Pfarre

Villach-St. Jakob

Geistlicher Adventskalender am 01. Dezember 2020

von Stadthauptpfarrer Dr. Richard Pirker

Heute ist der Gedenktag des hl. Charles des Foucauld (1858-1916), einem aus alten französischem Adel stammenden Offizier, der als Lebemensch nach einer Lebenskrise eine besondere Bekehrung erlebt hat – angeregt durch den starken Glauben der Muslime in Marokko – und als Christ und Freund Jesu ein Ziel verfolgt hat: dem armen Jesus, dem Gott aus Nazareth, nachzufolgen. Nach einem Aufenthalt in Nazareth will er dem Herrn in der »Verborgenheit« eines armen Lebens folgen, zuerst als Zisterzienser, dann als Trappist, schließlich als niedrigster Bruder bei Klarissen in Nazareth. Dann folgt er der Berufung zum Priester, um noch besser Jesus unter die Menschen tragen zu können. Seine eigentliche Berufung findet Bruder Karl als Einsiedler und Mönch-Missionar in der Südsahara, wo er schließlich ermordet wird, obwohl er der »universale Bruder« sein wollte. Damit erfüllt sich sein Wunsch: »Am Abend von seinem Leiden beim letzten Mahle hat Jesus gesagt, es gebe keine größere Liebe als die, für den sein Leben hinzugeben, den man liebt. Ich bin dieses Opfers nicht würdig, aber ich sehne mich danach.« In seinem Geiste entstanden Gemeinschaften, die heute als »Geistliche Familie Charles de Foucauld« verbunden sind. Nach seinem Tod in der Wüste Algeriens, wo er in Einsamkeit wie ein Licht im Wind gelebt hat, hat sich eine Gemeinschaft gebildet, die nach seinen Empfehlungen lebt: Die kleinen Brüder und Schwestern des hl. Charles de Foucauld. Er rät uns: „Öffne dein Herz weit, um zu empfangen, was Gott gibt.“

In der Stadtpfarrkirche St. Jakob haben wir eine monumentale Darstellung von dieser Textstelle in Stein gemeißelt, unsere Kanzel, der Ort der Verkündigung des Wortes Gottes, der für Jesus Christus steht.
In der Stadtpfarrkirche St. Jakob haben wir eine monumentale Darstellung von dieser Textstelle in Stein gemeißelt, unsere Kanzel, der Ort der Verkündigung des Wortes Gottes, der für Jesus Christus steht.

Ein Gebet von Anton Rotzetter, einem Schweizer Kapuzinerpater und geistlichen Schriftsteller:

HERR, öffne meine Lippen

Damit mein Mund dein Lob verkünde und gute Worte finde.

HERR, öffne meine Augen

Damit ich Deine Herrlichkeit bestaune und die Not der Menschen sehe.

HERR, öffne meine Ohren

Damit ich Dein Wort vernehme und den Schrei der Armen höre.

HERR, öffne meine Nase

Damit ich Dienen Wohlgeruch wahrnehme und den Duft aller dinge empfange.

HERR, öffne mein ganzes Gesicht

Damit ich Dir zugewandt lebe und allen offen begegne.

HERR, öffne mein Herz

Damit ich Raum habe für Dich und gute Gefühle für alle Menschen.

HERR, öffne meine Hände

Damit ich die Fülle des Lebens fasse und reich bin im Geben.

Lesung aus dem Buch Jesaja

Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht. Der Geist des Herrn lässt sich nieder auf ihm: der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht. Er erfüllt ihn mit dem Geist der Gottesfurcht. Er richtet nicht nach dem Augenschein, und nicht nur nach dem Hörensagen entscheidet er, sondern er richtet die Hilflosen gerecht und entscheidet für die Armen des Landes, wie es recht ist. Er schlägt den Gewalttätigen mit dem Stock seines Wortes und tötet den Schuldigen mit dem Hauch seines Mundes. Gerechtigkeit ist der Gürtel um seine Hüften, Treue der Gürtel um seinen Leib. Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten. Kuh und Bärin freunden sich an, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind. Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange. Man tut nichts Böses mehr und begeht kein Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg; denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn, so wie das Meer mit Wasser gefüllt ist. An jenem Tag wird es der Spross aus der Wurzel Isais sein, der dasteht als Zeichen für die Nationen; die Völker suchen ihn auf; sein Wohnsitz ist prächtig.

Gebet

GOTT, du mein Schöpfer, bei Dir finde ich inneren Frieden und Geborgenheit. Ich komme mit allem, was ich auf dem Herzen habe. Bei dir muss ich mich nicht besser und größer, aber auch nicht schlechter und kleiner machen, als ich wirklich bin. Du nimmst mich mit all dem an, was zu mir gehört, was ich mit mir herumschleppe und was ich vor mir herschiebe. Dafür danke ich dir von ganzem Herzen, dir meinem Gott. Amen. (Paul Weismantel)

Aus einem Interview des Sonntags mit einem bekannten kleinen Bruder, P. Andreas Knapp, einem geistlichen Schriftsteller und Begleiter, der seine kirchliche Karriere aufgab, um im Geist des hl. Charles de Foucauld ein neues Leben zu beginnen und derzeit in einem Plattenbau in Leipzig lebt.

Sie sind Priester, waren Regens eines Priesterseminars und sind dann „Kleiner Bruder des Evangeliums“ geworden. Warum? Br. Andreas Knapp: Schon während meines Studiums bin ich mit der Spiritualität von Charles de Foucauld in Berührung gekommen. Ich war davon fasziniert, wie Charles versucht hat, Jesus in großer Einfachheit und Armut nachzufolgen. Ihm war wichtig, mit Menschen solidarisch zu leben, die an den Rand gedrängt, vergessen oder verachtet werden. Als Priester der Erzdiözese Freiburg habe ich sehr gerne mit jungen Leuten gearbeitet und auch mit Freude Gottesdienst gefeiert. Doch ich spürte, dass mir noch etwas fehlt, nämlich die Nähe zu den „kleinen Leuten“ und ein einfacher, solidarischer Lebensstil.

Wenn Sie sich selbst charakterisieren müssten? Br. Andreas: Ich bin ein neugieriger Mensch, der gerne etwas Neues ausprobiert. Als ältester von sechs Geschwistern habe ich früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Ich bin gesellig und versuche, gute Freundschaften zu pflegen. Ich lasse mich leicht dazu verführen, zu viel zu arbeiten und weiß, dass mein Ehrgeiz mir zur Falle werden kann.

Was war schwer auf diesem Weg? Br. Andreas: Mein Bischof gab im Jahr 2000 seine Zustimmung, dass ich nach meiner Aufgabe als Regens des Priesterseminars eine Probezeit bei den Kleinen Brüdern beginnen darf. Ich zog nach Paris und arbeitete dort als Putzkraft. Das war eine schwere Zeit, denn ich spürte, wie sehr ich von der öffentlichen Anerkennung abhängig geworden war. Für eine Putzkraft interessiert sich niemand. Ich musste lernen, mehr aus den Quellen zu leben, über die ich vorher gepredigt hatte: Dass es genügt, in den Augen Gottes wertvoll zu sein. Dass die Nähe zu Gott im Gebet das Herz füllen kann. Ich bin heute sehr froh, dass ich durch diese „Entziehungskur“ freier geworden bin vom Wunsch, mir meinen Wert durch Leistung oder Ansehen zu verdienen. Damals habe ich auch das brüderliche Zusammenleben in einer Gemeinschaft, die mich sehr gestützt hat, schätzen gelernt.

Haben Sie an der Entscheidung auch gezweifelt? Br. Andreas: Es gab Zeiten, in denen ich mich fragte, ob ich nicht besser wieder zu meinen alten Aufgaben zurückkehre. Jeder Weg in die Freiheit führt auch durch die Wüste. So wie das Volk Israel in der Wüste in Versuchung gerät, zu den Fleischtöpfen Ägyptens zurückzukehren. Doch im Gebet und in der Stille konnte ich trotz aller Zweifel ahnen, dass mein Weg richtig ist.

Sie verdienen den Lebensunterhalt mit einfacher Arbeit. Was lernen Sie daraus? Br. Andreas: Zum einen gehört es zu unseren Ordensregeln, unseren Lebensunterhalt mit der eigenen Hände Arbeit zu verdienen. Das lehrt mich den Respekt vor all den vielen Menschen, die ihr tägliches Brot durch harte Arbeit erwerben müssen. Ich habe auch erfahren dürfen, dass viele Leute, die einer einfachen Arbeit nachgehen, untereinander sehr hilfsbereit sind.

Sie haben sich auch ganz wörtlich der Wüste ausgesetzt. Was haben Sie dabei erfahren? Br. Andreas: Charles de Foucauld hat viele Jahre in der Sahara verbracht, als Einsiedler und „Mönch“. Zugleich suchte er die Freundschaft und Nähe von Menschen, die von anderen verachtet wurden. Dabei waren ihm aber auch lange Zeiten des Gebetes und der Stille wichtig. Bei meinen Aufenthalten in der Wüste habe ich vor allem diesen Aspekt gesucht: Ich wollte in die Stille gehen, um mich von den vielen Stimmen zu lösen, die mich innerlich antreiben und etwas von mir wollen. Ich suchte das einfache Dasein in der Nähe Gottes, der mich annimmt vor aller Leistung und trotz aller Schuld. Ich fand die Schönheit einer großartigen Landschaft, den Charme eines einfachen Lebens bei „Wasser und Brot“ und eine Stille, in der ich Gottes großzügige Liebe spüren konnte.

Jetzt leben Sie mit Ihren Mitbrüdern in einem Plattenbau in Leipzig. Br. Andreas: Ich bin sehr dankbar, meinen Alltag mit drei Mitbrüdern teilen zu können, die ein ähnliches Leben führen wollen wie ich. Wir verstehen uns als eine betende Gemeinschaft und der wichtigste Raum in unserer Wohnung ist unsere Kapelle. Jeder von uns geht einer Arbeit nach, sei es in einer Behinderteneinrichtung, im Gefängnis oder im Krankenhaus. So fließen viele Erfahrungen in unseren Austausch und in unser Gebet mit ein. Wir leben in Gütergemeinschaft und bemühen uns, einen einfachen Lebensstil zu pflegen, ohne Auto oder Fernseher.

Warum tun Sie das? Br. Andreas: Wir wollen durch unseren Lebensstil etwas vom Evangelium verwirklichen, was uns sehr angesprochen hat, nämlich: mit Menschen am Rand solidarisch leben. Es ist unsere Weise, Jesus nachzufolgen und gerade im Kontakt mit einfachen Menschen die Nähe Jesu zu spüren, der ja als einfacher Handwerker in Nazaret gelebt hat.

Wie sieht ihr Tagesrhythmus jetzt aus? Br. Andreas: Da wir Brüder sehr unterschiedlichen Tätigkeiten, auch mit Schichtarbeit, nachgehen, ist es nicht so einfach, gemeinsame Zeiten etwa für das Gebet zu finden. Wir versuchen, den Tag mit einem gemeinsamen Morgengebet zu beginnen. Wer Zeit hat, bleibt auch länger in der Kapelle, denn zu unseren Regeln gehört es, jeden Tag eine Stunde der Anbetung und dem stillen Gebet zu widmen. Nach unseren Diensten im Gefängnis oder im Krankenhaus treffen wir uns am Abend zum Abendgebet, zur Eucharistie, zum Essen. Oft ist jemand von uns dann noch unterwegs, etwa zu einer Veranstaltung in einer Pfarrei, zu einem Besuch, zu einem Konzert. An Wochenenden können wir uns mehr Zeit für gemeinsame Unternehmen oder für das Gebet nehmen. Dazu dient auch unsere Einsiedelei, eine Hütte im Wald, wo jeder von uns sich einmal im Monat zu einem stillen Wochenende zurückzieht.

Wie beten Sie? Br. Andreas: Wir pflegen das Stundengebet der Kirche und beten gerne mit den Psalmen. Sehr wichtig sind uns auch Gesänge, etwa die aus Taizé, die uns durch ihre Einfachheit helfen, in die Stille zu kommen. Mir persönlich ist es wichtig, in der täglichen stillen Zeit mich von den Gedanken und Sorgen zu lösen und einfach vor Gott dazusein. Dabei hilft mir, auf den Atem zu achten und das Jesus-Gebet zu pflegen, die Wiederholung des Namens Jesu im Atemrhythmus.

Sie verdichten Ihre Erfahrungen in knappen Texten. Was bedeutet Ihnen das Schreiben? Br. Andreas: Seit meiner Jugendzeit lese ich gerne Gedichte, weil sich in ihnen wichtige Erfahrungen verdichten. Später habe ich selbst versucht, Erlebnisse und Gedanken in Gedichtform auszudrücken. Zum einen hilft mir das, um etwas, das mir zu Herzen geht, auf den Punkt zu bringen. Zum anderen versuche ich durch Gedichte, anderen an dem Anteil zu geben, was mir etwas bedeutet.

Viele sind sehr besorgt über die Zukunft. Berühren Sie die politischen Entwicklungen? Br. Andreas: Ich habe mich immer für Politik interessiert. Durch den Lebensstil meiner Gemeinschaft bin ich vor allem mit Menschen in Berührung, die zu den Schwächeren unserer Gesellschaft gehören. In den letzten Jahren haben mich meine Kontakte zu Familien in unserer Nachbarschaft, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, auf die Not der Flüchtlinge aufmerksam gemacht. Ich lerne viel von diesen Menschen, die nach großen Verlusten sich wieder etwas Neues aufbauen wollen und aus dieser Hoffnung leben. Die aus dem Orient vertriebenen Christen sind für mich zu Zeugen eines starken Glaubens geworden, denn sie haben alles verloren, um ihrem Glauben treu zu bleiben. Und sie bringen eine große Offenheit und Gastfreundschaft in ein Umfeld, das von Ängsten und Verschlossenheit geprägt ist.

Was dürfen wir in dieser Zeit erwarten? Br. Andreas: Der Prophet Hosea lässt Gott zu seinem Volk sprechen: „Ich habe dich in die Wüste geführt, um dir zu Herzen zu sprechen.“ Ich möchte zu einer inneren Reise einladen. Denn die verschiedenen Aspekte der Wüste lassen sich auch in unserem Alltag wiederfinden. Auch dort begegnen wir der Schönheit, der Weite, der Stille oder der Einsamkeit. All diese menschlichen Grunderfahrungen können uns zu einer vertieften Begegnung mit Gott einladen. Wenn wir im Alltag ab und zu innehalten, dann erschließen sich uns die inneren Quellen.