Wort des Pfarrers
Liebe Pfarrgemeinde!

Die Zeit vor Ostern. Aschermittwoch und Ostern sind nicht einfach Anfangs- und Endpunkt einer Zeitspanne.
Sie sind aufeinander bezogen, der Aschermittwoch führt uns die Notwendigkeit von Ostern eindringlich vor Augen: „Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zum Staub zurückkehrst“, mit diesen Worten und dem Aschenkreuz auf der Stirn werden wir daran erinnert, warum wir Ostern brauchen. Ostern ist das ABER, das auf diesen eindringlichen Satz des Aschermittwochs folgt:
Du bist Staub und wirst wieder Staub werden.
ABER seit Ostern kannst du dir gewiss sein, dass du aus diesem Staub wieder auferstehen wirst in ein ewiges Leben hinein.
Der Aschermittwochsspruch stammt aus dem Buch Genesis, dem ersten Buch der Bibel und ist die Mahnung an Adam und Eva, als sie das Paradies verlassen müssen: Von heute an seid ihr vergänglich, ihr arbeitet, müht euch ab, und am Ende bleibt von euch ein Häufchen Staub übrig – so kann man diese Verse rund um Gen 3,19 lesen. Die Sündenfallsgeschichte ist eine sogenannte Ätiologie, eine Erzählung, die erklärt, warum etwas in der Welt so ist, wie es ist, hier eben, dass der Mensch sterblich ist.
Ostern ist die überraschende Fortsetzung dieser Geschichte mit überraschender Wendung: Das Ende im Staub ist doch nicht das Ende, es ist nicht mehr das Ende. Die Geschichte geht weiter. Und wie es sich für eine gute Geschichte gehört, hat sie einen Helden, der um der Rettung der Welt willen zu allem bereit ist, sogar zum qualvollen Tod. Gemeinschaft und Verrat, Hoffnung und Verzweiflung, Blut, Schweiß und Tränen, religiöse Fundamentalisten, korrupte Politiker, ein aufgehetzter Mob – die Geschehnisse vom Palmsonntag bis zum Ostersonntag sind ganz großes Kino.
Uns fehlt für diesen Spannungsbogen vom Aschermittwoch bis zum Ostersonntag ein wenig die Geduld.
Wir begnügen uns lieber mit dem beruhigenden, überschaubaren Vorabendprogramm:
Ein bisschen Fasten (und Winterspeck loswerden), Palmkatzerl schneiden, die Osterjause vorbereiten, sich merken, wo man die Osterhasen versteckt hat.
Asche, Kreuzestod und Auferstehung lassen uns schlecht schlafen. Die großen Tage der Fasten- und Osterzeit erinnern uns an die unbequemen Tatsachen unseres sonst recht bequemen Lebens:
Vergänglichkeit, Tod, Erlösungsbedürftigkeit.
Aschermittwoch, Karfreitag, Ostersonntag sind keine Feiertage für Zartbesaitete, keine leichte Unterhaltung mit Werbeblöcken. Es sind existenzielle Tage, in denen es nicht um „irgendwas Religiöses“ geht, sondern um uns. Um unser Leben, das seit Ostern nicht mehr im Staub des Aschermittwochs endet, sondern im Versprechen, dass auch von unserem Grab der Stein weggerollt werden wird und wir wieder leben werden, diesmal in Ewigkeit.
In diesem Sinne, gesegnete Fastenzeit und frohes Osterfest wünscht euch
Ihr Pfarrer
Dr. Franjo Vidovic