Pfarre

Pörtschach am Ulrichsberg

Wort des Pfarrers

Liebe Pfarrgemeinde!

Franjo Vidovic (© Foto: Maringer)
Franjo Vidovic (© Foto: Maringer)

Die nächsten Wochen sind eine dichte Zeit. Beruflich, gesellschaftlich, wirtschaftlich und liturgisch. Mit dem ersten Adventsonntag beginnt nicht nur das Warten auf Weihnachten, sondern auch eine Vielzahl an vorweihnachtlichen Terminen.

Nicht alle haben direkt mit Weihnachten zu tun, bei manchen merken wir den Zusammenhang erst bei genauerem Hinsehen.

Ein solches Beispiel sind die Nikolausfeiern am 6. Dezember. Schon der Vorabend ist eine ambivalente Angelegenheit: Gingen früher Krampus und Nikolaus noch gemeinsam von Haus zu Haus, so hat der Krampus längst ein weltliches Eigenleben entwickelt und ist von Perchten und Halloween-Masken kaum mehr zu unterscheiden. So pädagogisch richtig das sein mag, bleibt die theologische Botschaft ein wenig auf der Strecke. Ging es früher darum, den bösen Krampus letztlich dem Heiligen Nikolaus zu unterstellen, der diesen auf alten Bildern oft an eine Kette mit sich führt, so haben die beiden heute schlicht nichts mehr miteinander zu tun, sie sind jeder in ihrer eigenen „Bubble“ unterwegs.

Die (Vor)Weihnachtszeit als große gemeinsame Erzählung, in der sich alle wiederfinden, ist schon lange keine genuin religiöse Erzählung mehr, sondern eine Ansammlung von kommerziellen Figuren in Glitzergewändern und Zipfelmützen, viel Alkohol und der Beschwörung eines Gefühls von Familie. Auch christliche Feiern können sich dem nicht ganz entziehen, sodass zwischen Adventsingen, Nikolofeier und Christmette oft wenig Zeit für das Nachdenken über die Menschwerdung Gottes bleibt.

Paradoxerweise beginnen die Reflexionen über das Menschsein in all seiner Erlösungsbedürftigkeit heute erst nach Weihnachten, mit den ersten Nachrichten über häusliche Gewalt unter dem Christbaum und endgültig nach dem 1. Jänner, wenn sich die Neujahrsvorsätze als unhaltbar herausstellen, wenn die eigene Unvollkommenheit genauso mit ins nächste Jahr gekommen ist wie der Ärger über die gar nicht so lieben Mitmenschen.

Es macht also auch heute Sinn, dass Gott zu Weihnachten Mensch wird, wenn die Party schon wieder fast vorbei ist. In der Adventzeit, wo alles glitzert und Musik in Dauerschleife läuft, wo alles auf Hochglanz poliert ist, fühlen sich ohnehin viele wie Götter in einem strahlenden Himmel.

Aber danach, wenn wieder 364 Tage Menschsein in all seiner Erbärmlichkeit angesagt ist, dann kann es tröstlich sein, Gott in der Nähe zu wissen.

Gott wird nicht Mensch, damit die Menschen vier Wochen feiern, sondern damit sie eine Perspektive auf Erlösung haben, wenn ihnen gar nicht zum Feiern zumute ist. Weihnachten im christlichen Sinn ist nicht das Glitzerpapier und die Lichterkette, sondern das Versprechen, auch in die kalten, leeren Straßen, wo sich der Müll der Adventmärkte stapelt, in die erschöpften Familien und Altenheime, in die leeren Kirchen nach der Christmette das Licht der Hoffnung zu bringen.

Lassen Sie dieses Licht brennen, durch alle Dunkelheiten des Jahres.

Ihr Pfarrer

Dr. Franjo Vidovic