen Nationen friedlich nebeneinander.

Vor der Schlussveranstaltung findet noch ein Symposium an der Alpe-Adria-Universität in Klagenfurt statt. Was ist das Ziel?
Schaffelhofer: Einmal wollen wir uns ein realistisches Bild von der Situation vor Ort machen. Appelle, diese Menschen sollen in ihrer Heimat friedlich zusammenleben, gehen ins Leere. Flüchtlinge sind Opfer und müssen unter furchtbarsten Bedingungen ihr Zuhause verlassen. Wir können uns das gar nicht vorstellen! Wir müssen uns daher ein realistisches Bild machen – über Syrien selbst ebenso wie darüber, wie es in den Lagern in Jordanien oder im Libanon aussieht. Dazu haben wir Kilian Kleinschmidt gewonnen, der selbst ein solches Lager geleitet hat. Danach wollen wir uns damit befassen, was uns als Christen veranlasst, aktiv zu werden. Es geht also auch um den theologischen Aspekt, worüber die Professoren Paul Zulehner und Regina Polak sowie der polnische Bischof Krzysztof Zadarko sprechen werden.

Die Kirchen sind ja auch in der konkreten Flüchtlingsarbeit wesentliche Träger. Wie sieht es damit aus?
Schaffelhofer: Wir werden im Symposium auch auf Best-Practice-Beispiele eingehen. Es sind Beispiele, die zeigen, wie positive Arbeit gemeinsam mit Flüchtlingen gelingen kann. Dabei werden österreichische Projekte präsentiert, aber auch aus Italien, aus Deutschland und von den Routenländern des Balkan. Diese Erfahrungen wollen wir bündeln und uns dann überlegen,wie wir uns für die Zukunft besser vernetzen können und gemeinsame Initiativen überlegen. Es wird also eine richtige Arbeitstagung.

Das Symposium an der Uni ist nur für bestimmte Zielgruppen, die Einladung für das Fest am Loibl gilt aber für alle?
Schaffelhofer: So ist es. Es sind wirklich alle willkommen, und ich möchte betonen, dass diese Einladung ganz besonders auch für Flüchtlinge gilt. Der Beginn ist übrigens um 10 Uhr, das Ende ist für 13 Uhr geplant. Wir werden für jene, die keine Fahrgelegenheit haben, auch einen Shuttle-Dienst zur Verfügung stellen. Ich freue mich auch, dass Menschen aus anderen Nationen mit uns feiern werden. Es wird auch musikalisch sehr interessant, denn es ist uns gelungen, den in Kärnten lebenden Armenier Karen Asatrian und die Sängerin Rita Movsesian zu gewinnen. Die Volksschule Ferlach wird dabei sein und das Fest mit Liedern bereichern. Mir ist es wichtig, dass auch Kinder mit dabei sind. Sie sind das Symbol für die Zukunft, und wir sollten ihnen eine Welt hinterlassen, die nicht durch Grenzen und Zäune definiert wird, sondern durch Brücken.

Ein erklärtes Ziel der Veranstaltung ist es, die Ängste vor Fremden, das Unbehagen, das es gibt, abzubauen. Wie kann das gelingen?
Schaffelhofer: Diese Ängste und dieses Unbehagen hat es in der Geschichte immer schon gegeben. Wir wissen aber auch, dass es keinen anderen Weg gibt, als sich dem Fremden gegenüber zu öffnen und sich diesen Herausforderungen zu stellen. Gelingen kann dies vor allem im Kleinen. Ich denke, dass jede einzelne Begegnung, jedes Augenpaar in das man schaut, ein Stückchen öffnen kann. Unsere Aufgabe als Kirche ist es, möglichst viele solche Begegnungen zu schaffen. Das ist der Weg der kleinen Schritte, der weder von der Politik noch von der Kanzel herab verordnet werden kann. Aber es ist die einzige Möglichkeit, mit dem Fremden in Berührung zu kommen und dabei zu merken, welche Brücken es eigentlich gibt.

Ein Hindernis für viele ist die Angst vor dem Islam ...
Schaffelhofer: Ich sehe, dass es sehr viel Trennendes zwischen den Kulturen gibt. Das aggressive Gesicht des Islam verstellt leider zu oft das andere Gesicht, mit dem wir uns als Christen sehr gut austauschen und dem wir die Hand reichen können. Da ein Gegengewicht zu schaffen und diesem anderen Gesicht des Islam eine Plattform zu bieten, ist auch eine Aufgabe von uns Christen.

Viele Christen, die sich engagieren, sind verunsichert: Sie werden immer häufiger angefeindet oder als blauäugige Träumer diffamiert. Wie beurteilen Sie das?
Schaffelhofer: Mir ist beim Fest der Begegnung sehr wichtig, die zu stärken, die sich in der Flüchtlingsfrage engagieren. Wir erleben in letzter Zeit tatsächlich immer öfter, dass diese Helfer schief angeschaut, beschimpft und verleumdet werden. Es ist aber ganz wichtig, dass das Engagement nicht erlahmt. Die Begegnung mit Gleichgesinnten soll zeigen, wie viel Kraft von allen gemeinsam ausgehen kann.

Eine der ganz großen Herausforderungen für die Zukunft ist die Integration der Zuwanderer. Wie kann diese Integration funktionieren?
Schaffelhofer: Wir dürfen nicht erwarten, dass sich jene, die kommen, integrieren, während wir uns abschotten. Die Voraussetzung für eine wirkliche Integration ist unsere Offenheit. Das fängt beim Angebot von Sprachkursen an, geht weiter zur Arbeitsmöglichkeit bis zu kulturellen Begegnungen. Je mehr wir uns öffnen und je weniger Barrieren wir aufbauen, desto besser funktioniert die Integration.

Dementsprechend lautet das Motto des Festes: „Brücken statt Grenzen“?
Schaffelhofer: Genau. Deshalb haben wir für die Veranstaltung am Loibl das Symbol der Brücke gewählt. Die Brücke steht dafür, dass man aufeinander zugeht. Wir können nicht auf unserem Ufer warten, bis die Menschen zu uns kommen. Wir müssen uns auf diese Brücke wagen – und am Anfang vielleicht sogar über die Mitte gehen, um diese Menschen abzuholen. Wenn wir auf dieser Brücke der Begegnung sind, werden die anderen auf uns zugehen und dann kann ein Miteinander wachsen.