Rituale geben auch in säkularer Gesellschaft Halt
Trauerbegleiterin Astrid Panger über veränderte Formen des Abschieds, die Rolle der Kirche und die Bedeutung von Gemeinschaft im Leid
"Trauer braucht Raum, Zeit und Mitmenschen, die einfach da sind": Die Formen des Abschieds und der Trauer haben sich in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert, gleichgeblieben ist laut Astrid Panger, Leiterin des Referats für Trauerpastoral der Diözese Gurk im Gespräch mit Kathpress, das Bedürfnis nach Nähe und achtsamer Begleitung. Typische Rituale - wie das Trauerjahr in Schwarz, eine Trauerschleife oder die Aufbahrung im Familienkreis - und gemeinschaftliche Formen des Gedenkens seien zwar vielerorts verloren gegangen, es wachse aber das Bedürfnis nach persönlicher Gestaltung und spirituellem Halt. "Wir erleben eine größere Offenheit, über Tod und Trauer zu sprechen, aber auch eine zunehmende Unsicherheit", so Panger.
Früher war Trauer stärker kirchlich und familiär eingebettet, heute fehlt vielen Menschen dieses Netz. "Wenn jemand stirbt, wissen viele nicht, was sie sagen oder tun sollen. Dabei hilft gerade das gemeinsame Aushalten des Schmerzes", so die Expertin.
Als Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Trauerbegleitung setzt sich Panger für professionelle Standards in der Begleitung trauernder Menschen ein. "Trauerbegleitung ist keine Therapie, sondern ein geschützter Raum, in dem Trauer ihren Ausdruck finden darf." Besonders wichtig sei ihr die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen: "Sie trauern anders als Erwachsene, oft in Wellen. Sie brauchen ehrliche, altersgerechte Antworten und Menschen, die ihnen das Aushalten zutrauen."
Mit Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung wünschte sich Panger, dass der Tod "wieder stärker ins Leben integriert" wird. Sie ortete eine "Kultur des Verdrängens". Und weiter: "Wir leben in einer Welt, die auf Funktionieren ausgerichtet ist und in der der Tod verdrängt wird. Doch Leid und Verlust gehören zum Leben und machen es menschlich." Angesichts des medizinischen Fortschritts, der hohen Lebenserwartung und Heilungschancen werde suggeriert, dass der Mensch ewig lebe. "Der Tod braucht mehr Raum in der Gesellschaft", so die Expertin.
Rituale geben Halt
Eine wichtige Rolle komme nach wie vor der Kirche zu, auch wenn sich ihre Ausdrucksformen wandeln. "Kirchliche Rituale wie Begräbnisse, Segnungen oder Jahresgedächtnisse geben Orientierung und Halt. Sie stiften Gemeinschaft und öffnen einen spirituellen Horizont." Panger sprach dabei von einer "größeren Hoffnungsperspektive." Hoffnung sei dabei kein Gegensatz zu Trauer, sondern deren innerster Sinn: "Christlich verstanden heißt Auferstehung nicht, dass der Schmerz verschwindet, sondern dass das Leben weitergeht."
Halt geben laut der Expertin zudem Trauercafés, Gesprächsgruppen, individuelle Begleitung durch Ehrenamtliche oder Seelsorgerinnen und Seelsorger, die sich eigens dafür ausbilden lassen.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Trauerbegleitung (BAT) vernetzt österreichweit kirchliche und zivilgesellschaftliche Institutionen, darunter das Kardinal König Haus, die Caritas, Hospiz Österreich, die Pastoral der Diözesen, das Österreichische Rote Kreuz, Rainbows Österreich, das Bildungshaus St. Virgil sowie das Mobile Hospiz der Österreichischen Buddhistischen Religionsgemeinschaft (ÖBR). Ziel ist die Qualitätssicherung und Professionalisierung von Trauerarbeit in Österreich.
Ein Bericht von Kathpress.at vom 23.10.2025