Organisation

Stift Gurk

Werner Hofmeister - Begegnung

Ein Stahlschnitt des Künstlers Werner Hofmeister für den Stiftshof in Gurk - beschrieben von Karl-Heinz Kronawetter

BEGEGNUNG - Stahlschnitt von Werner Hofmeister, 2018 (© Foto: KH Kronawetter / Internetredaktion)
BEGEGNUNG - Stahlschnitt von Werner Hofmeister, 2018 (© Foto: KH Kronawetter / Internetredaktion)

Der Künstler Werner Hofmeister wurde von der Diözese Gurk beauftragt, 2018 zum Gedächtnis an den Besuch von Papst Johannes Paul II. am 25. Juni 1988 und an die Heiligsprechung der Markgräfin Hemma am 5. Jänner 1938 für den Gurker Stiftshof ein Kunstwerk zu schaffen.

Im DU spiegelt sich das ICH und in der Begegnung erfahren WIR Gott. 

Zwei groß dimensionierte Metallfiguren stehen im Gurker Stiftshof eng aneinander gesetzt. Beim genauen Hinschauen kann man erkennen, dass sie oben an ihren Köpfen zusammen gewachsen sind. Auch der ellipsenförmige Strahlenkranz in der Mitte der Skulptur, der Freiraum schafft, ist Teil beider Figuren.

Unten und oben - Gegensätze ergänzen sich

Diese Metallarbeit des Künstlers Werner Hofmeister heißt BEGEGNUNG. Zwei stilisierte menschenartige Figuren - wir sehen zwei schlanke Körper, zwei Hälse und zwei Köpfe - stehen einträchtig und fest nebeneinander. Im runden Kopf sind kleine ausgeschnittene Rechtecke zu sehen, die auf ein stilisiertes Gesicht schließen lassen. Im anderen, dem quadratisch geformten Kopf, sind diese Elemente umgekehrt angeordnet, sodass dieses Gesicht mit den beiden Augen unter Nase und Mund nach oben hin ausgerichtet ist. Das Runde und das Eckig-Quadratische stehen hier mit geringem Abstand nebeneinander und sind dennoch miteinander fest verbunden. Der gewöhnliche Blick aus dem runden Gesicht zielt auf den Betrachter, auf den Stiftshof und den Dom und auf den Horizont in der Ferne. Der andere Blick im eckigen Antlitz öffnet das Geschehen himmelwärts nach oben. Der Künstler variiert hier Gegensätze, nicht um zu zeigen, dass sie einander ausschließen, sondern vielmehr, dass sie sich komplementär ergänzen können. Der Blick nach vorne und unten kann und soll durch den Blick nach oben und auf das Darüberhinaus ergänzt werden.

Begegnungs- und Wallfahrtsort Gurk

Wie zwei überdimensionale Rufzeichen steht diese Doppelskulptur neben dem Gurker Dom mit seinen beiden mächtigen Westtürmen. An einem attraktiven Ort, der über die Jahrhunderte unzählige Menschen angezogen hat. Gurk war und ist noch immer das Ziel vieler Wallfahrer und Wallfahrerinnen. Menschen machen sich auf den Weg zu einem heiligen Ort, zum Grab der heiligen Hemma, die hier seit Jahrhunderten verehrt wird und vor acht Jahrzehnten 1938 auch offiziell heilig gesprochen wurde.
Im Zeitalter der Digitalisierung wird oft von Schnittstellen gesprochen, also von Orten, an denen Systeme miteinander verbunden werden können. Dort wird Daten-Austausch und Kommunikation möglich, sofern man sich auf ein gemeinsames Protokoll verständigt hat. Wallfahrtsorte sind auch eine Art von Schnittstelle zwischen dem Irdischen und dem Transzendenten, zwischen Himmel und Erde. Die Menschen kommen dankbar und oft auch flehend, um die zuwendende Gnade Gottes für sich und ihre Anvertrauten zu erbitten. Wallfahrtsorte sind große Begegnungsstätten für Menschen, die aus allen Richtungen und Nationen kommen, um Gott im stillen Gebet und in der Liturgie zu verehren. Heute noch in guter Erinnerung ist die Begegnung mit Papst Johannes Paul II. im Rahmen des großen Hemma-Jubiläums 1988 in Gurk.

„Wo fängt der Himmel an?“

In Gesprächen mit dem Künstler wurde auch über mögliche Namen dieser neuen Doppelskultpur gesprochen. „Wo fängt der Himmel an?“, wäre ein passender Titel, der den Betrachter des Kunstwerkes hinein nimmt in das große Wechselspiel zwischen Himmel und Erde, das hier auf einfache Weise durch den Blickwechsel von oben nach unten und von unten nach oben ausgedrückt wird. „Du“ wäre auch ein Name, der den Betrachter des Werkes fokussiert, wenn er an diesem Wallfahrtsort von Gott und den Menschen angesprochen wird. Er könnte sich in den Freiraum des Strahlenkranzes hinein fühlen, ja auch hineinstellen, als begeisterter und strahlender, von Gott und der Freude am Evangelium erfüllter Mensch.

Der Betrachter im Strahlenkranz

Wenn sich Himmel und Erde berühren, passiert oft Großartiges. Wenn Menschen einander begegnen, können Resonanzen erstehen, die nicht immer vorhersehbar sind. Menschen, die Gott und der Schöpfung dienen, also beides im Blick haben, das Oben und das Unten, beginnen plötzlich auf ihre Umgebung hin auszustrahlen. Das gemeinsame Herz der beiden Zwillings-Figuren bildet ein immaterielles ellipsenförmiges Strahlenkranzsymbol. Es steht im Zentrum der Skulptur, zieht den Betrachter an und hält das Kunstwerk in einer dominanten Vertikale.

Werner Hofmeister und sein Werk BEGEGNUNG für den Stiftshof in Gurk (© Foto: KH Kronawetter / Internetredaktion)
Werner Hofmeister und sein Werk BEGEGNUNG für den Stiftshof in Gurk (© Foto: KH Kronawetter / Internetredaktion)

Den Himmel pflügen

Hofmeisters Doppelskulptur verbindet Gegensätzliches: Das Runde und und das Eckige, das Weibliche und das Männliche, das Unten und das Oben, die Erde und den Himmel. Einseitigkeiten lassen das Lebensgleichgewicht leicht kippen und in eine Schieflage geraten. Die unterschiedlichen Zwillingsfiguren im Gurker Stiftshof stützen sich gegenseitig und ergänzen sich komplementär. Bereits eine ältere Arbeit von Werner Hofmeister, der sog. „Himmelspflüger“, stellt das alltägliche Koordinatensystem auf den Kopf. Jesus appelliert in der Bergpredigt: „Sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören“. Ein „Himmelspflüger“ schafft wichtige Vorausetzungen, damit dies auch gelingen kann.