Die Heilige Hemma - eine deutsche Heilige?

Die Feier zur Heiligsprechung Hemmas im "Anschlussjahr"

von Maximilian Fritz

Hemma-Darstellung im Dom zu Gurk (© Foto: khkronawetter)
Hemma-Darstellung im Dom zu Gurk (© Foto: khkronawetter)

Was haben die Landesmutter Kärntens, eine Frau des 11. Jahrhunderts und der Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland gemein? Mehr als man glauben möchte. Schließlich wurde der 1466 eingeleitete Heiligsprechungsprozess im Jänner 1938 abgeschlossen. In jenem Jahr also, in dem Österreich für sieben Jahre seine Souveränität durch eine Volksabstimmung im April aufgab und Teil des nationalsozialistischen Machtbereiches wurde. Und der Anschluss überschattete die Feierlichkeiten zur Heiligsprechung im Juni 1938  – aus der völkerverbindenden Hemma, die auch bei den slowenischen Gläubigen besonders verehrt wurde, wurde eine „deutsche Heilige“, die Feierlichkeiten propagandistisch missbraucht. Nicht von der offiziellen Kirchenleitung unter Bischof Adam Hefter, sehr wohl aber durch den Festprediger bei den Feierlichkeiten und einzelnen Gruppen. Besagter Festprediger in Gurk war Weihbischof Alois Hudal, der von der nationalsozialistischen Ideologie völlig überzeugte  Rektor der Anima in Rom. Hudal veröffentlichte 1936 die vom Vatikan nicht unterstützte und vom regierenden Papst Pius XI. massiv kritisierte Schrift „Die Grundlagen des Nationalsozialismus“, in der er eine Symbiose von Christentum und Nationalsozialismus im Kampf gegen den gottlosen Bolschewismus propagierte. In seiner Predigt in Gurk am Peter und Paul Tag (29. Juni) 1938 mystifizierte  Hudal Hemma als „deutsche Heilige“ und das deutsche Volk als das, gemeinsam mit Italien und Spanien, von Gott neu auserwählte. „Unser Deutsches (sic!) Volk geht mit dem Königsdiadem der Auserwählung durch die Geschichte der Gegenwart, um den Kampf gegen diese Welt zu führen. (...)Unser Gebet steigt zum Himmel empor, daß (sic!) diese Nation den Endkampf wehrhaft glücklich zu Ende führen, den großen Kampf, den schweren Kampf, aber diesen notwendigen Kampf, weil er ein Kampf ist um die Zukunft und um die Größe dieser drei herrlichen Nationen“  . Diese furchtbare Nationalisierung der grenz-und völkerverbindenden Heiligen durch Personen wir Hudal war von der Kärntner Kirchenleitung nicht erwünscht und vom Vatikan befürchtet worden. Deshalb fand die Heiligsprechungsfeier ohne offizielles Heiligendekret statt. Papst Pius XI. weigerte sich, dieses zu unterschreiben. Es wurde erst im Jahr 1940 unter dem Pontifikat Pius XII. nach Kärnten geschickt.
Die Feierlichkeiten zur Heiligspechung Hemmas im Jahr 1938 zeigten den politische  Missbrauch einer Frau, die ihr Leben (vor allem in den letzten Lebensjahren) nicht in den Dienst von Herrschern und Politik, sondern in den Dienst der Menschen gestellt hat, oder, wie Helmut Rumpler schreibt: „Hemma von Gurk ist weder eine slowenische noch eine deutsche Heilige, auch keine österreichische, nicht einmal eine Kärntner Heilige. Sie ist einfach eine Heilige im allgemeinen Sinn menschlicher Vorbildlichkeit, (…). Für Kärntens kulturelles Selbstverständnis könnte sie Sinnbild sein für die historisch bewährte Kraft eines christlichen Glaubens im Leben der hier als Nachbarn lebenden Völker,...“ .

  • Mag. Maximilian Fritz, Theologe und Historiker