Pfarre

Villach-St. Jakob

Eröffnungsgottesdienst “80. Villacher Kirchtag”

Predigt zur Nachlese

Ein Kirchtag, wie er nicht überall erlebt wird!

Rund 2000 Gläubige wollen zur Kirchtagseröffnung, und die „kleine“ Stadthauptpfarrkirche St. Jakob bietet nur Raum für 700: Das ist Villach beim Hochamt des 80. Villacher Kirchtags.

Zumindest wurde für eine hörbare Übertragung aus dem Gotteshaus gesorgt, damit die vielen hundert Gläubigen auch am Kirchenplatz Anteil nehmen können am Wort und am großartigen Klang des Chores der Stadthauptpfarre, die mit ihrem Gesang selbst die Intendantin des Carinthischen Sommers, Nadja Kajali, entzückten.

Die Assistenz war gut aufgestellt, Gerhard Gfreiner nahm seinen Dienst als Diakon der Kirchtagseröffnung mit Freude und Verantwortung wahr und Priesterseminarist Paul Biber wird mittlerweile von vielen als zum Villacher Kirchtag gehörig wieder erkannt.

Die beiden Trachtengruppen (Villacher Bürgerfrauen und Goldhaubenfrauen) waren als traditionaller Goldglanz links und rechts im Presbyterium. Die Bauerngman, der Villacher Traditionsträger, gekleidet mit den schönen Gailtaler Trachten bildete links und rechts des Altares - mit Laderbuschen und Standarte - Spalier. Neben den vielen Gruppierungen war auch der St. Stanislaus Orden zu Gast.

Eine Messe, die vielen Mitfeiernden Kraft und Hoffnung vermittelte, in einer lebensbejahenden Stadt, die zum Verweilen einlädt, wie es Stadthauptpfarrer Pirker in seiner Einleitung festhielt.

Chor und Orchester unter der Leitung von Klaus Waltritsch, unserem Villacher Jakobskantor, sangen und musizierten die kleine Orgelsolomesse in C von W. A. Mozart als wären sie ein professioneller Kammerchor mit Orchester. Am Ende des Gottesdienstes, nachdem eine Fuge in C für Orgel von J. S. Bach von Melissa Dermastia mit Bravour gespielt wurde, bedankte sich Bürgermeister Albel für das tolle Hochamt und lud zu Kirchtagssuppe und zum Bieranstich auf den Rathausplatz.

Die Predigt zur Nachlese:

Liebe Christinnen und Christen zu Hause an den Radio- und Fernsehgeräten und Sie alle, die sie hierher gekommen sind, in unsere Bellezza!

Der Villacher Kirchtag ist so etwas wie das Hochamt der Kärntner Lebensfreude – mit Tracht - ich grüße herzlich die Bauerngman, stellvertretend für alle Trachtenträgerinnen und -träger in diesem Raum - , unsere herrliche Musik der Stadthauptpfarre mit unserem Villacher Jakobskantor, Sie alle, die sich schon auf eine Kirchtagssuppe, auf Reindling und ein gutes Villacher Bier vom Malle Rudi freuen. Wir sind alle hier versammelt, um miteinander den Beginn des Kirchtags zu setzen.

... von Jesus lernen können: Eine echte zünftige Gaude, also Lebensfreude in Gemeinschaft braucht zuerst ein Innehalten, also ein Stillwerden, damit wir Gott inmitten des Alltagslärms nicht überhören

Wir wissen, dass wir von Jesus lernen können: Eine echte zünftige Gaude, also Lebensfreude in Gemeinschaft braucht zuerst ein Innehalten, also ein Stillwerden, damit wir Gott inmitten des Alltagslärms nicht überhören. Die große Theresa von Avila meinte: Tu Deinem Leib etwas Gutes, damit Deine Seele Lust hat, darin zu wohnen. Und das gilt auch umgekehrt: Tu Deiner Seele etwas Gutes, dann wird sie sich in deiner spürbaren Erfahrung regen. Glaube setzt den Anfang: In Villach ist es der Jakobitag, den wir dann eine Woche lang feiern, also auf jeden Fall nichts Steriles, mit Begegnung oder einfach einem ordentlichen Maß an "Gspür für den anderen". Und dazu gehört zuallererst Gott, das große Geheimnis des Lebens. Der ganz Andere, der menschgeworden ist und uns das „Vater unser“ vorgebetet und den Heiligen Geist zugesprochen hat.

Ich nehme Sie heute zu einer solchen Begegung ("una riunione", "srecanje") mit. Was wäre, wenn die drei Gestalten, von denen wir heute gehört haben, Abraham, Paulus und der Herr selbst uns aus der Ewigkeit zugeschaltet werden würden und uns hier in Villach kommentierten. Was würden diese drei wohl sagen? Hören wir einmal hinein:

Abraham in einem bambergisch-bairischen Akzent: „Ja, Himmel, Herrgott, schön sind die Leut' mit ihren Trachten zum Villacher Kirchtag, mich selbst haben sogar einmal drei Engel besucht, und zum Glück war ich recht gastfreundlich, es war ein Vorausbild für die Dreifaltigkeit Gottes selbst. Gibt’s da wohl auch a ordentliche Brotzeit, so wie der Herr selbst uns eingeladen hat, um’s tägliche Brot zu bitten?

Darauf ich, Don Ricardo: Also, ehrwürdiger Patriarch und Stammvater aller Glaubenden, da kann ich dich beruhigen. Unsere Kirchtagssuppe ist wirklich was für einen Kraflakel, wie unseren heiligen Jakobus, der jetzt über dem Hauptplatz wacht und uns hinweist, den Weg in die Kirche zu finden. Und unsere Gailtaler Tracht lädt ein zum Kirchtagstanz wie sonst keine.

Abraham: Kirchtag is Kirchtag mit Lust am Leben. Aber stimmt es, was der Befreiungstheologe Clodovis Boff von Europa sagte, dass es Euch an Hoffnung fehlt, wo sind die 10 Gerechten, mit denen ich Sodom retten konnte?

Darauf ich: Don Ricardo: Der Bischofssekretär namens Paolo Santonino, beschrieb vor mehr als 500 Jahren, wie fromm und gläubig die Villacher sind. Selbst ein Papst Johannes XXIII. war mit den Unglückspropheten nicht per Du. In Villach, wo drei Sprachgruppen zusammen kommen, hier leben wir Begegnung, mit Musik und vielen Sprachen und wollen die Lust am Geheimnis Gottes nicht verlieren. Und wir müssen immer neu lernen, Konflikten und Kränkungen das Gift zu entziehen, mit der größten Aufgabe, die ein Mensch kann: ehrlich vergeben lernen, wie wir im Evangelium gehört haben. Aber auch heute: Wenn ich da an den Installateur Andi denke, der ehebaldigst kommt und nach der Behebung der Misere nicht einmal ein Trinkgeld annimmt mit der Begründung: „Herr Pfarrer: Meiner Familie und mir geht’s gut, geben‘s das irgendeinem Armen, der es dringender braucht.“ Da hat nicht einmal unser Finanzamt ein Problem mit der Nachsteuer, weil es ohnehin kein Trinkgeld gibt.

Der Apostel Paulus wurde unrund und meinte mit Wiener Akzent: Aber die Bildung fehlt, wo ist der edle Humanismus geblieben, der meine Briefe verstehen lernt? Wir lasen noch zur Torá Sokrates, der bittet: "Verleih mir, schön zu werden im Innern. Nicht das Gold des Reichen möge mir Maßstab sein, sondern die Weisheit des Herzens und des Geistes." Gibt es noch Menschen in Villach, die sich der Bildung hingeben und ihr Herz vor Gott ausschütten?

Don Ricardo: Großer Apostelfürst, meinte ich, also solche Geist-Entleerten sind wir auch wieder nicht, auch wenn manche Christen „spiritus“, also Geist, mit Spiritus gleichsetzen. Immerhin wurde Paul Watzlawick in dieser Kirche getauft und konnte als geborener Villacher der Welt erklären, dass man nicht nicht kommunizieren kann. Und unser Herr Bürgermeister liest sogar Bücher über Amerikanische Fundamentalisten und christliche Fanatiker.

Allerhand, meinte Paulus.

Ich weiter: Zum Glück sind wir da überzeugte Europäer und halten es unserer Stadtpfarrkirche lieber mit Offenheit und Transparenz. Zwei Volksschüler gehen auf dem Weg zur Schule immer in die Kirche und grüßen Jesus Christus, Deinen Meister, dass ich manchmal den Eindruck habe, unsere schöne Bellezza, die Stadtpfarrkirche freut sich so wie bei der letzten großen Aufführung des Carinthischen Sommers, der Marienvesper von Claudio Monteverdi, da haben die Töne noch tagelang im Dachstuhl nachgeklungen. „Bewegt“, das sind wir in Villach eigentlich immer. Manchmal – bei Schicksalsschlägen sind wir betrübt, bei Musik und Sport kommen wir Schwung, aber beim Kirchtag leben wir senza confini, da geht die Post ab.

Paulus: Doch das Gespräch mit dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn, wo sind die Gebete, die auf Erfüllung harren?

Lieber Paulus, meinte Jesus Christus, der Herr selbst, Du hast keine Ahnung, wie oft Don Ricardo bittet und ständig bettelt: Ich habe ihm ohnehin seine letzten Bitten erfüllt: Dass die Menschen nach ihren Schicksalsschlägen wieder den „langen Atem der Leidenschaft“ (E. Jüngel) zurückgewinnen. Einige Großherzige konnte ich fürs Spenden für seine Jakobusstatue animieren und ein paar werde ich noch anstoßen. Bei seiner letzten Bitte musste ich schmunzeln und zweimal hinhören: Er bat mich wirklich: Lass den Bürgermeister, wenn er mit dem Rad unterwegs ist, einen Radhelm tragen.

Don Ricardo: Und welch einen aerodynamischen Radhelm unser Herr Bürgermeister sein Eigen nennt. Zu seiner eleganten Kleidung, geradezu maßgeschneidert. Mit bleibt nur ein herzliches Vergelt’s Gott.

Jesus Christus meinte: Aber das Beten hat eine Voraussetzung, die auch ein Volksfest wie der Villacher Kirchtag braucht: Beten meint nicht zuerst Nicht-Reden, sondern so still werden, dass das Hören möglich wird, wie es Sören Kierkegaard meinte: Ein Eingestimmtsein, bis du selbst Gott hörst. Also Warten, das braucht ihr auch und gerade bei so einem Fest. Und das Bitt-Gebet stellt euch hinein in das Vertrauen in den je größeren und barmherzigeren Gott, den wir eben Vater, Abba, nennen.

Giuseppe Ungaretti braucht nur zwei Worte, um das zu auszudrücken: „M’illumino /d’immenso”: Ich erleuchte mich durch Unermessliches.“ (übrigens von der Kärntnerin Ingeborg Bachmann übersetzt). Wenn Gottes Geist uns durchleuchtet, werden wir an seiner grenzenlosen Liebe teilhaftig. Die Geste des Schenkens verändert alles, das Hergebenlernen auch Deiner Bitten, sie verändert die Welt und macht sie erst zu meiner Wohnstatt.

Da kann ich nur noch beten: Herr, du weißt alles und kennst auch unsere Herzen, wenn Dein Geist in uns lebt und uns antreibt, dann spüren wir, dass „Gott in uns ist und wir in Gott“ (Fr. Weinreb). Dann führt Dein Vertrauen unsere Herzen und macht sie weit. Auch wenn wir jetzt noch unter dem Schatten des Kreuzes leben, lass uns mit Deiner Gnade dir nachfolgen. Wir bitten um Deinen Segen für ein gutes, gedeihliches Miteinander, schenke uns, dass wir das Bitten und Danken nicht verlieren, dass wir - wie echte Pilger zueineinander aufbrechen und unsere kleine Welt teilen - und plötzlich bist Du, Gott, - wie es Albert Schweitzer meinte - der Lebensraum, der Leben ermöglicht, inmitten von Leben, das Leben will.

Schönen Kirchtag uns allen, die Freude am Herrn sei unsere Stärke. Amen.

Im ORF III nachzusehen unter

https://on.orf.at/video/14285410/katholischer-gottesdienst-aus-villach