Träumen und handeln

Ein spiritueller Impuls von Seelsorgeamtsdirektorin Anna Hennersperger für den 4. Advent

„Der leisen Stimme Gottes in den Träumen der Nächte des Advents Raum geben und sich nicht mit den herrschenden Verhältnissen abfinden … was da wohl alles auf den Weg käme?“, fragt Anna Hennersperger in ihrem geistlichen Impuls zum 4. Advent.  (© Foto: Prof. Ellersdorfer / Josef und Engel - Monreale/Kreuzgang)
„Der leisen Stimme Gottes in den Träumen der Nächte des Advents Raum geben und sich nicht mit den herrschenden Verhältnissen abfinden … was da wohl alles auf den Weg käme?“, fragt Anna Hennersperger in ihrem geistlichen Impuls zum 4. Advent. (© Foto: Prof. Ellersdorfer / Josef und Engel - Monreale/Kreuzgang)

Der Advent will sie und mich ermuntern, dass wir uns der Träume erinnern. Der längst vergessenen aus Kindertagen, als es so einfach gewesen ist, in der Vorfreude auf Weihnachten einen Abglanz des Himmels zu spüren, als der Schutzengel auf dem morgendlichen Weg zur Schule wie selbstverständlich an der Seite war. An die Träume aus den Jugendtagen, in denen die Zukunft wie Neuland offen da lag und der Glaube groß war, dass die Welt besser werden könnte, wenn man sich dafür stark macht.

Die Botschaft der Träume

Träume sind Botschaften aus der Tiefe unserer Seele. Sie können uns stärken, uns nicht ohne Widerstand mit den herrschenden Verhältnissen abzufinden. Frieden und Miteinander, Vielfalt, Achtung und Respekt, Wertschätzung des Reichtums anderer Kulturen und Religionen, aber auch Zärtlichkeit, Freundschaft und Vertrauen sind die Leitworte dafür. Auch wenn es manchmal schwer fällt die Botschaften aus der Nachtseite unseres Seins zu verstehen und ihnen zu trauen: Durch sie atmen wir innerlich aus und schöpfen zugleich Atem für den Tag.

Der Engel erscheint Josef im Traum / Kreuzgang von Monreale um 1250 (© Foto: Prof. Heinz Ellersdorfer)
Der Engel erscheint Josef im Traum / Kreuzgang von Monreale um 1250 (© Foto: Prof. Heinz Ellersdorfer)

Josef, der Träumer

Unter diesem Vorzeichen fällt der Blick nun ein letztes Mal auf die „adventliche Bühne“. Der Scheinwerfer richtet sich auf eine weitere Hauptperson: Auf Josef, den Bauhandwerker aus Nazareth, den Mann an der Seite Marias. Von seinen Träumen weiß der Evangelist Matthäus zu erzählen. Josef, der uns aus der Bibel so leise entgegenkommt, ihm begegnet an den wichtigen Schnittstellen seines Lebens ein Engel im Traum. So wird deutlich, dass die Träume, an die uns der Advent erinnert, unversehens zur Sprache Gottes werden können.

Josef, der "Traummann"

Maria ist schwanger. Wie soll Josef mit dieser Nachricht umgehen? Er befand sich in einem starken inneren Konflikt, einer Krise. So stellt es Matthäus im Evangelium vom vierten Adventssonntag dar. Im damaligen Palästina erfolgte die Verheiratung in zwei Schritten. Mit dem ersten, der Verlobung, galt eine Frau rechtlich als Ehefrau. Sie blieb jedoch noch ein Jahr im Elternhaus.
Josef hätte Maria in ihrem Zustand fallen lassen können, das wäre durchaus rechtens gewesen. Aber was dann? Im Traum eröffnete sich ihm ein dritter Weg aus seinem Zwiespalt: Er nahm sie zu sich, heißt es lapidar. So wurde er zum „Traummann“ für Maria und das werdende Leben. Nicht auszudenken für die Heilsgeschichte, wäre Josef in diesem Fall ein blinder Erfüller des Buchstabens des Gesetzes geworden.

Kein Wort ist von Josef überliefert, sondern allein was er tut. Sein Handeln entspringt den Träumen. Träumen und Handeln bringen Leben voran.
Der leisen Stimme Gottes in den Träumen der Nächte des Advents Raum geben und sich nicht mit den herrschenden Verhältnissen abfinden … was da wohl alles auf den Weg käme?

 

E-MAIL AN DIE AUTORIN