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Kärntner Kirchenzeitung - „Sonntag”

Berufen, Mensch und Priester zu sein

Josef-Klaus Donko und Fr. Jörg Wegscheider OP zu ihrer Berufung

„Gerufen werde ich von jemandem, der mich wahrnimmt, mich ernst nimmt, der Interesse an mir  hat“ (J.-K. Donko). (© Foto: Haab)
„Gerufen werde ich von jemandem, der mich wahrnimmt, mich ernst nimmt, der Interesse an mir hat“ (J.-K. Donko). (© Foto: Haab)

Berufung ist ein Geschenk des Himmels, das auf Erden wächst.

von Josef-Klaus Donko

In den vergangenen Wochen haben Priester in unserer Diözese ihr Weihejubiläum gefeiert. Diese Jubiläen sind ein willkommener Anlass für Feiern, bei denen Worte des Dankes und der Anerkennung gesagt werden für all das Gute, das mit Gottes Hilfe durch den priesterlichen Dienst im Leben der Menschen und in den Pfarrgemeinden wachsen konnte. Diese Jubiläen wird man aber nur dann angemessen feiern, wenn man auch von dem spricht, der die Berufungen in den Herzen der Menschen bewirkt.
Ich bin jetzt 29 Jahre Priester, und wenn mich jemand fragt, warum ich Priester geworden bin, muss ich antworten: „Ich weiß es eigentlich nicht. Ich wollte nie Priester werden. Aber ich weiß, dass der Grund meines Priesterseins nicht in mir liegt, sondern in Christus.“
Meine Berufung hat wesentlich mit der Überzeugung zu tun, dass Christus sich für mich entschieden hat, dass er mich haben wollte für diesen Dienst. Nur auf dieser Grundlage kann ich mich in Freiheit für Christus entscheiden und meinen priesterlichen Dienst mit Überzeugung, Freude und in Demut leben. Ohne diese Grundlage bleibt meine Entscheidung ein Leben lang meinen Stimmungen, Unsicherheiten und Angefochtenheiten ausgeliefert.

Gerufen

Im Wort Berufung steckt das Wort rufen. Man kann sich nicht selbst rufen. Gerufen werde ich von jemandem, der mich wahrnimmt, mich ernst nimmt, der Interesse an mir hat, der etwas von mir will. Das Johannesevangelium sagt das so: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“.

Mich für Gott gewinnen lassen

Berufung fällt nicht wie ein Blitz vom Himmel. Sie ist ein Wachstumsprozess. Der Jesuit Willi Lambert meinte, Gott umarme uns durch die Wirklichkeit, d.h. er spreche zu uns durch das, was uns in der Wirklichkeit unseres Lebens begegnet.
Bei mir war es mein Religionslehrer in der Maturaklasse. Er fragte mich, ob ich nicht ins Priesterseminar gehen wolle, und mit seiner freundlichen Hartnäckigkeit brachte er mich tatsächlich dazu. Ich selber wäre nie auf diesen Gedanken gekommen. Zunächst em-pfand ich das als Durchkreuzung meiner Lebenspläne. Aber als ich mich selber überwand und mich auf den vorgegebenen Weg einließ, erkannte ich mit der Zeit, dass es mein Weg werden könne. Heute bin ich dankbar für diese Fügung. Gespräche, Begegnungen, Neigungen, Bücher, Einsichten, Gebetserfahrungen können solche Hilfsmittel sein, mit denen Gott einen Menschen für sich zu gewinnen sucht.
Weil Berufung ein Wachstumsprozess ist, braucht sie das begleitende Gespräch, damit sie zur Klarheit findet und mit Entschiedenheit gelebt werden kann.

Berufung zum Menschsein

Ich bin nicht als Priester auf die Welt gekommen, sondern als Mensch. Das ist meine erste Berufung. Ich bin nicht ein Zufallsprodukt der Evolution, sondern ein Liebesgedanke Gottes. Ich habe das Leben, weil ich von Gott gewollt bin. Was aber Gott will, das liebt er auch, wie es im Buch der Weisheit im Alten Testament heißt: „Du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von dem, was du gemacht hast“. Dass es mich gibt, ist ein Beweis, dass ich von Gott geliebt bin. Das ist ein gutes und tragendes Fundament für ein Gottvertrauen, Lebensvertrauen und Selbstvertrauen. Das konkretisiert unser Glaube:

Berufung zum Christsein

Ich bin nicht als Christ auf die Welt gekommen, aber in der Taufe von Christus als Gottes Geschöpf in eine konkrete Liebesbeziehung mit ihm gerufen worden, in eine Lebensfreundschaft, die es mir ermöglicht, zu einem Leben in Fülle zu finden.

Berufung zu einer Lebensaufgabe

Wenn Menschen ihr Leben als Gabe Gottes bejahen und dankbar gestalten, wenn sie in ihrem Christsein in eine persönliche Freundschaft mit Jesus Christus hineingewachsen sind, dann möchten sie dieses Beschenktsein nicht nur für sich behalten. Er oder sie fühlt sich dann berufen, etwas von dem weiter zu geben, was er oder sie selbst em-pfangen hat. „Dabei hört Gott… nie auf, das Herz zu einer je größeren Hingabe an ihn und die Menschen zu bewegen. Als Berufene/r im christlichen Sinn lebt, wer seinen Alltag in Freundschaft mit Christus gestaltet und sein Leben in dieser Welt als großherzige Antwort auf das liebende Tun Gottes versteht“ (Josef Maureder).

Josef-Klaus Donko, Stiftspfarrer von Maria Saal, ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Berufung der Diözese und Leiter des „Offenen Seminars“.

Das Offene Seminar „come&see“ möchte Menschen dabei unterstützen, ihre Berufung deutlicher zu sehen und dieser konsequent zu folgen.

Kontakt:
Josef-Klaus Donko,
Domplatz 1, 9063 Maria Saal
0676/8772-8035
jkdonko@gmx.at

Lebens-Mittel

von Fr. Jörg Wegscheider OP, Dominikaner und Jungpriester aus St. Marein/Lavanttal

Zurzeit arbeite ich als Gefängnisseelsorger. Alle gesellschaftlichen Schichten, quer durch alle Altersgruppen, sind im Gefängnis vertreten. Ich treffe Sterbende, Unschuldige und schwangere Frauen ebenso wie Schriftsteller, Heroinsüchtige oder Stuntmen – und es gibt auch Personen, die ich als Heilige betrachte.
Meine Arbeit für diese Menschen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen fällt mir schwer. Ich glaube, es ist das, was meine Berufung – Priester im Dominikanerorden zu sein – ausmacht: Am Grund von den verschiedenen und wechselnden Aufgaben steht das Angebot einer Dienstleistung. Dominikus gründete seinen Orden „für das Heil der Menschen“. So bin ich vor allem dafür da, dass andere ihre Berufung besser leben können. Thomas von Aquin meint, das gelte nicht nur für unseren Orden, sondern für die Priesterweihe allgemein. Sie ist ein Sakrament, das nicht für einen einzelnen gespendet wird, sondern als Lebensmittel für die ganze Kirche.
Wenn ich schaue, was meine Berufung ausmacht, kommt zu dieser Ausrichtung nach außen noch ein anderer Aspekt dazu. Ich glaube nämlich, die Frage nach jeder Berufung geht auf den Grund unserer Existenz. Sie ruft eine andere Frage hervor, und zwar: „Wer bin ich?“ Ich wollte mit meiner Berufung den Menschen nützlich sein. Niemand wird sagen, man müsse dafür Dominikaner oder Priester werden. Dieser Lebensrahmen zog mich aber auch an, weil ich finde, dass er zu mir passt; dass ich hier so leben kann, wie es meinen Talenten und Interessen entspricht. Mein Eintritt hat mein Leben verändert: Ich bin derselbe wie zuvor, bin aber dem ähnlicher, der ich werden möchte.

Kontakt: fr.joerg@dominikaner.org