Alles beginnt mit der Sehnsucht

Ein spiritueller Impuls von Seelsorgeamtsdirektorin Anna Hennersperger für den 2. Advent

“Aus guten und stärkenden Erfahrungen speist sich der Überschuss an Hoffnung, den Menschen brauchen, damit sich der Blick heben kann von der Erde zum Himmel und über die kleinen Horizonte des Alltags hinaus“, schreibt Seelsorgeamtsdirektorin Anna Hennersperger in ihrem geistlichen Impuls zum 2. Advent. (© Foto: KH Kronawetter / Internetredaktion)
“Aus guten und stärkenden Erfahrungen speist sich der Überschuss an Hoffnung, den Menschen brauchen, damit sich der Blick heben kann von der Erde zum Himmel und über die kleinen Horizonte des Alltags hinaus“, schreibt Seelsorgeamtsdirektorin Anna Hennersperger in ihrem geistlichen Impuls zum 2. Advent. (© Foto: KH Kronawetter / Internetredaktion)

„Alles beginnt mit der Sehnsucht, immer ist im Herzen Raum für mehr, für Schöneres, für Größeres“. So die jüdische Dichterin Nelly Sachs. Die Sehnsucht, ach die Sehnsucht … Ein Wort, das es in sich hat. Es spricht ganz eigene Seiten in uns an, berührt das Herz.
Sehnen und Suchen, das gehört zu unserem Leben. Vom ersten Atemzug an sind uns Erfahrungen von Lieben und Geliebt werden lebensnotwendig. Danach sehnen und wir uns, daraus leben wir. Und immer suchen wir auch nach Anerkennung und Wertschätzung, und schenken solche und nach guten Herausforderungen und Sinn, nach einem tragenden Grund für unser Leben.
Aus guten und stärkenden Erfahrungen speist sich der Überschuss an Hoffnung, den Menschen brauchen, damit sich der Blick heben kann von der Erde zum Himmel und über die kleinen Horizonte des Alltags hinaus.

Über die kleinen Horizonte des Alltags hinaus blicken (© Foto: KH Kronawetter / Internetredaktion)
Über die kleinen Horizonte des Alltags hinaus blicken (© Foto: KH Kronawetter / Internetredaktion)

Gott suchen - und finden

„Gott, du mein Gott, dich suche ich. Meine Seele dürstet nach dir. Nach dir schmachtet mein Leib, wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser.“ So betet der Psalmist im Psalm 63. Es ist das innige Gebet eines Menschen, der Gott von ganzem Herzen sucht. Ein adventlicher Psalm also. Denn die Tage des Advents möchten die Sehnsucht in uns wach küssen und sie mobilisieren. Damit wir nicht vergessen, dass uns das Sehnen und Suchen zuinnerst ist. Was suche ich, was suchen wir in diesen Tagen auf Weihnachten zu?
Und lässt Gott sich finden? Verbirgt und entzieht er sich nicht allzu oft genau dann, wenn seine Nähe einem bitter nötig wäre?
Ist er in Wahrheit doch ein ferner Gott, der sich jeglicher menschlichen Vorstellung entzieht und unser Begreifen weit übersteigt? Ein unfassbarer Gott, ganz anders als je sich ein Mensch ein Bild von ihm gemacht hat? Das ist er wohl auch und es ist gut, dass für alle Vorstellungen gilt, die wir uns von Gott machen, dass das Nichtwissen stets größer ist als das Wissen und Ahnen.

Heilsame Unruhe

Das Ahnen jedoch, das in heilsame Unruhe versetzt, das ist die Spur Gottes, die er selbst in unser Herz eingepflanzt hat. Eine Gotteswunde, die uns dafür offen hält, dass die Welt nicht so bleiben darf, wie sie ist. So, wie an vielen Orten und vielen Ländern 2016. Dort, wo schreiende Ungerechtigkeit herrscht, wo Menschen schutzlos der Willkür anderer ausgeliefert sind, wo Habgier, Lüge und Korruption den Ton angeben. Uns für Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden und die Wahrheit stark zu machen, im Kleinen wie im Großen, dafür ist uns die Sehnsucht ins Herz geschrieben. Gott lässt sich finden, weil er uns selber voller Sehnsucht nach uns Menschen entgegenkommt. Der Advent ist der Weg der großen Sehnsucht, an dessen Ende und Ziel wir ein hilfloses Kind finden.
Alles beginnt mit der Sehnsucht.

 

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